Hitler-Häferl, Eiernockerl am 20.4. und eine schwere Körperverletzung

Das Lan­des­ge­richt Kor­neu­burg hat ein ganz spe­zi­el­les Pro­blem mit Neo­na­zis, die dort ange­klagt wer­den. Die betä­ti­gen sich ger­ne vor den Augen der Poli­zei wie­der – damit es dann vor Gericht kei­ne Zwei­fel gibt. Das war so im Okto­ber 2021 bei dem alko­ho­li­sier­ten Kor­neu­bur­ger, der die ein­schlä­gi­ge Gruß­for­mel samt Hand­be­we­gung aus­führ­te. Und jetzt bei Ger­hard S., der die Poli­zis­ten bei sei­ner Fest­nah­me mit dem Hit­ler-Kaf­fe­hä­ferl inklu­si­ve Foto begrüß­te. Bei der Ver­hand­lung am 18. April am Lan­des­ge­richt Kor­neu­burg ver­such­te er sich trotz­dem in einer nicht beson­ders ori­gi­nel­len Verteidigungsvariante.

Eigent­lich hät­te Ger­hard S. (44) aus Schwe­chat sei­nen Ter­min am Lan­des­ge­richt schon frü­her absol­vie­ren sol­len, aber da woll­te er nicht. Für den Rich­ter war er tele­fo­nisch uner­reich­bar. Eine unbe­stimm­te Erkran­kung hat ihm ein kom­plet­tes K.O. beschert. Sei­ne Spon­ta­n­er­kran­kung ließ er sich dann nach­träg­lich durch einen Arzt bestä­ti­gen. Tele­fo­nisch. Behaup­te­te er jetzt vor dem Rich­ter, der so sei­ne Zwei­fel hat­te und spä­ter dann, am 21. Febru­ar 23, die Poli­zei aus­rü­cken ließ, die S. dann mit der Hit­ler-Kaf­fee­tas­se begegnete.

Dem Hit­ler-Häferl folg­te die Fest­nah­me mit anschlie­ßen­der Unter­su­chungs­haft, die – spe­zi­el­le Ein­la­ge – durch eine vier­stün­di­ge Ersatz­haft­stra­fe unter­bro­chen wur­de. Also nicht Frei­set­zung, son­dern Fest­set­zung wäh­rend der Haft. Und wofür? S. war nicht nur ein eif­ri­ger Wie­der­be­tä­ti­ger, son­dern auch ein flei­ßi­ger Coro­na-Maß­nah­men­geg­ner. Weil er bei einer Demo in den stren­gen Lock­down-Zei­ten ohne Mas­ke erwischt wur­de, setz­te es eine Ver­wal­tungs­stra­fe, und weil er die­sem Staat kein Geld geben will, als Ersatz eben eine Ersatz­haft wäh­rend der U‑Haft.

Gerhard S. buchtabiert "NAZI": "Nicht an Zuwanderung interessiert" (Screenshot FB)

Ger­hard S. buch­t­a­biert „NAZI”: „Nicht an Zuwan­de­rung inter­es­siert” (Screen­shot FB)

Zu Beginn der Ver­hand­lung fragt der Vor­sit­zen­de Rich­ter zunächst ein­mal die Per­so­na­lia ab und dann auch, ob S. schon Vor­stra­fen habe. „Wahr­schein­lich schon, kei­ne Ahnung“, ver­such­te der es aus­wei­chend, wor­auf ihm der Rich­ter sei­ne sie­ben Vor­stra­fen vor­liest: schwe­rer Dieb­stahl, Ein­bruchs­dieb­stahl, eine Kör­per­ver­let­zung, ein ver­such­ter Dieb­stahl und eine Beding­te (18 Mona­te) nach dem Ver­bots­ge­setz (2004) sind dar­un­ter. Ein­mal hat er ver­sucht, eine Über­wa­chungs­ka­me­ra in einer BAWAG-Filia­le abzu­mon­tie­ren. Bei lau­fen­der Kamera ….

Die Ver­ur­tei­lung nach dem Ver­bots­ge­setz im Jahr 2004 hat er übri­gens kas­siert, weil er – Häferl­va­ri­an­te – Poli­zis­ten den Hit­ler­gruß gezeigt hat. Und weil er gepos­tet hat: „Machts doch etwas gegen die Aus­län­der, die gehö­ren alle umge­bracht.“ S. ist nicht bloß Nazi, son­dern auch beson­ders widerlich.

Als der Staats­an­walt zu Beginn der Ver­hand­lung eini­ge Punk­te der Ankla­ge vor­trägt, schüt­telt S. immer wie­der ziem­lich unmerk­lich den Kopf. Das passt so gar nicht zu den Aus­füh­run­gen sei­nes Ver­tei­di­gers, der davon spricht, dass er die Schuld ein­ge­ste­hen und sein Leben ändern wür­de. „Teil­wei­se schul­dig“, kor­ri­giert Ger­hard S. dann in sei­nem State­ment, weil fast immer unzu­rech­nungs­fä­hig durch Alko­ho­li­sie­rung. Da der Tat­zeit­raum sich aber über mehr als zehn Jah­re erstreckt, geht der Rich­ter nicht von durch­ge­hen­der Alko­ho­li­sie­rung aus. Der Ger­hard übri­gens auch nicht. Als der Rich­ter den Ger­hard nach der Bedeu­tung der Gruß­for­mel „88“ bzw. „88/14“ in Dut­zen­den sei­ner Face­book-Pos­tings fragt und dafür „Heil Hit­ler“ und „Four­teen Words“ vor­schlägt, wider­spricht der ener­gisch. Die Zah­len stün­den für eine Uhr­zeit und den Bezirk des von ihm vor­ge­schla­ge­nen Treffpunkts.

Gerhard S. im November 2022 für Udo Landbauer (Screenshot FB)

Ger­hard S. im Novem­ber 2022 für Udo Land­bau­er (Screen­shot FB)

An die­ser Stel­le muss man dem Vor­sit­zen­den ein gro­ßes Lob aus­spre­chen: Er macht ganz ruhig wei­ter mit der Befra­gung, zer­pflückt die behaup­te­te Dau­er­al­ko­ho­li­sie­rung und weist den Ange­klag­ten bestimmt, aber nicht auto­ri­tär dar­auf hin, dass er in die­sem Saal die Fra­gen stellt.

Am 20.4.21 hat S. näm­lich ein Eier­no­ckerl-Foto online gestellt. War­um, fragt ihn der Rich­ter, aus­ge­rech­net am 20. April? „Weil ich sie ger­ne esse – ist das ver­bo­ten?“. Der Vor­sit­zen­de lässt nicht locker: „Wis­sen Sie, was am 20.4. ist?“, wor­auf der Ger­hard ant­wor­tet „Wahr­schein­lich schon, aber das wis­sen Sie doch selber?!“

Die bei­sit­zen­de Rich­te­rin weist den Ange­klag­ten dann in die Schran­ken. Ihr ist schon von Beginn an das unmerk­li­che Kopf­schüt­teln des Ange­klag­ten zu den Vor­wür­fen des Staats­an­wal­tes auf­ge­fal­len, sie bezeich­net sei­ne Hal­tung als pam­pig und pro­vo­kant und fragt ihn direkt, ob er den Rechts­staat ernst nimmt. Die­se Fra­ge über­for­dert S. zwar, führt aber dazu, dass der Ver­tei­di­ger auf die Stopp-Tas­te drückt und um eine Sit­zungs­un­ter­bre­chung bit­tet. Nach der Pau­se erklärt er unter stil­lem Nicken des Ange­klag­ten, dass der sei­ne Ver­ant­wor­tung von teil­schul­dig auf voll­schul­dig ändere.

Wir kön­nen uns die detail­lier­te Auf­zäh­lung der ande­ren Delik­te, Tei­lun­gen von Nazi-Songs, Haken­kreu­ze, SMS und Chats mit Dut­zen­den 88 spa­ren. Das vol­le Schuld­be­kennt­nis bezieht sich auf die Wie­der­be­tä­ti­gung, nicht auf die schwe­re Kör­per­ver­let­zung, prä­zi­siert der Ange­klag­te. Die hat er laut Ankla­ge sei­ner dama­li­gen Freun­din zuge­fügt, was er aber bestrei­tet. Bei­de waren etwas alko­ho­li­siert, gerie­ten in Streit, weil die Freun­din noch in die Dis­co woll­te, er aber nicht. Das Ergeb­nis: ein mas­si­ver Bruch des Nasen­beins der Freun­din, weil sie S. an den Haa­ren zog und mit vol­ler Wucht gegen eine Auto­ka­ros­se­rie drosch. Die Fol­gen: Kran­ken­haus, meh­re Wochen Kran­ken­stand und natür­lich star­ke Schmer­zen. „Hun­dert­pro­zen­tig hat sie gelo­gen“, erklärt der Ange­klag­te. Eine gedul­di­ge, aber inten­si­ve Befra­gung der Freun­din, die in einem ande­ren Zim­mer ein­ver­nom­men wird, ergibt, dass die Freun­din von sich aus über­haupt kei­ne Schrit­te unter­nom­men hat, um S. anzu­zei­gen. Sie for­dert auch jetzt kein Schmer­zens­geld von ihm. Obwohl sie sich von ihm getrennt hat, ist ihr, dem Opfer, der Vor­fall noch immer pein­lich, im Gegen­satz zu ihm, dem Täter.

Gerhard S. mit HC Strache-Fanschal (Screenshot FB)

Ger­hard S. mit HC Stra­che-Fan­schal (Screen­shot FB)

Elf Haupt­fra­gen mit zahl­rei­chen Unter­fra­gen an die Geschwo­re­nen wer­den für die Bera­tung der Geschwo­re­nen for­mu­liert. Das Ergeb­nis ist so deut­lich wie die Stra­fe. Schul­dig, 30 Mona­te, aber dies­mal unbe­dingt. Es ist unklar, ob das Urteil auch schon rechts­kräf­tig ist.

P.S.: Der Staats­an­walt weist den Ange­klag­ten im Schluss­plä­doy­er dar­auf hin, dass die Odal­ru­ne, die sich S. auf den Hand­rü­cken täto­wie­ren ließ, nach der Ver­hand­lung ein neu­es Delikt der Wie­der­be­tä­ti­gung begrün­den kön­ne, wenn sie sich S. nicht ent­fer­nen lie­ße. Das müss­te eigent­lich auch für die zahl­rei­chen Grü­ße mit 88 und 88/14 sowie die Sha­rings von Rechts- bzw. Nazi-Songs gel­ten, die noch immer auf einem der Face­book-Accounts des Ger­hard S. zu fin­den sind.

Gerhard S. mit Odalrune (Screenshot FB)

Ger­hard S. mit Odal­ru­ne (Screen­shot FB)