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Vom ausgeschlossenen FPÖ-Gemeinderat zum Selfmade-JudenLesezeit: 4 Minuten

Er ist ein alter Bekann­ter, und wir haben über ihn mehr­fach berich­tet. Frü­her war er FPÖ-Gemein­­de­rat, hat gehetzt, stand vor Gericht, wur­de angeb­lich sogar von der FPÖ aus­ge­schlos­sen. Nun spa­ziert er als Sel­f­­ma­­de-Jude durch die Gegend, vor­nehm­lich bei Coro­­na-Demos – inklu­si­ve Juden­stern und Isra­el­flag­ge – und insze­niert sich als Opfer, weil er nach dem Verbotsgesetz […]

12. Mrz 2022

Was den frü­he­ren blau­en Gemein­de­rat von Maria Lan­zen­dorf (NÖ) dazu getrie­ben hat, aus­ge­rech­net zum Juden­tum zu kon­ver­tie­ren, wis­sen wir nicht; an sei­ner grund­sätz­li­chen Hal­tung ist, soweit er sich öffent­lich äußert, aber kei­ne Wand­lung zu bemer­ken. E.B. war 2015, als er nach absto­ßen­den Pos­tings wegen Ver­het­zung ange­zeigt wur­de und mit einer Diver­si­on davon­ge­kom­men ist, auf sei­nem Face­book-Account mit jeder Men­ge Ein­schlä­gi­gen befreun­det, dar­un­ter auch ver­ur­teil­ten Neo­na­zis. Ein Blick auf die aktu­el­len Freun­des­lis­ten sei­ner (min­des­tens) zwei Accounts offen­bart, dass sich dar­an nichts geän­dert hat – wir fin­den beim ers­ten schnel­len Drü­ber­scrol­len wie­der nach dem Ver­bots­ge­setz und Ver­het­zungs­pa­ra­gra­fen Ver­ur­teil­te. Auch inhalt­lich hetzt er unge­bremst wei­ter, sei­ne Feind­bil­der sind die­sel­ben geblie­ben. Ger­ne teilt er auch ande­re Het­zer, sein Schwer­punkt hat sich seit 2020 aber ins Leug­nen der Pan­de­mie und Ver­brei­ten von rechts­extre­mem Ver­schwö­rungs­schrott ver­la­gert. Das setzt sich nun beim Krieg gegen die Ukrai­ne naht­los fort – B. gehört, wie im Ver­schwö­rungs­mi­lieu fast durch­gän­gig üblich, dem Putin-Fan­klub an.

E.B. teilt Rechtsextremistin Monika Donner. "Sehe ich als Jude schon seit Langem so!"
E.B. teilt Rechts­extre­mis­tin Moni­ka Don­ner. „Sehe ich als Jude schon seit Lan­gem so!”

Was treibt also einer, der offen­bar nichts dar­an fin­det, wenn Leu­te etwa den Holo­caust ver­harm­lo­sen, aus­ge­rech­net in der jüdi­schen Com­mu­ni­ty?: Er, der noto­ri­sche Het­zer, macht sich selbst zum Opfer, nach­dem er angeb­lich Anfang 2021 von der Poli­zei wegen des Tra­gens eines Juden­sterns auf einer Coro­na-Demo ange­zeigt wor­den ist. Mit die­ser Sto­ry tritt er etwa beim rechts­extre­men „Wochen­blick“ auf. Dort ant­wor­tet er auf die Fra­ge, ob er jüdi­scher Her­kunft sei, doch glatt: „Ja. Teil­wei­se Halb­ju­de.“ Wie bit­te, ein Jude über­nimmt den Nazi­be­griff „Halb­ju­de“, der in der Ver­nich­tungs­ideo­lo­gie der Nazis Teil der Ent­schei­dung war, wer umge­bracht wer­den soll­te? Und was ist ein „teil­wei­ser Halb­ju­de“? Der Mann gibt die Ant­wort: „Ich habe jüdi­sche Vor­fah­ren von mei­ner Urgroß­mutter her. Ich bin getauft wor­den christ­lich, mei­ne Mut­ter auch noch. Jetzt muss [oder „musst“; SdR] ich wie­der konvertieren.“

Wochenblick mit Beitrag über E.B.
Wochen­blick mit Bei­trag über E.B.

Wann er kon­ver­tiert ist, sei­ne Vor­ge­schich­te, erfah­ren wir nicht, dafür aber, dass bei den Demos „alles ande­re als brau­nes Pack“ dabei sei, „nur net­te Leu­te“. Die Amts­hand­lung der Poli­zei gegen ihn habe jemand foto­gra­fiert, der „auf­fäl­lig” aus­ge­se­hen habe und sich beim Foto­gra­fie­ren wohl sexu­ell erre­gen wür­de, raunt B.. Ob ihm da die eige­ne Fan­ta­sie durch­ge­gan­gen ist? Der „Wochen­blick“ konn­te in dem „auf­fäl­li­gen“ Foto­gra­fen – Über­ra­schung! – einen Anti­fa­schis­ten erken­nen. Bei dem The­ma kommt B. dann rich­tig in Fahrt: Gespeist durch sei­ne lang­jäh­ri­ge Erfah­rung „mit Anti­fa­schis­ten“ wis­se er, dass die das Gegen­teil woll­ten. Er sei sogar als „Scheiss Jude“ titu­liert wor­den, was er bedau­er­li­cher­wei­se aber nicht bele­gen konn­te. Das sei er jedoch schon gewohnt, man müs­se sich „vor den soge­nann­ten Tole­ran­ten und ähn­li­chen Leu­ten mehr in Acht neh­men als vor den soge­nann­ten Rech­ten“. Und dass die Anti­fa bezahlt sei, „von wem auch immer“, meint Schlau­mei­er B., eben­falls raus­ge­kriegt zu haben.

E.B.: "ist mir schon vor vielen Jahren aufgefallen. Vor allem, bei Trotteln, die ihr Geld damit verdienen, indem sie Nazis sehen. Ergo .. fürs Sesselfurzen Geld kassieren."
E.B.: „ist mir schon vor vie­len Jah­ren auf­ge­fal­len. Vor allem, bei Trot­teln, die ihr Geld damit ver­die­nen, indem sie Nazis sehen. Ergo .. fürs Ses­sel­fur­zen Geld kassieren.”

B.s wun­der­sa­me Wand­lung zum „neu­en Juden“ (© Heinz-Chris­ti­an Stra­che), scheint jedoch in der Com­mu­ni­ty wenig Gegen­lie­be aus­ge­löst zu haben, wie Colet­te Schmidt im Stan­dard zu berich­ten weiß. Er

besuch­te eine Zeit­lang eine Wie­ner Syn­ago­ge, deren Gemein­de ihn aber bereits letz­ten Som­mer aus­schloss, weil er auf den Demos – auch im Namen der betref­fen­den Syn­ago­ge – auf­trat, aller­dings ohne Rück­spra­che mit der Gemein­de, wie man dem STANDARD dort bestä­tig­te. Der Sicher­heits­dienst der Syn­ago­ge, die er einst fre­quen­tier­te, wur­de sogar ange­wie­sen, ihn nicht mehr ein­tre­ten zu lassen.

Bleibt B. also nur, sich dort her­um­zu­trei­ben, wo er her­kommt und noch immer hin­ge­hört: im rechts­extre­men Milieu. Als jüdisch titu­lier­tes Fei­gen­blatt hat er dort sei­ne Rol­le gefunden.

FPÖ-Werbung ("Das Kreuz gehört zu unserer Kultur") bei E.B.: "sehe ich auch als Jude so!"
FPÖ-Wer­bung („Das Kreuz gehört zu unse­rer Kul­tur”) bei E.B.: „sehe ich auch als Jude so!”

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