Was den früheren blauen Gemeinderat von Maria Lanzendorf (NÖ) dazu getrieben hat, ausgerechnet zum Judentum zu konvertieren, wissen wir nicht; an seiner grundsätzlichen Haltung ist, soweit er sich öffentlich äußert, aber keine Wandlung zu bemerken. E.B. war 2015, als er nach abstoßenden Postings wegen Verhetzung angezeigt wurde und mit einer Diversion davongekommen ist, auf seinem Facebook-Account mit jeder Menge Einschlägigen befreundet, darunter auch verurteilten Neonazis. Ein Blick auf die aktuellen Freundeslisten seiner (mindestens) zwei Accounts offenbart, dass sich daran nichts geändert hat – wir finden beim ersten schnellen Drüberscrollen wieder nach dem Verbotsgesetz und Verhetzungsparagrafen Verurteilte. Auch inhaltlich hetzt er ungebremst weiter, seine Feindbilder sind dieselben geblieben. Gerne teilt er auch andere Hetzer, sein Schwerpunkt hat sich seit 2020 aber ins Leugnen der Pandemie und Verbreiten von rechtsextremem Verschwörungsschrott verlagert. Das setzt sich nun beim Krieg gegen die Ukraine nahtlos fort – B. gehört, wie im Verschwörungsmilieu fast durchgängig üblich, dem Putin-Fanklub an.
Was treibt also einer, der offenbar nichts daran findet, wenn Leute etwa den Holocaust verharmlosen, ausgerechnet in der jüdischen Community? Er, der notorische Hetzer, macht sich selbst zum Opfer, nachdem er angeblich Anfang 2021 von der Polizei wegen des Tragens eines Judensterns auf einer Corona-Demo angezeigt worden ist. Mit dieser Story tritt er etwa beim rechtsextremen „Wochenblick“ auf. Dort antwortet er auf die Frage, ob er jüdischer Herkunft sei, doch glatt: „Ja. Teilweise Halbjude.“ Wie bitte, ein Jude übernimmt den Nazibegriff „Halbjude“, der in der Vernichtungsideologie der Nazis Teil der Entscheidung war, wer umgebracht werden sollte? Und was ist ein „teilweiser Halbjude“? Der Mann gibt die Antwort: „Ich habe jüdische Vorfahren von meiner Urgroßmutter her. Ich bin getauft worden christlich, meine Mutter auch noch. Jetzt muss [oder „musst“; SdR] ich wieder konvertieren.“
Wann er konvertiert ist, seine Vorgeschichte, erfahren wir nicht, dafür aber, dass bei den Demos „alles andere als braunes Pack“ dabei sei, „nur nette Leute“. Die Amtshandlung der Polizei gegen ihn habe jemand fotografiert, der „auffällig” ausgesehen habe und sich beim Fotografieren wohl sexuell erregen würde, raunt B.. Ob ihm da die eigene Fantasie durchgegangen ist? Der „Wochenblick“ konnte in dem „auffälligen“ Fotografen – Überraschung! – einen Antifaschisten erkennen. Bei dem Thema kommt B. dann richtig in Fahrt: Gespeist durch seine langjährige Erfahrung „mit Antifaschisten“ wisse er, dass die das Gegenteil wollten. Er sei sogar als „Scheiss Jude“ tituliert worden, was er bedauerlicherweise aber nicht belegen konnte. Das sei er jedoch schon gewohnt, man müsse sich „vor den sogenannten Toleranten und ähnlichen Leuten mehr in Acht nehmen als vor den sogenannten Rechten“. Und dass die Antifa bezahlt sei, „von wem auch immer“, meint Schlaumeier B., ebenfalls rausgekriegt zu haben.
B.s wundersame Wandlung zum „neuen Juden“ (© Heinz-Christian Strache), scheint jedoch in der Community wenig Gegenliebe ausgelöst zu haben, wie Colette Schmidt im Standard zu berichten weiß. Er
besuchte eine Zeitlang eine Wiener Synagoge, deren Gemeinde ihn aber bereits letzten Sommer ausschloss, weil er auf den Demos – auch im Namen der betreffenden Synagoge – auftrat, allerdings ohne Rücksprache mit der Gemeinde, wie man dem STANDARD dort bestätigte. Der Sicherheitsdienst der Synagoge, die er einst frequentierte, wurde sogar angewiesen, ihn nicht mehr eintreten zu lassen.
Bleibt B. also nur, sich dort herumzutreiben, wo er herkommt und noch immer hingehört: im rechtsextremen Milieu. Als jüdisch tituliertes Feigenblatt hat er dort seine Rolle gefunden.