Politisch hat Küssels Kamerad, Dr. Harald Schmidt, schon bessere Zeiten gesehen. Ganz früher sowieso, aber auch in den letzten Jahren – als ruhmvoller Redner bei einer Corona-Demo 2020 etwa oder als Fahnenträger bei einer Neonazi-Demo in Sofia. Bei den Identitärendemos fehlt er auch nicht. Neuerdings lesen wir jedoch vorwiegend in geschäftlichen Angelegenheiten über ihn. Seine Erfolge sind zwar eher durchwachsen, aber Küssels Kamerad steckt diese Rückschläge weg.
Als wir im Juni 2023 unseren Bericht über das „blaubraune Immo-Business“ verfasst haben, sah es eher so aus, als ob sich Dr. Schmidt aus den meisten Gesellschaften, in denen er als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer tätig war, zurückziehen würde. Eigentlich verständlich, dass auch einer wie er etwas kürzertritt – schließlich geht er auf die 70 zu. Außerdem erinnern wir uns an die netten Videos seines früheren Kompagnons oder Angestellten, des ebenfalls bestens in der Neonazi-Szene verankerten Walter Gerhard Piranty. Der hatte anscheinend 2023 einen gröberen Wickel mit Schmidt und veröffentlichte deshalb etliche Videos, in denen man viel Champagner, viel, sehr viel Geld und Geldzählmaschinen sah. Woher das viele Geld kam?
Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen, ist das Faktum, dass die „Dr. Schmidt & Partner Immobilieninvestment GmbH“ über die Investmentplattform „Dagobertinvest“ via Crowd-Investment viel Geld, sprich etliche Hunderttausende Euro, für Immobilienprojekte eingesammelt hat. In Form von nachrangigen Darlehen, bei denen die Gläubiger auch mit Totalausfall rechnen mussten. Die Prospekte, die etwa für die beiden Immobilienprojekte Lichteiche 8 und Lichteiche 14 in Purkersdorf beigelegt waren, versprachen eine beachtliche Rendite, vor allem aber das Blaue vom Himmel. so hieß es darin etwa für Lichteiche 14: „Das Grundstück ist angekauft. Die Baubewilligung ist rechtskräftig erteilt und der Baustart erfolgte im Mai 2021. Die Fertigstellung der Anlage ist im Mai 2023 avisiert. Ende des Jahres starten die Verkaufsmaßnahmen.“
Aus unseren Recherchen im Jahr 2023 wissen wir, dass tatsächlich eine Immo-Firma, die „Visio Living Immobilien und Unternehmenberatung GmbH“, die einzelnen Wohnungen bzw. Objekte in der Lichteiche schon eifrig zum Verkauf angeboten hatte – mit durchaus happigen Preisen. Dann verschwanden die Angebote von einem Tag zum anderen und bald darauf die blauen Geschäftsführer*in und Gesellschafter aus der Firma.
Die erste Überraschung sind aber die Gesellschafter*innen. Trotz der politischen Spaltung und Trennung zwischen FPÖ und dem THC und seinem Vorsitzenden Strache fanden da nämlich zwei FPÖ-Jungfunktionäre mit einem THC-Generalsekretär und der geplatzten FPÖ-Bombe Markus Pospichal einträchtig zusammen. Denise Wareka, die in der FPÖ auch noch als Denise Kuefner und geschäftsführende Obfrau des RFJ Wien bekannt ist, ist seit dem September mit dem Brunner FPÖ-Funktionär David Alessandro Wareka durch eine Ehe vereint und mit Christian Höbart und Markus Pospichal in der Visio Living.
Die zweite Überraschung: Sie sind nicht mehr vereint! Jedenfalls nicht mehr in der Visio Living. Im Juni dieses Jahres haben sie nämlich – wie es scheint, fluchtartig – die Gesellschaft verlassen. Für Christian Höbart müssen sich dabei alle schrecklichen Phantasien von „Umvolkung“ erfüllt haben: Der neue Alleingesellschafter und Geschäftsführer trägt den Vornamen Mohammed. Es gibt aber noch anderes Schreckliches. Was sich bereits in den Wochen zuvor angekündigt hatte: Die Visio Living-Homepage wurde komplett leergeräumt. (1)

Mittlerweile befinden wir uns im Oktober 2024 und dort, wo seit eineinhalb Jahren schon glückliche Familien aus überteuerten Immobilien in den Wienerwald hineinblicken sollten, herrscht noch immer gähnende Leere. So, wie der Bagger im Prospekt für Lichteiche 8 ein Fake war, war es auch die Behauptung, dass der Baustart im Mai 2021 begonnen habe. Das Grundstück von Lichteiche 8 ist ebenso unberührt wie jenes von Lichteiche 14, wie „Stoppt die Rechten” vorliegende Fotos dokumentieren.
Kein Wunder, denn mittlerweile sind auch die beiden GmbH, die „ON Lichteiche 8 GmbH Projektentwicklungs GmbH“ und die „ON Lichteiche 14 Projektentwicklungs GmbH“ zu schlichten „Projektentwicklungs GmbH“ (ohne Lichteiche) umgewandelt worden. Die Baubewilligung für die beiden Grundstücke ist mittlerweile erloschen; auch die umfangreichen Pfandrechte der Raiffeisenbank Rohrbach, die mit mehr als vier Millionen Euro in den beiden Grundbüchern gestanden hat (2), sind es.

Was da genau passiert oder besser nicht passiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Auf „willhaben.at“ sind die beiden Grundstücke noch vor kurzem als Notverkäufe angepriesen worden – mit dem Versprechen einer aufrechten Baugenehmigung (die aber mittlerweile erloschen ist).

Harald Schmidt lässt sich durch Rückschläge nicht entmutigen. Als Geschäftsführer ist er, wie die Dokumentation von „North Data“ eindrucksvoll belegt, aktuell in 17 Gesellschaften engagiert.
Wie der „Standard“ (23.10.24) etwas verklausuliert berichtet, dürfte „ein früherer Rechtsanwalt, dessen Gesinnung ihm einst Probleme mit der Strafjustiz eingetragen hatte“, auch in der Firmenkonstruktion eins großen Immo-Entwicklers mitmischen. Kein Zweifel: Küssels Kamerad kapituliert nicht – bis auf weiteres.
Fußnoten
1 Zwischenzeitlich ist Denise Wareka (Kuefner) nicht mehr RFJ-Funktionärin.
2 Zu den Hintergründen siehe derstandard.at (3.8.24): Wie in der Immobranche Milliarden ausradiert wurden – und welche Rolle viele kleine Banken dabei spielten