Dass Herbert Fritz unbelehrbar ist, hat er über Jahrzehnte hinweg immer wieder unter Beweis gestellt. Bereits im Jahr 1993 hatte der damalige Abgeordnete der Grünen, Manfred Srb, in einer parlamentarischen Anfrage angeführt, dass Fritz „seit mehr als 30 Jahren in der neonazistischen und rechtsextremen Szene Österreichs führend tätig [ist], und er ist aus zahlreichen Publikationen, Zeitungen, Polizeiberichten und Gerichtsurteilen bekannt”. Letzten Juni war Fritz in Afghanistan festgenommen und inhaftiert worden. Die Ironie dabei: Fritz empfahl wenige Monate zuvor Afghanistan als sicheres Urlaubsland.
Rechtsextreme und Neonazis begannen bald, für eine Freilassung von Fritz zu lobbyieren – mit dem Höhepunkt, dass eine Delegation der u.a. Andreas Mölzer und Johannes Hübner angehörten, beim Taliban-Außenminister Amir Khan Muttaqi vorsprachen, um Fritz’ Freilassung zu erreichen – erfolglos! Große Aufregung herrschte um die Bedingungen, denen Fritz in der Haft ausgesetzt gewesen sei. Mahnwachen wurden veranstaltet, eine mäßig erfolgreiche Petition aufgesetzt und im FPÖ-nahen rechtsextremen Medium „unzensuriert“ (5.12.23) war von unwürdigen Haftbedingungen von „akuter Lebensgefahr“ für Fritz die Rede, samt dem Vorwurf, das österreichische Außenministerium unternehme nichts für den gefangenen Österreicher.
Am Sonntag, 25.2.24, kam aus dem Außenministerium eine unerwartete Pressemeldung:
Wir freuen uns mitzuteilen, dass der seit Mai 2023 in Afghanistan inhaftierte 84-jährige österreichische Staatsbürger Herbert Fritz seit heute in Freiheit ist. Er konnte Afghanistan bereits verlassen und ist am Nachmittag im katarischen Doha gelandet. (…) Gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt und unseren internationalen Partnern haben wir uns seit Mai 2023 beharrlich für seine Freilassung eingesetzt. Wir danken insbesondere unseren Partnern in Katar und der EU-Vertretung in Kabul für die diskrete und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
In Doha angekommen, gab Herbert Fritz bereits erste Interviews. Er, so zitiert ihn der Spiegel (26.2.24) „habe ‚Pech’ gehabt, wolle aber dorthin [Afghanistan] zurückkehren”. Auf seinem Weg nach Wien wird Fritz nun doch gedämmert sein, dass die Äußerung zu seiner Rückkehrabsicht wenig günstig gewesen sein könnte. „Ich denke, es war Pech, aber zum Wohl meiner Familie möchte ich nicht mehr hinreisen“, sagte der rechtsextreme Autor bei seiner Ankunft in Wien. (…) Die Haftbedingungen waren aber ‚in Ordnung’: ‚Ich musste keinen Hunger leiden, es gab genug zu essen’ ”, erzählte er gegenüber der „Krone” – womit er den dramatischen Schilderungen seiner Freunde von „unzensuriert” & Co widersprach.
Gute Nachricht, wenn sich ein Taliban-Kerker für einen öffnet, der — wie so viele — aus nichtigem Grund dort saß. Aber wenn einer mit Fotos mit Exiloppositionellen am Handy nach Afghanistan reist und dann eingebuchtet wird, wär „Pech” nicht die erste Analyse, die mir einfällt… https://t.co/ELj8s6TnYq
— Bernhard Weidinger (@bweidin) February 26, 2024
Was nun tatsächlich stimmt, können wir nicht beurteilen. Jedoch schon, dass sich eine auf einen Rechtsstaat aufgebaute Diplomatie für die Freilassung aller Staatsangehörigen einzusetzen hat, die unter nicht-rechtsstaatlichen Bedingungen irgendwo festgehalten werden. Auch, wenn es sich um Neonazis handelt. Und auch, wenn nun gerade jene Fritz’ Freilassung als Sieg abfeiern, die ansonsten von Rechtsstaatlichkeit wenig oder gar nichts halten.
Während der Rechtsaußen-Nationalratsabgeordnete Martin Graf Fritz gleich bei dessen Ankunft empfing, zeigen offen agierende Neonazis via Telegram ihren Ärger (nicht nur) über die FPÖ: „Anders als von der ÖVP dargestellt, interessierte sich die Republik Österreich wenig für ihren Staatsbürger. Auch Neurechte und Patrioten sowie die FPÖ entdeckten erst sehr spät ihre Solidarität mit Dr. Fritz.” Und Fritz selbst gab direkt nach seiner Ankunft der rechtsextremen Fakenews-Schleuder AUF1 ein Interview. Es besteht kein Zweifel, dass er seine jüngsten Erlebnisberichte bei weiteren rechtsextremen Medien anbringen wird.