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Neonazi-Treffen im ungarischen Sopron

Seit Mona­ten trom­meln diver­se Neo­na­­zi-Grup­pie­run­­gen aus Öster­reich und Deutsch­land für ein Neo­na­­zi-Tre­f­­fen im unga­ri­schen Sopron, das in der kom­men­den Woche statt­fin­den soll. Dort regt sich nun Wider­stand. Unge­wöhn­li­che Alli­an­zen Ange­kün­digt wur­de der „1. Gerd Hon­­sik-Euro­­pa­­kon­­­gress“ bereits vor einem hal­ben Jahr über die neo­na­zis­ti­sche Par­tei „Der III. Weg“. Auch der Kar­ten­ver­kauf – 25 Euro muss für […]

30. Sep 2023

Ungewöhnliche Allianzen

Ange­kün­digt wur­de der „1. Gerd Hon­sik-Euro­pa­kon­gress“ bereits vor einem hal­ben Jahr über die neo­na­zis­ti­sche Par­tei „Der III. Weg“. Auch der Kar­ten­ver­kauf – 25 Euro muss für die Teil­nah­me berappt wer­den – läuft über die deut­schen Neo­na­zis. Die Bekannt­ga­be des Ver­an­stal­tungs­orts sowie das genaue Line-up wür­den via Mail vom eben­falls neo­na­zis­ti­schen Blog „SFN” nach der Anmel­dung bekannt­ge­ge­ben, heißt es im Ankün­di­gungs­text. Für den Frei­tag, 6. Okto­ber, sind Anrei­se und Begrü­ßung vor­ge­se­hen, am Sams­tag sei­en diver­se Vor­trä­ge ohne nament­li­che Nen­nung der dort Auf­tre­ten­den von Ver­tre­tern „der Par­tei ‚Der III. Weg‘ (BRD), der ‚Nor­di­schen Wider­stands­be­we­gung‘ (Skan­di­na­vi­en), „Casa Pound” (Ita­li­en) sowie ein wesent­li­cher Vor­den­ker der Nou­vel­le droite/Neuen Kul­tur“ geplant.

Der mili­tan­ten Neo­na­zi­sze­ne gilt er [Gerd Hon­sik] als Säu­len­hei­li­ger. Der „1. Gerd Hon­sik – Euro­pa­kon­gress” ist eine Hom­mage an Hon­sik und ein Lebens­zei­chen des Milieus. Beacht­lich an der Ver­an­stal­tung ist, dass öster­rei­chi­sche Neo­na­zis sie gemein­sam mit ita­lie­ni­schen Faschis­ten durch­füh­ren. Der­ar­ti­ges wäre vor weni­gen Jah­ren wohl noch unmög­lich gewe­sen. Die Teil­neh­mer und Teil­neh­me­rin­nen wären sich ver­mut­lich bei der ers­ten Erwäh­nung des Wor­tes „Süd­ti­rol” in die Haa­re gera­ten. (derstandard.at, 5.5.23)

Auch dass ein Red­ner aus der „neu­rech­ten“ Sze­ne ange­kün­digt ist, über­rascht zumin­dest auf den ers­ten Blick, zumal sich die „Neue Rech­te“ gera­de dadurch mar­kier­te, mit weich­ge­spül­ten For­mu­lie­run­gen alt­rech­ter Inhal­te eine ver­meint­li­che Abgren­zung vom Natio­nal­so­zia­lis­mus und damit gesell­schaft­li­che Anschluss­fä­hig­keit erzie­len zu wol­len – was immer wie­der mit hämi­scher Kri­tik aus dem „alten“ Neo­na­zi-Lager kom­men­tiert wurde.

Honsiks Erben

Maß­geb­lich orga­ni­siert wird der brau­ne Auf­lauf von der alten VAPO- und Alpen-Donau-Gar­de: Die hat­te nach Hon­siks Tod im April 2018 das Anwe­sen in Sopron über­nom­men. Geerbt hat­te Hon­siks Besitz des­sen Toch­ter, die an den Hon­sik-Ado­ran­ten-Klub rund um Gott­fried Küs­sel ver­kauft hat, wie „Stoppt die Rech­ten” in Erfah­rung brin­gen konn­te. 2022 pos­te­te der neo­na­zis­ti­sche „Info­ka­nal Deutsch­ös­ter­reich” das Foto eines Kran­zes der „Feri­al­ver­bin­dung Impe­ria”, der Nach­fol­ge­ver­bin­dung von Küs­sels „Reich”, auf dem Grab von Hon­sik in Nie­der­ös­ter­reich. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass der Ver­net­zungs­kon­gress aus die­sem Umkreis orga­ni­siert wird.

Ferialverbimdung Imperia, Vereinsregisterauszug mit Lucas Tuma als "Imperator" und Michael Tuma als "Konsul" (abgerufen am 6.6.22)
Feri­al­verb­im­dung Impe­ria, Ver­eins­re­gis­ter­aus­zug mit Lucas Tuma als „Impe­ra­tor” und Micha­el Tuma als „Kon­sul” (abge­ru­fen am 6.6.22)
Kranzschleife am Honsik-Grab mit Text "FVB Imperia" (Inforadio Deutschösterreich 9. Okt. 2022)
Kranz­schlei­fe am Hon­sik-Grab mit Text „FVB Impe­ria” (Info­ra­dio Deutsch­ös­ter­reich 9. Okt. 2022)

Protest in Sopron

Der­wei­len regt sich in Sopron Wider­stand, wie das Nach­rich­ten­por­tal merce.hu (26.9.23) berich­tet. „Mérce“ kon­fron­tier­te den Fidesz-Bür­ger­meis­ter und auch die loka­le Poli­zei mit dem Neo­na­zi-Kon­gress und erhielt erstaun­li­che Ant­wor­ten. Dem­nach hat die Stadt aus der Pres­se von der Ver­an­stal­tung erfah­ren, und den Infor­ma­tio­nen zufol­ge wur­de die Poli­zei nicht benach­rich­tigt, und sie kennt nicht ein­mal den genau­en Ort der Ver­an­stal­tung.“ (Text aus dem Unga­ri­schen mit „deepl“ übersetzt)

Der Bür­ger­meis­ter ant­wor­te zwar „Mérce“ nicht, distan­zier­te sich jedoch in einer öffent­li­chen Erklä­rung. Es gäbe, so der Bür­ger­meis­ter, in der Stadt „null Tole­ranz für Anti­se­mi­tis­mus“ – was etwas ver­mes­sen für den Ange­hö­ri­gen von Orbáns Fidesz ist, deren anti­se­mi­ti­sche Agen­da wie die stän­di­gen Aus­fäl­le gegen Geor­ge Sor­os pro­gram­ma­tisch gewor­den sind. Geschla­gen wird der Bür­ger­meis­ter noch von der Poli­zei, die in ihrem State­ment zu „Mérce“ schrieb:

Ungarn, das bekannt­lich bedeu­ten­de Erfol­ge erzielt hat, hat eine Null­to­le­ranz gegen­über die­sen Phä­no­me­nen pro­kla­miert, die es auch mit dem Gesetz durch­setzt. Die Poli­zei wird, wenn nötig, ent­schlos­sen und unum­strit­ten gegen extre­mis­ti­sche Äuße­run­gen vor­ge­hen, wobei die Schwe­re der Straf­tat zu berück­sich­ti­gen ist.

An ein Ver­bot der Ver­an­stal­tung ist offen­bar nicht gedacht. Die Par­tei Momen­tum in Sopron orga­ni­siert eine Gegen­de­mons­tra­ti­on vor dem Hotel, in dem die Ver­an­stal­tung am 7. Okto­ber statt­fin­den soll. In der Beschrei­bung der Ver­an­stal­tung for­dern sie den Bür­ger­meis­ter auf, die Kon­fe­renz zu ver­hin­dern.“ (merce.hu) „Momen­tum Sopron“ kün­dig­te auf Face­book an, in der kom­men­den Woche den Ort der Demons­tra­ti­on und damit auch des Neo­na­zi-Tref­fens bekannt­ge­ben zu wollen.

Der Hon­sik-Kon­gress in Sopron wird nach dem „Tag der Ehre” in Buda­pest und der „Euro­pean Fight Night” in Csó­ka­kö das drit­te inter­na­tio­na­le Neo­na­zi-Event allei­ne in die­sem Jahr in Ungarn sein. Damit bestä­tigt sich, dass das Orbán-Land zuneh­mend zum Auf­marsch­ge­biet von euro­päi­schen Rechts­extre­men wird – kein Wun­der, dort kön­nen sich die brau­nen Kame­ra­den weit­ge­hend unbe­hel­ligt von Sicher­heits­be­hör­den versammeln.

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