Das HGM und sein Direktor auf dem Prüfstand (Teil 2)

Eine nun als „bege­hbares Depot“ qua­si herun­tergestufte Panz­er­ausstel­lung­shalle, die nicht die dafür erforder­liche Bewil­li­gung hat­te und offen­bar auch die ver­langten Sicher­heits­stan­dards nicht aufwies – das ist nur ein­er von zahlre­ichen Vor­wür­fen, mit denen der Direk­tor des Heeres­geschichtlichen Muse­ums (HGM) kon­fron­tiert ist. Und was macht die zuständi­ge Min­is­terin? Sie mauert, zumin­d­est nach außen.

Freilich, so klar hat es Vertei­di­gungsmin­is­terin in ihrer Beant­wor­tung der Anfrage der Grü­nen Nation­al­ratsab­ge­ord­neten Eva Blim­linger nicht aus­ge­drückt. Tan­ner ver­suchte zu ret­ten, was mut­maßlich nicht mehr zu ret­ten ist. Auf Blim­lingers glasklare Frage „Lagen für die Halle [gemeint ist die Panz­er­ausstel­lung­shalle im HGM; Anmk. SdR] ab Beginn der Öff­nung alle erforder­lichen Genehmi­gun­gen vor?“ gab’s die Antwort:

Zunächst ist zu beacht­en, dass die Panz­er­halle in der ersten Aus­baustufe lediglich als ‚bege­hbares Depot’ fungiert hat und auch nur eingeschränkt besichtig­bar war. Für den Voll­be­trieb sind ger­ingfügige Umbau­maß­nah­men (Errich­tung von Brand­schutz­ab­schnit­ten und bar­ri­ere­freie WC-Anla­gen) zur Erwirkung ein­er baube­hördlichen Wid­mung als Ausstel­lung­shalle erforderlich.

Die Panz­er­halle wurde im Mai 2017 mit ein­er pom­pösen Fes­tiv­ität eröffnet und dort von Direk­tor Ort­ner im Konzept als „bege­hbares Depot“ beze­ich­net. Die erste Aus­baustufe bezog sich, so stellte es Ort­ner selb­st dar, auf die Anzahl der besichtig­baren Objek­te und auf das schrit­tweise zu erweit­ernde Ausstellungsareal.

Video der Eröffnung der Panzerhalle als Ausstellungort (Screenshot YouTube)

Video der Eröff­nung der Panz­er­halle als Ausstel­lun­gort (Screen­shot YouTube)

Die Halle war bis zur Schließung im Herb­st 2019 für Besucher*innen Sam­stags und Son­ntags besichtig­bar – uneingeschränkt mit und ohne Führung. Auf der Web­site des HGM heißt es auch dementsprechend:

Seit dem Jahr 2017 ver­fügt das Heeres­geschichtliche Muse­um über eine Ausstel­lung welche sich der Entwick­lung von gepanz­erten Kampf- und Gefechts­fahrzeu­gen wid­met. (…) Den Beginn der Ausstel­lung markiert die Erfindungsleistung …

Panzerhalle auf der Website des HGM

Panz­er­halle auf der Web­site des HGM

Also „Ausstel­lung“ und nicht bloß Depot. Wir fassen zusam­men: In die Halle wur­den über zwei Jahre lang Besucher*innen gelotst, obwohl es dafür offen­bar wed­er die erforder­liche Bewil­li­gung noch die notwendi­gen Sicher­heitsvor­rich­tun­gen gegeben hat.

NS-Mem­o­ra­bi­la und Wehrmachtssouvenirs

Fest die Augen ver­schließen, hieß es auch bei der Frage nach NS-Devo­tion­alien, die im Zuge der mehrtägi­gen Ver­anstal­tung „Auf Ket­ten und Rädern“ auffind­bar waren. Hier lautete Tan­ners Antwort:

Festzuhal­ten ist, dass bei der Ver­anstal­tung im Jahr 2019 keine Gegen­stände verkauft wur­den, die dem Ver­bots­ge­setz, dem Abze­ichenge­setz oder dem Sym­bole-Gesetz unter­liegen, und die Ver­anstal­tung an allen Ver­anstal­tungsta­gen durch Sicher­heit­sor­gane der Lan­despolizei­di­rek­tion Wien inspiziert wor­den war.

Wir haben die Schau an zwei Tagen im let­zten Jahr besucht und fotografiert. Dass NS-Mem­o­ra­bi­la neben Wehrma­chtssou­venirs zum Verkauf standen, ist zweifels­frei beleg­bar. Ob die in der Anfrage­beant­wor­tung getrof­fene Ein­schätzung stimmt, es sei beim Verkauf nicht gegen gel­tende Geset­ze ver­stoßen wor­den, wäre juris­tisch zu klären. Wir sind uns jeden­falls nicht so sich­er, wie es die Vertei­di­gungsmin­is­terin zu sein scheint.

T-Shirt zum Verkauf: "Legenden sterben nicht – Deutsche Wehrmacht" (© SdR)

T‑Shirt zum Verkauf: „Leg­en­den ster­ben nicht – Deutsche Wehrma­cht” (© SdR)

Es bleibt in jedem Fall festzuhal­ten, dass das HGM let­ztlich in Per­son des Direk­tors die Ver­ant­wor­tung dafür trägt, wenn ein Staatsmu­se­um, das eigentlich his­torische Aufk­lärungsar­beit zu leis­ten hätte, für Ewiggestrige zum Anziehungspunkt wird, weil es ein ein­schlägiges Ange­bot macht. Jedoch: Die Min­is­terin verkün­det, dass bei kün­fti­gen Ver­anstal­tun­gen, „von Flohmark­t­stän­den (…) Abstand genom­men“ werde. Immer­hin eine Art von Ein­sicht, wenn auch nur indi­rekt zum Aus­druck gebracht.

Toi­let­tengänge für die Erfol­gserzäh­lung des HGM-Direktors

Richtigge­hend emo­tion­al fiel die min­is­terielle Antwort auf die Frage nach ein­er möglichen Manip­u­la­tion der Besucher*innenzahlen aus:

Eine der­ar­tige Unter­stel­lung weise ich entsch­ieden zurück. Es liegen kein­er­lei Hin­weise auf etwaige Manip­u­la­tio­nen der Besucherzahlen vor. Die Zahlen wer­den darüber hin­aus in den entsprechen­den Jahres­bericht­en des Muse­ums veröf­fentlicht und damit trans­par­ent gemacht. 

Eine sim­ple Anführung von Zahlen in einem Jahres­bericht ist jedoch noch lange kein Beleg für deren Richtigkeit! Trans­par­ent wäre es zu erwäh­nen, wie die bekan­nt­gegebe­nen Zahlen zus­tande gekom­men sind.

Beispiele gefäl­lig? Die Besucher*innen von Außen­ver­anstal­tun­gen – wie etwa des jährlich stat­tfind­en­den Advent­mark­tes – müssen, wenn sie aufs WC gehen, das Drehkreuz des HGM passieren. Entschwindet jemand mehrfach ins stille Örtchen, was ja dur­chaus vorkom­men soll, wer­den diese Per­so­n­en auch mehrfach gezählt. Kurzum: Jed­er WC-Gang erhöht die Anzahl der Besucher*innen des HGM und damit die Erfol­gserzäh­lung seines Direktors.

Auch Schulen tra­gen dazu bei, je größer, desto mehr. Wie das geht? Das HGM bietet für Schulen kleine Wan­der­ausstel­lun­gen an. Es werde, so bericht­en uns Insid­er, die Gesam­tan­zahl der Schüler*innen und Lehren­den der Schule der Besuchssta­tis­tik des HGM hinzuge­fügt – völ­lig unab­hängig davon, ob jemand die Wan­der­ausstel­lung besichtigt hat oder nicht.

Die Panz­er­fre­unde in Zwölfaxing

Auch weit­ere Punk­te, die in der par­la­men­tarischen Anfrage the­ma­tisiert wur­den, wie beispiel­sweise die Vorgänge in der HGM-Depen­dance in Zwöl­fax­ing, wo laut Min­is­terin der Prüfvor­gang um von Panz­er­lieb­habern ange­blich „auf ver­schlun­genen Wegen“ (Fal­ter, 47/19, 20.11.19) in den pri­vat­en Gebrauch überge­führtes (aus­ge­mustertes) Kriegs­ma­te­r­i­al noch im Gange sei, bedürften weit­er­er Nach­fra­gen: etwa, ob das Kriegs­ma­te­r­i­al im pri­vat­en Gebrauch verblieben ist und weit­er in Zwöl­fax­ing gelagert blieben– falls ja, auf welch­er Rechtsgrundlage?

Der für Anfang dieses Jahres erwartete Rohbericht des Rech­nung­shofes, sei, so Min­is­terin Tan­ner, noch nicht da. Der Posten der HGM-Direk­tion soll in Bälde neu aus­geschrieben wer­den. Wir sind ges­pan­nt, was in der Causa HGM noch kom­men wird.

➡️ Das HGM und sein Direk­tor auf dem Prüf­s­tand (Teil 1)