Der folgende Text wurde über die „Rechercheplattform zur Identitären Bewegung” als Twitter-Thread veröffentlicht und für diesen Beitrag geringfügig adaptiert.
➡️ Teil 1
In Serbien erscheint das von CasaPound inspirierte Magazin „Zentromag“ auf kyrillisch. Der französische Rechtsterrorist und Neurechte Dominique Venner wird in der serbischen Variante von Zentropa verehrt. Der sich elitär gebende „Club 451“ in Belgrad scheint eine zentrale Struktur zu bieten.
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Apropos „Zentromag“: Das eurofaschistische Magazin der „Zentropa-Familie“ erscheint aktuell nur in Frankreich, Deutschland und Serbien – in Deutschland erst seit diesem Jahr. In der IB-nahen österreichischen „Tagesstimme“ bekennen die Autoren des „Zentromag“: „Es geht um den Erhalt der europäischen Völker.“ Passend zu dieser Tendenz stand das diesjährige Sommerlager der deutschsprachigen Identitären unter dem Motto „Indoeuropa“, an dem auch AfD-Jungpolitiker Patrick Pana aus Hessen teilnahm.
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Die Reise führt weiter in die Ukraine, die sich in den letzten Jahren zum gefeierten Sehnsuchtsort der gesamten extremen Rechten Europas entwickelte. Dies speist sich aus der rechten Dominanz bei den Euromaidan-Protesten, den gesellschaftspolitischen Folgen, sowie dem Donbass-Konflikt. In der Ukraine lassen sich europäische Rechte seit Jahren an Waffen ausbilden. Die ukrainischen Faschisten verfügen über paramilitärische Einheiten (z.B. die „Misanthropic Division“) und offizielle Militäreinheiten („Bataillon Azow“). Zentropa Ukraine feiert die eigene Wohlfühloase offensiv.
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Neben bewaffneten, neofaschistischen Verbänden existieren Magazine wie „Bastion“ und zahlreiche gewaltbereite, militaristische Gruppierungen wie
1. die „Legion Movement“, die sich ebenfalls dem bewaffneten Kampf widmet.
2. die „National Resistance“ verdeutlicht am besten, wie die Identitäre Bewegung europaweit als Franchise dient. Ästhetik, Slogans, Kampfbegriffe werden übernommen. Diese extrem gewaltbereite Gruppierung zeigt, was „Identitäre“ in einem Staat tun, in dem eine rechte Hegemonie herrscht. Auch in diesen Kreisen sind Waffen zugänglich.
3. Die elitäre, neurechte Gruppe „Tradition & Ordnung“ gibt sich als „Konservativ.Traditionell.Europäisch“, versucht weltweit zu expandieren und hat bereits Ableger in Deutschland und Polen. In der Ukraine ist sie als paramilitärisch einzuordnen.
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In Belgien existiert seit 2017 die flämische, identitäre Gruppierung „Schild & Vrienden“ (S&V), die enge Kontakte zur europäischen IB, insbesondere zur Organisation „Citadelle“ von Aurelien Verhassel, pflegt – flämischer Nationalismus verbindet. Die S&V‑Lager wirken ebenfalls wie IB-Kopien. S&V möchte ebenfalls metapolitisch wirken und ist ähnlich wie die IB für die AfD in Deutschland Stimmungsmacher und Vorfeld für den extrem rechten Vlaams Belang. Gewalt spielt in diesen Kreisen ebenso eine Rolle, wie nicht nur die Kampfsportübungen zeigen. Zentrale Figur von S&V ist Wilhelm Priem, der die ukrainischen militanten Faschisten von „Tradition & Ordnung“ gut findet und selbst ein gewaltbereiter Waffennarr und White-Supremacist ist. Der militanten Faschist Priem und S&V‑Kopf unterhält dabei persönlich Kontakte zu Identitären in Frankreich, Casapound und der Partei „Vlaams Belang”.
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In der Schweiz gibt es seit geraumer Zeit die gewaltaffine Neonazigruppe „Junge Tat“, die zuletzt immer mehr Stilelemente und Inhalte der Neuen Rechten übernimmt und sehr aktiv die sozialen Medien bespielt. Ähnlich wie bei der IB ist das Motto „Mehr Schein als Sein“. Kontakte unterhält die „Junge Tat“ zu
1. bekannten, gewaltbereiten Neonazis aus Deutschland (Die Rechte)
2. „Schild & Vrienden“ (gemeinsame Aktion mit Wilhelm Priem „forge.of.dietsland“)
3. Neuen Rechten bzw. Identitären in Deutschland (IB-Schlauchtuch/Zeitschrift „Die Kehre“)
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Die faschistischen Kräfte in Österreich formieren sich um die Identitäre Bewegung, die sich gerade im Umbau befindet und aus der ähnlich wie in zahlreiche regionale Gruppen und Projekte hervorgehen. Eine davon ist die neofaschistische Aktionsgruppe in Wien, die u.a. bei den Corona-Demonstrationen und durch diverse Aktionen auffällt.
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Diese Eurofaschisierung wird professionell multimedial in den sozialen Netzwerken begleitet, wo rassistische und faschistische Ästhetik-Blogs unzählige Kurzvideos, Memes und Grafiken erstellen, um die menschenverachtende Ideologie mythisch und schicksalhaft aufzuladen. Social Media, vor allem Instagram & Telegram, sind für die Eurofaschisten wichtige Orte der Vernetzung, Verbreitung, der gegenseitigen Beeinflussung. Die IB hat mit ihrer offensiven Medienstrategie und von links kopierten Stilelementen Vorbildcharakter in Europa.
Die zunehmende Europa-Fixierung ist per se kein neues Phänomen. Sie findet sich auch bei Henning Eichberg und anderen. Wir attestieren der Entwicklung aber eine zunehmende Quantität, Qualität und und damit auch eine zunehmende Bedeutung für die junge Rechte in Europa. Dabei verwenden die Eurofaschisten Kampfbegriffe der Neuen Rechten wie „Identität“ und „Ethnopluralismus“. Auch Agitation & Strategie werden übernommen. Weniger Parteipolitik, mehr Metapolitik, mehr Bewegung. Medienprofis sorgen für gute Außendarstellung. Der alte Kern bleibt dabei erhalten.
Dieser Text gibt dabei nur einen sehr oberflächlichen und unvollständigen Überblick über den aufkeimenden Faschismus in Europa. Eurofaschisten vernetzen, professionalisieren und bewaffnen sich – und verfügen in Osteuropa und Russland über einflussreiche und finanzstarke Gönner.
➡️ Die Eurofaschisten – ein Überblick (Teil 1)
Literatur, Videos und Artikel:
➡️ „Nation Europa” – Eurofaschismus 1945–1970 (2015) hier erhältlich
➡️ Heiko Koch: Casa Pound Italia (2013) hier erhältlich
➡️ Alexander Häusler/Michael Fehrenschild: Faschismus in Geschichte und Gegenwart Ein vergleichender Überblick zur Tauglichkeit eines umstrittenen Begriffs (2020) Download hier
➡️ Die Zeit (10. Februar 2021): Die braune Internationale (zum Artikel; Paywall)
➡️ Merkur (5.8.2019): Eurofaschismus – Wer gegen ihn ist, könnte für ihn sein (zum Artikel)
Roger Griffin: Faschismus hat eine existentielle Dimension (Rosa-Luxemburg-Stiftung 2019, 9’53“)
Die alte Neue Rechte (arte 2021, 57’26“)
„Generation Hate“ (Al Jazeera English 2018)
Im Dezember 2018 veröffentlichte Al Jazeera eine Reportage über Génération Identitaire. Durch einen Mitarbeiter, der als vorgeblicher Sympathisant Zugang zu einem Treffpunkt der Gruppe in Lille bekommen hatte, wurden Mitglieder der Gruppe mit versteckter Kamera dabei gefilmt, wie sie sich brüsteten, Moslems verprügelt zu haben, den Hitlergruß machten und rassistische Aussagen tätigten. Auch ein Angriff auf eine offenbar arabischstämmige Frau wurde gefilmt. Außerdem konnten zahlreiche persönliche Kontakte der Gruppe zu hochrangigen Mitarbeitern und Beratern der rechten Partei Rassemblement National nachgewiesen werden. (Wikipedia)
Teil 1 (50′43″)
Teil 2 (49′39″)