Grosz-Kotz in Bayern

Als Präsi­dentschaft­skan­di­dat ist er abgestürzt, aber als Het­zer bei der AfD alle­mal willkom­men: Ger­ald Grosz, dessen Rede am poli­tis­chen Ascher­mittwoch der AfD im bayrischen Oster­hofen gespickt mit Belei­di­gun­gen unter der Gürtellinie war, ist auch noch mit NS-Ver­gle­ichen dahergekom­men. Das Pub­likum hat die ver­balen Aus­fälle des Grosz-Kotz erwartungs­gemäß goutiert.

Es sei hier seine lieb­ste Rede, die er jemals gehal­ten habe, startet der abge­halfterte Ex-Poli­tik­er aus der Steier­mark, um dann recht schnell zum Lieblings­the­ma der vater­landsver­liebten Bagage abzu­biegen: zur Flüchtlingspoli­tik. Grosz redet über ermordete Mäd­chen, lässt ein paar Sager ab, stra­paziert in diesem Zusam­men­hang seine Leder­hose, die er nur deshalb ange­zo­gen habe, um seinen „Knick­er“, ein Jagdmess­er, mit­nehmen zu kön­nen, „weil in Deutsch­land des Olaf Scholz und der Annale­na B‑B-B-Baer­bock und des Her­rn Habeck und des Her­rn Lind­ner musst du an jedem Ort und zu jed­er Zeit damit rech­nen, dass du abgestochen wirst“. Von seinem Mess­er, das der selb­stvertei­di­gungs­bere­ite Grosz dem Pub­likum auch gle­ich zeigt, kommt er direkt zu einem Tele­fonat, das er ange­blich mit dem Vater des im Zug bei Brock­st­edt ermorde­ten Mäd­chens geführt habe. Die selb­st­ge­fäl­lige Haupt­botschaft von Grosz ist, das Mäd­chen sei ein großer Fan von ihm gewe­sen, denn sie habe zulet­zt ein Buch von ihm gele­sen und jede Sendung – „auf OE24TV, nicht auf ServusTV – von Sebas­t­ian Bohrn-Mena darf ich euch liebe Grüße aus­richt­en“ – mit ihm gese­hen. Grosz ern­tet auch hier Lach­er und johlende Zus­tim­mung im biergeschwängerten Raum. Unter­hal­tung muss bei diesem Rede­for­mat sein, selb­st wenn’s um Opfer von Gewaltver­brechen geht!

Gerald Grosz führt sein mitgebrachtes Messer vor (Screenshot YT AfD Bayern)

Ger­ald Grosz führt sein mit­ge­bracht­es Mess­er vor (Screen­shot YT AfD Bayern)

Es wäre nicht der recht­sex­treme Rah­men, es wäre nicht Ger­ald Grosz, wenn’s nicht wuchtig gegen Frauen gin­ge: allen voran gegen die deutsche Außen­min­is­terin Annale­na Baer­bock, die Grosz in eine Lin­ie mit dem 1946 in Nürn­berg hin­gerichteten NS-Außen­min­is­ter Ribben­trop stellt, gegen die Ex-Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel („Urfrau der Unter­wan­derung“, sie habe, „aus einem offen­bar falsch ver­stande­nen his­torischen Ver­ständ­nis, sich ständig als Deutsche entschuldigen zu müssen, gemeint: ‚Wir schaf­fen das.‘“) und die Innen­min­is­terin Nan­cy Faeser, die er in NS-Ver­gle­ichs­man­ier als „Arm­binden-Nan­cy“ tit­uliert, wiewohl ger­ade sein Pub­likum mit den Arm­binden­trägern von 1933 bis 1945 einzelfall­sweise Sym­pa­thien hegt. Aber Schiz­o­phre­nie gehört bekan­nter­maßen zur Grun­dausstat­tung des poli­tis­chen Werk­szeugkof­fers von Recht­sex­tremen: auch, wenn sie sich aktuell zu antifaschis­tis­chen Frieden­stauberln gewan­delt haben wollen, um die Ukraine geistig mitzuent­naz­i­fizieren, aber anson­sten beim Horst-Wes­sel-Lied und der­gle­ichen nasse Hosen vor lauter patri­o­tis­ch­er Erre­gung kriegen.

Wir seien, so Grosz, einge­bet­tet in einem Sprachraum, in einem Kon­ti­nent, „der so müh­sam über die Jahrhun­derte um die Frei­heit gerun­gen hat. So viele Men­schen mussten ihr Leben lassen, weil wir nach Frei­heit und Friede gerufen haben. Der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg …“ Das „Wir“ eröffnet dem AfD-Pub­likum jede Menge Iden­ti­fika­tion­sspiel­raum, irgend­wo zwis­chen der von Grosz eben­falls zitierten Aufk­lärung und dem Nazi-Krieg kann sich prak­tis­cher­weise jede und jed­er im Saal wiederfind­en. Dazu passt bestens ein von der „Pas­sauer neue Presse“ (22.2.23; Pay­wall) zitiert­er Zwis­chen­ruf aus dem AfD-Pub­likum: „Wir wer­den von Juden regiert!“

Auch Grosz klei­det sich milieugemäß als Gele­gen­heitspaz­i­fist und Geg­n­er der Waf­fenin­dus­trie, wenn es um den rus­sis­chen Krieg in der Ukraine geht (in den laut Grosz „der rus­sis­che Bär“ durch Pro­voka­tio­nen der NATO hineingetrieben wurde). Er beruft sich auf seine Erfahrun­gen aus dem Jugoslaw­ienkrieg, als die Kämpfe bis an die öster­re­ichis­che Gren­ze reicht­en: „Das ist nicht lange her, das ist 35 Jahre her“, säuselt er vom Red­ner­pult. Die etwas falsche zeitliche Einord­nung wird dem Pub­likum nicht aufge­fall­en sein.

Gerald Grosz in Lederhose bei der AfD (Screenshot YT AfD Bayern)

Ger­ald Grosz in Leder­hose bei der AfD (Screen­shot YT AfD Bayern)

Zum Schluss gibt der bei Intri­gen erfahrene Ex-FPÖ-BZÖ-Poli­tik­er Grosz der AfD noch mit auf dem Weg, sich doch partei­in­tern geschlossen zu zeigen und nicht ins eigene Nest zu scheißen – „Scheißt’s doch die anderen an!“, fordert er seine Gesin­nungskam­er­aden auf. „Loßt’s jo kan fohrn, weil des is die CO2-Bilanz auch sehr unerträglich und abträglich“, übte sich Grosz mit gebroch­en­em Deutsch zwis­chen­durch auch in Anbiederung an die Kli­mawan­delleugn­er. So gese­hen, hat Grosz am Ascher­mittwoch einiges zu ein­er miesen CO2-Bilanz beige­tra­gen, denn bei ihm stank es wohl aus allen ihm ver­füg­baren Löchern.

➡️ Mit Dreckschleud­ern zum Bun­de­spräsi­dent? – Ger­ald Grosz (Teil 1)
➡️ Ger­ald Grosz (Teil 2): Recht­sex­treme Positionen