Die FPÖ & Stefan Magnet: eine angepatzte Liaison

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Wenn der rechts­extre­me Wochen­blick aus­rückt und von „schmut­zi­gen Sil­ber­stein-Metho­den“ fabu­liert, dann ist meist die FPÖ in der Nähe. Am 16. Sep­tem­ber war es wie­der so weit. Der Grund: Emails, die uns zuge­spielt wur­den und die zei­gen, dass die FPÖ Ober­ös­ter­reich eng mit Ste­fan Magnets Agen­tur „Medi­en­lo­gis­tik“ koope­riert – mehr als sie das bis­lang zuge­ben woll­te. Kein Wun­der: Magnet ist auf­grund sei­ner poli­ti­schen Vor­ge­schich­te im Neo­na­zi-Milieu nach außen hin zum Schmud­del­kind für eine Par­tei gewor­den, die sich wei­ter als regie­rungs­fä­hig prä­sen­tie­ren will.

Es klingt ange­sichts des im Wahl­kampf ein­ge­schla­ge­nen Kur­ses von Haim­buch­ners FPÖ und den Auf­trit­ten von Her­bert Kickl an der Sei­te des blau­en Vize-Lan­des­haupt­manns – die Wie­ner Zei­tung spricht von einer „Lie­bes­er­klä­rung an Kickl“ – schon fast hilf­los, wenn der ober­ös­ter­rei­chi­sche ÖVP-Lan­des­haupt­mann Stel­zer man­tra­ar­tig betont, dass sein Koali­ti­ons­part­ner, die Lan­des-FPÖ unter Man­fred Haim­buch­ner, anders sei als die Kickl-FPÖ im Bund. Mit einer ‚Kickl-FPÖ‘ wer­de es zwar nicht gehen, die ober­ös­ter­rei­chi­schen Blau­en, sein der­zei­ti­ger Part­ner, sei­en aber ‚eine ande­re FPÖ‘“, ließ er die Öffent­lich­keit über die APA wis­sen. Sein Lan­des­ge­schäfts­füh­rer Wolf­gang Hatt­manns­dor­fer blies ins sel­be Horn: „Für einen Kurs der Het­zer und Spal­ter ist kein Platz. Ober­ös­ter­reich ist Kickl-freie Zone.” (wienerzeitung.at, 9.9.21)

Anders, als es die ÖVP in der Außen­sicht ger­ne haben wür­de, ist sich die ober­ös­ter­rei­chi­sche FPÖ auch in der feh­len­den Abgren­zung zum rechts­extre­men Spek­trum durch­aus treu geblie­ben. Die enge Koope­ra­ti­on mit dem Ex-Füh­rungs­ka­der des neo­na­zis­ti­schen BFJ, Ste­fan Magnet, und sei­ner Agen­tur „Medi­en­lo­gis­tik“ ist dafür ein Zeugnis.

Die gele­ak­ten Mails

zei­gen, dass Magnets Agen­tur, die Medi­en­lo­gis­tik, seit spä­tes­tens Mai 2019 mit der FPÖ Ober­ös­ter­reich zusam­men­ar­bei­tet. Die Wer­be­agen­tur betreut Face­book-Fan­pages der FPÖ-Lan­des­rä­te in Ober­ös­ter­reich – und pro­du­ziert pro­fes­sio­nel­le Wahl­kampf­vi­de­os für die blaue Lan­des­par­tei. Etwa für den Natio­nal­rats­wahl­kampf 2019.

In einem Mail­ver­kehr tau­schen sich Mit­ar­bei­ter der Lan­des­par­tei, der blau­en Lan­des­rä­te und der Medi­en­lo­gis­tik dar­über aus, wel­che Adres­sen am bes­ten ins Impres­sum der Face­book-Sei­ten der blau­en Lan­des­rä­te zu schrei­ben sind. Es soll recht­lich sau­ber sein, die Nen­nung der Pri­vat­adres­sen der FPÖ-Poli­ti­ker soll – ver­ständ­li­cher­wei­se – ver­mie­den wer­den. Ein Lan­des­rats­mit­ar­bei­ter ist dage­gen, dass die Lan­des­rä­te per­sön­lich im Impres­sum ste­hen und für die Inhal­te haf­ten: „Für die Medi­en wäre das ein gefun­de­nes Fres­sen“, schreibt er an die Run­de. Schließ­lich kön­ne es dem Sei­ten­in­ha­ber pas­sie­ren, dass er wegen het­ze­ri­scher User-Kom­men­ta­re vor Gericht erschei­nen müs­se. (profil.at, 18.9.21)

 

Podgorschek, Küssel, Magnet, Budin beim Palm-Gedenken 2006 Braunau

Ste­fan Magnet zwi­schen Gott­fried Küs­sel und Felix Budin, davor Elmar Pod­gor­schek – beim Palm-Geden­ken 2006 in Braunau

Pikant ist eben­falls, wer der Ansprech­part­ner aus der „Medi­en­lo­gis­tik“ für die blau­en Par­tei­mit­ar­bei­ter war: just jener And­re T., der 2011 vom dama­li­gen stei­ri­schen FPÖ-Chef Ger­hard Kurz­mann coram publi­co wäh­rend eines Bezirks­par­tei­tags des Saals ver­wie­sen und aus der FPÖ gewor­fen wurde.

„Er hat ver­sucht, uns Leu­te in die Par­tei zu brin­gen, die wir nicht brau­chen, die uns rui­nie­ren. Er hat sich mit Kräf­ten ver­bün­det, die anti­de­mo­kra­ti­sche Zie­le ver­fol­gen. Ich las­se mir nicht sagen, dass wir uns dage­gen nicht abgren­zen. Ich las­se mir durch sol­che Leu­te nicht die Repu­ta­ti­on der Par­tei beschä­di­gen“ (Klei­ne Zei­tung, 4.12.2011), begrün­de­te Kurz­mann sei­ne Ent­schei­dung. Kurz­mann, der als Rechts­aus­le­ger inner­halb der FPÖ gegol­ten hat­te, war zu viel, dass T. offen­bar ver­sucht hat­te, Neo­na­zis für die Par­tei anzuwerben.

T. war dann ein nur weni­ge Tage wäh­ren­des Gast­spiel als par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter von Mar­tin Graf beschie­den. Er kün­dig­te selbst, wie es damals offi­zi­ell gehei­ßen hat­te. Bei Magnet fand der aus der FPÖ uneh­ren­haft geschass­te T. schließ­lich Unter­schlupf und hat­te vom 4.6.19 bis Ende August 2020 sogar die Pro­ku­ra der Medi­en­lo­gis­tik über. Was das Ende die­ser Funk­ti­on her­bei­führ­te und mit T. danach pas­sier­te, ist nicht bekannt.

Die ober­ös­ter­rei­chi­sche FPÖ reagier­te nun auf die Fra­gen des pro­fil zu den Mailin­hal­ten äußerst gereizt und kon­stru­ier­te über den rechts­extre­men Wochen­blick eine gro­ße Ver­schwö­rungs­ge­schich­te, in der insi­nu­iert wird, dass ein gro­ßer Daten­hack statt­ge­fun­den habe und fragt schein­be­sorgt: „Sind noch wei­te­re E‑Mail-Accounts von ande­ren Land­tags­klubs betrof­fen? Die­se ban­ge Fra­ge stel­len sich der­zeit Mit­ar­bei­ter ande­rer Klubs.“

Wenn nun Magnet auf sei­nem Tele­gram­ka­nal im milieu­ty­pi­schen Ton beklagt, „den Sys­tem­scher­gen [sei] nichts zu erbärm­lich, um die Oppo­si­ti­on anzu­pat­zen: Jetzt wer­den schon Emails der Lan­des­re­gie­rung gehackt, um eine Ver­bin­dung zwi­schen mir und der FPÖ her­zu­stel­len. Schä­big und kri­mi­nell … aber natür­lich nicht ver­wun­der­lich, kennt man die ‚fei­ne Gesell­schaft’, die sich dadurch die Plät­ze an den Trö­gen sichern will“, dann wagt er sich nicht nur weit nach vor­ne, son­dern liegt vor allem extrem dane­ben. Woher weiß Magnet, dass Mails gehackt und nicht ein­fach raus­ge­spielt wur­den? Weil es im Wochen­blick steht? Die FPÖ in der Lan­des­re­gie­rung, die ja nach Magnets Dik­ti­on „an den Trö­gen“ sitzt, als „Oppo­si­ti­on“ zu bezeich­nen, die von „Sys­tem­scher­gen“ ange­patzt wer­de, passt zwar bes­tens zur belieb­ten Opfer­in­sze­nie­rung von Rechts­extre­men, erreicht hier jedoch eine schnell nach­weis­ba­re absur­de Dimen­si­on. Auch kuri­os ist, wenn aus­ge­rech­net Magnet es als „anpat­zen“ bezeich­net, wenn der FPÖ eine Nähe zu ihm nach­ge­sagt wird. Denn damit patzt sich Magnet letzt­lich selbst an.

Stefan Magnet auf Telegram (16.9.21)

Ste­fan Magnet auf Tele­gram (16.9.21)

➡️ pro­fil: Mails bele­gen: FPÖ arbei­te­te eng mit Agen­tur eines Rechts­extre­men zusammen

➡️ zu Ste­fan Magnets Inter­net-TV: Wer steckt hin­ter AUF1-TV? Teil 1: Brau­ner Untergrund
➡️ Haim­buch­ners Nar­ren­saum und sein rechts­extre­mer Magnet