Der Angeklagte Manuel B. ist ein gutes Beispiel dafür, dass die alten Netzwerke aus den Zeiten von O 21 noch immer funktionieren. Sein WhatsApp-Kamerad Patrick Z. hat im Frühjahr am Landesgericht Ried eine teilbedingte Haftstrafe wegen Wiederbetätigung ausgefasst – und ist damit beileibe nicht der einzige unter seinen Kameraden. Unterm Strich kommen da einige Dutzend Jahre Haft und Wiederbetätigung zusammen – und da reden wir noch nicht vom Angeklagten selbst, der vor Jahren sein Facebook-Profil mit einem Foto des Nazi-Verbrechers Rudolf Heß „aufhübschte“ und lange engste Kontakte, auch nach Deutschland, pflegte. Vor Gericht aber versuchte auch er es mit der Waisenknaben-Masche.

Kostenloser und guter Tipp an alle, die wegen Wiederbetätigung vor einem Geschworenengericht angeklagt sind: Versucht es mit der Wahrheit! Ja klar, unsere Strafprozessordnung erlaubt Angeklagten auch, dass sie die Unwahrheit oder gar nichts sagen. Berufsrichter*innen kommen damit meistens ganz gut zurecht, aber Geschworene? Die fühlen sich „papierlt“, wenn sie jemand wie der Angeklagte, der vor nicht allzu langer Zeit auf einem berüchtigten Neonazi-Bauernhof in Sachsen-Anhalt mitfeiern durfte, mit billigen Schmähs abspeisen will.
Beispiele gefällig? Manuel B. hat sich eine Mailadresse zusammengebaut – mit der 88. Warum die 88, wird er gefragt. Wollte die 79 (sein Geburtsjahr), war aber nicht frei – die 88, also rein zufällig. Als der Verfassungsschutz zur routinemäßigen Hausdurchsuchung aufmarschierte, trug er ausgerechnet ein T‑Shirt des Nazi-Barden „Reichstrunkenbold“, also mit Schwarzer Sonne. Das Leiberl will er vor Jahren vom „Reichstrunkenbold“ geschenkt bekommen haben, und als der Verfassungsschutz klingelte, habe er sich einfach das erste, also dieses, aus dem Schrank genommen. Schon wieder ein blöder Zufall! Wobei: Die Schwarze Sonne führt der Angeklagte dauerhaft als Tattoo auch am Knie mit sich herum und präsentiert es noch immer öffentlich. Aber das kam vor Gericht nicht zur Sprache.

Dafür werden Titel einer CD vom „Reichstrunkenbold“, die bei ihm gefunden wurde, zum Thema: „Judenschleim“, „Adolf Hitler lebt“, „Giftgas“, „Holocaust 2000“. Was sagt er dazu? Er höre gar nicht auf Texte, ihn interessiere nur die Musik, behauptet der Angeklagte. Außerdem verstehe er die Texte fast nicht, auch die englischen nicht. Der Vorsitzende merkt hier nur trocken an, dass er sich zwar geständig gebe, aber immer Ausreden parat habe. Das setzt sich in der Befragung so fort bis zu dem Punkt, wo er danach gefragt wird, welche Strafe er für sich wohl für angemessen halte. Ein bisschen gemein diese Frage, auch wenn sie sozusagen ein Mitwirkungsrecht des Angeklagten vortäuscht. Der bringt immerhin nach eigenen Angaben „leider“ schon so ungefähr drei bis fünf Vorstrafen mit insgesamt drei bis vier Jahren Haft mit auf die eine Waagschale, wirft dafür seine Kinder und seine Frau in die andere, um einer „unbedingten“ Haft zu entkommen. Die Kinder, weil sie ihn bräuchten, die Frau, damit sie ihn nicht verlässt. Warum aber sollte sie ihn verlassen, fragen wir uns? Sie trägt doch die „8“ beidseitig am Schlüsselbein, was sicher auch nur ein blöder Zufall ist.
Egal! Bröselmann hat’s versucht und sein Bestes gegeben. Die Geschworenen werden mit drei Haupt- und einigen Nebenfragen zur Schuld oder Unschuld in die Beratungen geschickt und kommen schon nach eineinhalb Stunden zurück. Alle Fragen zur Schuld werden von den Geschworenen sehr eindeutig, das heißt einstimmig mit „Ja“ beantwortet. Auch bei der Strafbemessung verfängt Manuel B.s Lamento nicht: Es werden ihm 18 Monate, davon sechs unbedingt, und eine Geldstrafe aufgebrummt. Er will noch darüber nachdenken, ob er die Strafe annimmt. Daher ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
