Kurt M.s Karriere ist geprägt von Abbrüchen: kein Schulabschluss, kein Lehrabschluss, Hilfsarbeiten und der Jobverlust, als bekannt wurde, dass bei ihm eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte. Einen Job hat er zwar wieder, aber auch jede Menge Schulden – wie hoch die genau sind, weiß M. nicht.
Der aus Vösendorf stammende Angeklagte scheint davon geprägt worden zu sein, dass er das gleiche Geburtsdatum wie Adolf Hitler, eben den 20. April, hat. Dass diese Tatsache in seiner Familie eine große Rolle spielte, wird von ihm im Laufe der Verhandlung mehrmals thematisiert. Er wurde „kleiner Dolferl“ genannt, was offenbar eher liebevoll gemeint war, er fand es sehr lustig.
Mit der Schule hat M. die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besucht, konnte aber nach eigener Aussage von diesem Besuch nichts mitnehmen. Es war halt ein Ausflug, und sie haben herumgeblödelt, das Ziel der Exkursion hat ihn nicht interessiert. Von der Zeit des Nationalsozialismus habe er keine Ahnung, das sei in der Schule nicht behandelt worden. Politisch sieht er sich als „neutral“, eigentlich desinteressiert. Das Verbostgesetz ist ihm allerdings bekannt, davon fühlt er sich aber nicht tangiert, da er „selber nie Hakenkreuze gemalt“ habe.
Zwischen 1985 und 2013 hat er beim Prozess am Wiener Neustädter Landesgericht eine nicht näher definierte Anzahl von Vorstrafen angesammelt, deren Tilgung für Juni 2026 angesetzt ist. Wofür er seine Strafen kassiert hat, war bei der Verhandlung kein Thema, erwähnt wird nur eine damals stattgefunden Hausdurchsuchung und eine frühere Alkoholsucht.
Viel Adolf vom Dolferl
Zwischen 2023 und 2024 hat er mehrere einschlägige Postings auf Facebook unter dem mittlerweile gelöschtem Account„Gfries Birchl“ und auf Telegram abgesetzt:
– ein Hitler-Bild mit dem Text: „Sensationell. Deutschland hat 2024 mehr Nazis als im Deutschen Reich“
– ein Foto seiner Terrasse mit Kronen Zeitung, Kaffeehäferl mit Hitler-Bild – ein Geburtstagsgeschenk seines inzwischen verstorbenen Bruders
– am 20.4.24 ein Eiernockerl-Foto und eine Zeichnung mit angedeutetem Hitler-Bart
– ein Video mit einer Hitler-Rede
Bei der Hausdurchsuchung soll sich M. extrem aggressiv gezeigt und die Beamten, beschimpft und bedroht haben.
Kopfschütteln über Freispruch
Die Verteidigungsstrategie, sich als unterbelichtet, unpolitisch und insgesamt desinteressiert darzustellen, dürfte bei den Geschworenen gut angekommen sein. Obwohl Richter Hans Barwitzius die Geschworenen vor der Urteilsfindung noch einer ungewöhnlich langen Belehrung unterzog, wurde der Angeklagte von allen Vorwürfen freigesprochen, was bei Barwitzius ein hilflos wirkendes Kopfschütteln auslöste. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, somit ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Danke für die Prozessbeobachtung!