„exxpress” zwischen ÖVP und FPÖ
Die Desinformationswebsite „exxpress“ ist hinsichtlich ihrer Eigentümer-Struktur ein ÖVP-nahes Medium. Haupteigentümerin, Gründerin und Chefredakteurin ist die Ex-ÖVP-Politikerin Eva Schütz, eine ehemalige Hochleistungssportlerin und Juristin, die unter der ÖVP-FPÖ-Regierung (2017–2019) im Kabinett von Finanzminister Löger (ÖVP) tätig und zudem auch ÖBB-Aufsichtsrätin war. Eva Schütz ist die Ehefrau des rechten Millionärs und ÖVP-Spenders Alexander Schütz.
Wie am 22. Mai 2024 bekannt wurde, wird die „Vius SE”, die wiederum hinter dem von Ex-Bild Chefredakteur Julian Reichelt geleiteten „Nius” steckt, mit 25 % beim „exxpress” einsteigen. Damit nähern sich zwei Portale mit einer sehr ähnlichen Ausrichtung an.
„exxpress“ erhielt hohe Summen an Steuergeldern. Im Jahr 2022 waren das einer Recherche der Wochenzeitung „Falter“ (Nr. 25/23, S. 28) zufolge in Summe 1,1 Millionen Euro an Medienförderungen. Darunter fielen etwa auch Inserate des ÖVP-Verteidigungsministeriums.
Daniela Kraus: Exxpress macht weder Journalismus noch Nachrichten. Es ist eine verantwortungslose Hetzplattform.
Nach einer Mordrohung in exxpress-Forum gegen ORF-Mitabeiter*innen schrieb die Generalsekretärin des Presseklub Concordia auf X: „Exxpress macht weder Journalismus noch Nachrichten. Es ist eine verantwortungslose Hetzplattform. Absolut verantwortungslos und völlig unverständlich, dass dorthin öffentliches Geld, unter anderem für ‚Journalistenausbildung’ fließt.”
Ideologische kann „exxpress“ gleichwohl als ÖVP- wie auch als FPÖ-nahe bezeichnet werden. In unserer Sammlung von „Rechtsextremen Medien in Österreich“ fehlt das Meinungsformat aber, weil es nicht eindeutig als rechtsextrem klassifiziert werden kann, obwohl es doch deutlich im Nahbereich davon laviert. Insbesondere fehlt im „exxpress“ eine völkische Positionierung, die sowohl die FPÖ als auch das Gros rechtsextremer Medien in Österreich eindeutig vertreten. Dennoch erfüllt das Format eine ideologisch wichtige Scharnier-Funktion: Es bespielt den fließenden Übergang von konservativ zu rechtspopulistisch bis rechtsextrem). Abgesehen von der prorussischen Haltung des Mediums (1), lässt sich dies an seinem Kolumnisten aufzeigen: Bernhard Heinzlmaier.
Rechter Kulturkampf in Opferpose
Seit März 2021 polemisiert der rechts abgedrehte Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier in Kulturkampfrhetorik gegen einen angeblich linken Mainstream (er imaginiert mitunter einen „grünen“ oder auch „freundlichen Totalitarismus“) und ventiliert damit jene Opferrolle (Selbstviktimisierung), die für die extreme Rechte so wichtig ist.
In einem Text von Juli 2021 (2) behauptet er etwa, westliche Gesellschaften würden sich „zu Diktaturen der Minderheiten“ entwickeln. In der Verwendung gendersensibler Sprache sieht er ein „Sprachumerziehungsprojekt“. Er behauptet „Befürworter einer restriktiven Asyl- und Migrationspolitik“ würden „als Unmenschen an den Pranger gestellt“. Solche Formulierungen, die Gleichstellungspolitiken explizit in die Nähe autoritärer Maßnahmen rücken und damit die Wahrnehmung über reale autoritäre Politik vernebeln, sind für die extreme Rechte unumgänglich: Eine völkische Umdeutung von Demokratie ist auf die permanente Inszenierung des „Volkes“, also der Mehrheit, als Opfer angewiesen.
Heinzlmaier wird nicht explizit völkisch, seine Argumentationsstruktur funktioniert aber als Türöffner in diese Richtung. Wie lächerlich unplausibel diese Selbstviktimisierung ist, zeigt er in einem Text von März 2023 (3), wo er die Frage stellt, ob „Meinungsfreiheit“ in „unserer Gesellschaft“ überhaupt noch möglich sei, um dann in demselben Text lautstark Gebrauch von eben dieser Freiheit zu machen, wenn er der NATO „eine gehörige Portion Mitschuld“ an der „militärischen Intervention“ (sic!) Russlands in der Ukraine attestiert.
Raunen mit System
Heinzlmaiers dauerbemühte Rede von einer angeblichen „linken Hegemonie“ laviert stets im Nahbereich von Verschwörungsideologie, wenn auch in Form eines bloß insinuierenden, intellektuell verbrämten Raunens. Dabei lösen sich martialische Zuspitzungen und vage Andeutungen ab. So fabuliert er in einem Text von Mai 2024 (4), dass „die herrschenden Geisteseliten“ die Welt auf „dem Weg in einen Endkampf“ sehen würden. Wer dieses offenbare Machtzentrum sein soll, bleibt dann aber denkbar unverfänglich: „Wirtschaftsbosse, Banker, Politiker, Medienleute und Religionsführer“. Eine andere verschwörungs-insinuierende Textstelle von Februar 2024 taugt zur Illustrierung von Heinzlmaiers Stil:
Die hypnotische Medienmaschinerie, die von grünen Endzeitpolitikern und den liberalen Freunden des dritten Weltkrieges finanziert und betrieben wird, säuselt uns ständig passivierende Melodien ins Ohr und implantiert uns Bilder in den Kopf, die über die Atlantikbrücke nach Europa kommen und uns gefügig machen sollen. (5)
Dieser Satz soll offenbar geschliffen und kantig wirken, besteht aber lediglich aus Andeutungen. Am klarsten ist noch die Umdeutung des russischen Angriffskriegs: Heizlmaier sieht die liberalen und linken Gegner*innen Russlands als „Freunde des dritten Weltkriegs“ und nicht etwa das massenmörderischen Putin-Regime. Zentral ist zudem die Andeutung einer die Medien beherrschenden Macht („Medienmaschinierie“), die ein spezifisches Interesse, nämlich „uns gefügig [zu] machen“, verfolgt. Die Mittel, um dies umzusetzen, kommen nach Heinzlmaier scheinbar aus den USA: Bilder, die über die „Atlantikbrücke“ kämen, würden „uns“ implantiert werden.
Sachlich gegen diesen Schwurbel-Satz zu argumentieren, ginge fehl, denn was sollte man sagen? Selbstverständlich betreiben Grüne Politiker*innen keine „hypnotische Medienmaschinerie“, selbstverständlich zieht hinter medialen Debatten niemand die Fäden, um Menschen zu hypnotisieren. Aber so genau sagt er das ja auch nicht, er deutet es nur an, und zwar in Form eines kulturpessimistischen, anti-linken Raunens, das mit gängigen Verschwörungsmythen kompatibel ist und zudem die Feindmarkierungen der extremen Rechten echot, ohne deren ideologisches Substrat – das als organisch imaginierte Volk – als Bezugspunkt zu benennen. Kurz: Heinzlmaier bleibt beim sicheren Raunzen.
Intellektueller Schein qua großer Namen
Den Anschein eines redlichen Essayisten erweckt Heizlmaier gerne durch das Zitieren von Geistesgrößen, etwa Friedrich Nietzsche, Karl Marx oder Hannah Arendt. Solche Bezugnahmen wirken, als gehe es um die Wahrung von intellektuellem Schein – auch wenn sie noch so dürftig daherkommt. Denn Heinzlmaier stellt sie mitunter unmittelbar neben Formulierungen, die auch bei „unzensuriert“ oder einer beliebigen anderen Hetzplattform vorkommen könnten. So etwa, wenn er fantasiert, durch Grüne Migrationspolitik würden europäische Großstädte in einem „Chaos krimineller Anarchie [versinken], in dem Messerstechereien, Ehrenmorde, Clan-Fehden, Gruppenvergewaltigungen und alle Formen von Raub und Diebstahl zur Alltäglichkeit geworden sind“. (6) Hinsichtlich rassistischer „Abendland-geht-unter“-Apokalyptik ist Heinzlmaier von blauen oder identitären Agitator*innen kaum mehr zu unterscheiden.
Fußnoten
1 Häufig medial thematisiert wurde die pro-russische Haltung, die die Plattform seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vertritt. Zu heftiger Kritik führte etwa, dass „exxpress“ im Oktober 2023 einen Text von Dmitri Ljubinski, dem russischen Botschafter, veröffentlichte und sich damit direkt zum Sprachrohr von Putins Terrorregime machte. Weitere „exxpress“-Stimmen in prorussischer Mission listete die Wiener Wochenzeitung „Falter“ in einer ausführlichen Recherche:
Weitere Wortspenden, mit denen der exxpress seine Kriegsberichterstattung stützt, kommen vom Schweizer Putin-Bewunderer Roger Köppel („Macht sich zum Sprachrohr Putins“, Neue Zürcher Zeitung), Jacques Baud („Ein Schweizer Geheimdienstler auf Putins Mission“, Der Blick), Kim Schmitz („Putins bester Mann bei Twitter“, Die Welt), der deutschen Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht oder dem russischen Propaganda-Account Geo_monitor. All diese Berichte haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind journalistisch unsauber, und sie transportieren die Lügen des Kreml unter dem Deckmantel der „Ausgewogenheit“. (Falter Nr.25/2023, S. 25–28)
2 Diktatur der Minderheiten (28.07.2021), Kolumne von Bernhard Heinzlmaier in „exxpress“, eingesehen am 14.05.2024
3 Gibt es in unserer Gesellschaft überhaupt noch Meinungsfreiheit? (01.03.2023), Kolumne von Bernhard Heinzlmaier in „exxpress“, eingesehen am 14.05.2024
4 Die Kunst der Anbräunung und der Menschenhatz (01.05.2024), Kolumne von Bernhard Heinzlmaier in „exxpress“, eingesehen am 14.05.2024
5 Putin und Faschismus – perfekte Diskurskeulen für alle Zwecke (14.02.2024), Kolumne von Bernhard Heinzlmaier in „exxpress“, eingesehen am 14.05.2024
6 Mediale Gehirnwäsche und sozialromantisches Öko-Voodoo (17.04.2024), Kolumne von Bernhard Heinzlmaier in „exxpress“, eingesehen am 14.05.2024