Seine NS-Wiederbetätigung erstreckt sich über einen ziemlich langen Zeitraum: acht Jahre. Am 24. Juni 2022 ist sie bei einer Hausdurchsuchung aufgeflogen. Die wurde vermutlich aber durch andere, schwerwiegende Vorwürfe ausgelöst. Der aus dem Bezirk Kufstein stammende Landwirt Josef G. (33) war auch des Verbrechens der Vergewaltigung, des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, des Vergehens der Nötigung, des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln und des Vergehens nach dem Waffengesetz angeklagt.
Verhandelt wurde getrennt. Die NS-Wiederbetätigung stand am 24. Jänner am Kalender des Landesgerichts Innsbruck, alle anderen Anklagedelikte wurden zwei Tage später verhandelt. Vom zweiten Prozess liegt uns leider kein Prozessbericht, sondern nur eine sehr knappe Meldung der „Tiroler Tageszeitung“ (27.1.24, S. 26) vor.
Wiederbetätigung am 24. Jänner
In G.s Haus waren eine Vitrine mit NS-Devotionalien und ein hängendes geschnitztes Hakenkreuz so postiert, dass man sie nicht übersehen konnte. In der Verhandlung wurde auch ein Video präsentiert, das G. beim „War and Peace Revival“ in England zeigt. Darauf ist zu sehen, wie G. in militärischer Adjustierung samt SS-Mütze und Hakenkreuzbinde die Reichskriegsflagge mit dem Hakenkreuz verkehrt an einem Auto aufhängt und anschließend salutiert.
Angeklagt waren zudem fremdenfeindliche, rassistische Sprüche mit deutlichem NS-Zungenschlag, die der Angeklagte immer wieder getätigt haben soll. Der vor Gericht als Zeuge befragte Großcousin wollte nur eine „Für und Wider“-Diskussionen wahrgenommen haben. Dessen Frau hat in der Wohnung nichts Braunes bemerkt, war aber mit ihrem Gatten beim England-Ausflug dabei und habe ihr „Unwohlsein“ aufgrund der braunen Flaggenparade ausgedrückt. Die dritte Zeugin, eine Tante, bezeichnete den Angeklagten allerdings als „immer schon ausländerfeindlich“ und brach deshalb 2015 jeden Kontakt zu ihm ab.
Die Verteidigung erklärte, dass der Angeklagte bei seiner Wohnungsdekoration und der WhatsApp-Nachricht seine Schuld eingestehe, nicht aber bei den rassistischen Sprüchen, da die Tante unglaubwürdig sei. Die Geschworenen folgten dieser Argumentation. Das Strafausmaß orientierte sich an der jüngsten Novelle zum Verbotsgesetz: Der Angeklagten erhielt die Mindeststrafe von sechs Monaten bedingt, aber dazu eine unbedingte Geldstrafe über 4.800 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Zweiter Prozess: Vergewaltigung, Nötigung, Suchtgift & Waffengesetz
Die Tat, der G. beschuldigt wurde, habe sich laut Anklage vor zehn Jahren zugetragen. Am 14. Geburtstag seiner Cousine soll er durch K.o.-Tropfen die jugendliche Verwandte wehrunfähig gemacht und in seiner Wohnung vergewaltigt haben. Der Verteidiger argumentierte, die Aussagen der Zeugen und des Opfers seien nicht brauchbar – was nach zehn Jahren nicht besonders verwunderlich wäre. „Auch der typische Geschmack von K.-o.-Tropfen war nicht erinnerlich“, schreibt die TT. Wer das in der Verhandlung behauptet hat, irrt jedenfalls – es gibt keinen „typischen“ Geschmack, weil für K.-o-Tropfen unterschiedliche Substanzen verwendet werden und ein besonderer Geschmack durch die Vermischung mit einem Getränk überdeckt wird. In vorliegenden Fall war es Bier.
Laut Anklage habe G. nach der Tat „sein Opfer durch Abfeuern einer Schusswaffe vor dem Gesicht des Opfers dazu bewegen wollen, niemandem davon zu erzählen“. Da über diese Verhandlung nicht mehr öffentlich bekannt ist, ist das milde Urteil des Schöffensenats, der wegen der Vergehen der Nötigung und nach dem Waffengesetz nur eine Zusatzstrafe von 2.400 Euro verhängte, die der Angeklagte sofort annahm, nicht erklärbär.
Unterm Strich: Josef G. kann nach den beiden Verhandlungstagen ziemlich erleichtert in seine – hoffentlich wenigstens vom Nazi-Mist gereinigte – Wohnung zurückkehren.
Danke für die Prozessbeobachtung am 24.1.!