Am 20.4. betätigt die Mutter von René M. um ca. 19 Uhr den Notruf und bittet um Hilfe. Ihr Sohn habe ihren Lebensgefährten angeschossen. Als die Polizisten der Spezialeinheit Cobra eintreffen, hat sich der mutmaßliche Täter am Dachboden verschanzt und liefert sich mit ihnen einen Schusswechsel, während im Erdgeschoss der Stiefvater bzw. Lebensgefährte der Mutter trotz Erster Hilfe verblutet. René M. wird um 23 Uhr von der Cobra überwältigt, festgenommen und mit leichten Schussverletzungen in das Krankenhaus gebracht.
Wie die ersten Ermittlungen ergeben, war die Tatwaffe illegal. René M. besaß auch keinen Waffenschein und hat sich nach eigenen Angaben die Pistole bei seinem Nachbarn „besorgt“. Am 25.4. findet deshalb im Haus des Nachbarn F. (68) eine polizeiliche Razzia statt, bei der etliche Waffen sichergestellt werden. Zuvor war der Nachbar Gottfried F. tot in seinem Auto in einem Wald bei Emmersdorf aufgefunden worden – mit einer Schusswunde im Kopf und der Pistole neben sich.
Als Motiv für den Mord an dem Stiefvater gab der Verdächtige René M. „Hass und Eifersucht“ an. Ein „merkwürdiges“ Motiv, rätselte das Gratisblatt „heute“ und auch der „Kurier“ sah das Motiv „vorerst offen“. Mittlerweile gehen die Ermittler, Landesamt für Verfassungsschutz und Landeskriminalamt Niederösterreich, jedenfalls davon aus, dass sich beide, Täter und Nachbar, im rechtsextremen Milieu herumgetrieben haben.
René M. war durchaus vorsichtig und zurückhaltend mit seinen Daten. Auf seinem Facebook-Account ist fast nichts öffentlich einsehbar, aber allein die Angaben, welchen Personen und Institutionen er folgt, sind schon sehr deutlich: von zahlreichen Funktionär*innenen und Mandatar*innen der FPÖ und AfD bis hin zu Pegida, Stefan Magnet, Marine Le Pen und Identitären ist ein breites Spektrum der extremen Rechten bei ihm vertreten.

Apropos Identitäre: Obwohl die Postings auf seinem Konto verborgen sind, haben wir einige Kommentare von M. auf anderen Accounts gefunden, etwa bei Heinz-Christian Strache. Als der in einem Posting im Juli 2021 „von Vertretern der extrem rechten Identitären Bewegung“ spricht, korrigiert ihn René M.:
Lieber Herr Strache, ich würde es begrüßen, wenn statt „extrem rechten” Identitären Bewegung eher von einer rechtsaktiven oder rechtsaktivistischen Identitären Bewegung gesprochen wird. Alternativ wäre auch die Bezeichnung rechte NGO oder patriotische Volksbewegung anwendbar. Die Bezeichnung „extrem rechten” oder „rechtsextremen” ist typisches Antifa-Jargon und sollte eigentlich nur den Linksextremen und Konsorten vorbehalten bleiben.

Auch bei dem rechtsextremen AfD-Mandatar Höcke trieb sich M. mit einem rassistischen Kommentar herum. Als Höcke im Juni 2018 die Schließung der Grenzen und Rückführung von Migrant*innen forderte, schleimte René M.: „Stimmt, wir brauchen ein europaweites Antivirus-Programm ! Die deutsche Regierung braucht dringend ein patriotisches Update, damit ‚mal endlich eine Systemwiederherstellung machbar ist.“

Als eine Zeitung auf Facebook über die Vergewaltigung einer Frau in Leipzig durch drei Männer berichtet, die als flüchtig, aber arabisch wirkend beschrieben werden, postet René M. ein Foto von Pamela Rendi-Wagner mit dem eingeblendeten hetzerischen Text: „Die Ausländerkriminalität können wir nur wirksam bekämpfen, wenn wir die Mindestsicherung erhöhen.“ Der Rendi-Wagner zugeschriebene Text ist frei erfunden bzw. erlogen wie die Zuordnung zu dem Verbrechen in Leipzig, wie der dpa-Faktencheck ausführlich erläutert.

Der tote Nachbar mit den Waffen wird ebenfalls als rechtsextrem beschrieben, war aber anscheinend noch vorsichtiger mit seinen öffentlichen Angaben als René M.. Die Staatsanwaltschaft ließ außerdem verlauten, dass gegen Tote nicht ermittelt würde. Das sind keine guten Voraussetzungen für die Klärung der vielen offenen Fragen.