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Das HGM und sein Direktor auf dem Prüfstand (Teil 2)

Eine nun als „begeh­ba­res Depot“ qua­si her­un­ter­ge­stuf­te Pan­zer­aus­stel­lungs­hal­le, die nicht die dafür erfor­der­li­che Bewil­li­gung hat­te und offen­bar auch die ver­lang­ten Sicher­heits­stan­dards nicht auf­wies – das ist nur einer von zahl­rei­chen Vor­wür­fen, mit denen der Direk­tor des Hee­res­ge­schicht­li­chen Muse­ums (HGM) kon­fron­tiert ist. Und was macht die zustän­di­ge Minis­te­rin? Sie mau­ert, zumin­dest nach außen. Frei­lich, so klar hat […]

24. Apr 2020
Christian Ortner in der Feldherrnhalle des HGM (Quelle Screenshot HGM)
Christian Ortner in der Feldherrnhalle des HGM (Quelle Screenshot HGM)

Frei­lich, so klar hat es Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin in ihrer Beant­wor­tung der Anfra­ge der Grü­nen Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten Eva Blim­lin­ger nicht aus­ge­drückt. Tan­ner ver­such­te zu ret­ten, was mut­maß­lich nicht mehr zu ret­ten ist. Auf Blim­lin­gers glas­kla­re Fra­ge „Lagen für die Hal­le [gemeint ist die Pan­zer­aus­stel­lungs­hal­le im HGM; Anmk. SdR] ab Beginn der Öff­nung alle erfor­der­li­chen Geneh­mi­gun­gen vor?“ gab’s die Antwort:

Zunächst ist zu beach­ten, dass die Pan­zer­hal­le in der ers­ten Aus­bau­stu­fe ledig­lich als ‚begeh­ba­res Depot’ fun­giert hat und auch nur ein­ge­schränkt besich­tig­bar war. Für den Voll­be­trieb sind gering­fü­gi­ge Umbau­maß­nah­men (Errich­tung von Brand­schutz­ab­schnit­ten und bar­rie­re­freie WC-Anla­gen) zur Erwir­kung einer bau­be­hörd­li­chen Wid­mung als Aus­stel­lungs­hal­le erforderlich.

Die Pan­zer­hal­le wur­de im Mai 2017 mit einer pom­pö­sen Fes­ti­vi­tät eröff­net und dort von Direk­tor Ort­ner im Kon­zept als „begeh­ba­res Depot“ bezeich­net. Die ers­te Aus­bau­stu­fe bezog sich, so stell­te es Ort­ner selbst dar, auf die Anzahl der besich­tig­ba­ren Objek­te und auf das schritt­wei­se zu erwei­tern­de Ausstellungsareal.

Video der Eröffnung der Panzerhalle als Ausstellungort (Screenshot YouTube)
Video der Eröff­nung der Pan­zer­hal­le als Aus­stel­lung­ort (Screen­shot You­Tube)

Die Hal­le war bis zur Schlie­ßung im Herbst 2019 für Besucher*innen Sams­tags und Sonn­tags besich­tig­bar – unein­ge­schränkt mit und ohne Füh­rung. Auf der Web­site des HGM heißt es auch dementsprechend:

Seit dem Jahr 2017 ver­fügt das Hee­res­ge­schicht­li­che Muse­um über eine Aus­stel­lung wel­che sich der Ent­wick­lung von gepan­zer­ten Kampf- und Gefechts­fahr­zeu­gen wid­met. (…) Den Beginn der Aus­stel­lung mar­kiert die Erfindungsleistung …

Panzerhalle auf der Website des HGM
Pan­zer­hal­le auf der Web­site des HGM

Also „Aus­stel­lung“ und nicht bloß Depot. Wir fas­sen zusam­men: In die Hal­le wur­den über zwei Jah­re lang Besucher*innen gelotst, obwohl es dafür offen­bar weder die erfor­der­li­che Bewil­li­gung noch die not­wen­di­gen Sicher­heits­vor­rich­tun­gen gege­ben hat.

NS-Memo­ra­bi­la und Wehrmachtssouvenirs

Fest die Augen ver­schlie­ßen, hieß es auch bei der Fra­ge nach NS-Devo­tio­na­li­en, die im Zuge der mehr­tä­gi­gen Ver­an­stal­tung „Auf Ket­ten und Rädern“ auf­find­bar waren. Hier lau­te­te Tan­ners Antwort:

Fest­zu­hal­ten ist, dass bei der Ver­an­stal­tung im Jahr 2019 kei­ne Gegen­stän­de ver­kauft wur­den, die dem Ver­bots­ge­setz, dem Abzei­chen­ge­setz oder dem Sym­bo­le-Gesetz unter­lie­gen, und die Ver­an­stal­tung an allen Ver­an­stal­tungs­ta­gen durch Sicher­heits­or­ga­ne der Lan­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Wien inspi­ziert wor­den war.

Wir haben die Schau an zwei Tagen im letz­ten Jahr besucht und foto­gra­fiert. Dass NS-Memo­ra­bi­la neben Wehr­machts­sou­ve­nirs zum Ver­kauf stan­den, ist zwei­fels­frei beleg­bar. Ob die in der Anfra­ge­be­ant­wor­tung getrof­fe­ne Ein­schät­zung stimmt, es sei beim Ver­kauf nicht gegen gel­ten­de Geset­ze ver­sto­ßen wor­den, wäre juris­tisch zu klä­ren. Wir sind uns jeden­falls nicht so sicher, wie es die Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin zu sein scheint.

T-Shirt zum Verkauf: "Legenden sterben nicht – Deutsche Wehrmacht" (© SdR)
T‑Shirt zum Ver­kauf: „Legen­den ster­ben nicht – Deut­sche Wehr­macht” (© SdR)

Es bleibt in jedem Fall fest­zu­hal­ten, dass das HGM letzt­lich in Per­son des Direk­tors die Ver­ant­wor­tung dafür trägt, wenn ein Staats­mu­se­um, das eigent­lich his­to­ri­sche Auf­klä­rungs­ar­beit zu leis­ten hät­te, für Ewig­gest­ri­ge zum Anzie­hungs­punkt wird, weil es ein ein­schlä­gi­ges Ange­bot macht. Jedoch: Die Minis­te­rin ver­kün­det, dass bei künf­ti­gen Ver­an­stal­tun­gen, „von Floh­markt­stän­den (…) Abstand genom­men“ wer­de. Immer­hin eine Art von Ein­sicht, wenn auch nur indi­rekt zum Aus­druck gebracht.

Toi­let­ten­gän­ge für die Erfolgs­er­zäh­lung des HGM-Direktors

Rich­tig­ge­hend emo­tio­nal fiel die minis­te­ri­el­le Ant­wort auf die Fra­ge nach einer mög­li­chen Mani­pu­la­ti­on der Besucher*innenzahlen aus:

Eine der­ar­ti­ge Unter­stel­lung wei­se ich ent­schie­den zurück. Es lie­gen kei­ner­lei Hin­wei­se auf etwa­ige Mani­pu­la­tio­nen der Besu­cher­zah­len vor. Die Zah­len wer­den dar­über hin­aus in den ent­spre­chen­den Jah­res­be­rich­ten des Muse­ums ver­öf­fent­licht und damit trans­pa­rent gemacht. 

Eine simp­le Anfüh­rung von Zah­len in einem Jah­res­be­richt ist jedoch noch lan­ge kein Beleg für deren Rich­tig­keit! Trans­pa­rent wäre es zu erwäh­nen, wie die bekannt­ge­ge­be­nen Zah­len zustan­de gekom­men sind.

Bei­spie­le gefäl­lig? Die Besucher*innen von Außen­ver­an­stal­tun­gen – wie etwa des jähr­lich statt­fin­den­den Advent­mark­tes – müs­sen, wenn sie aufs WC gehen, das Dreh­kreuz des HGM pas­sie­ren. Ent­schwin­det jemand mehr­fach ins stil­le Ört­chen, was ja durch­aus vor­kom­men soll, wer­den die­se Per­so­nen auch mehr­fach gezählt. Kurz­um: Jeder WC-Gang erhöht die Anzahl der Besucher*innen des HGM und damit die Erfolgs­er­zäh­lung sei­nes Direktors.

Auch Schu­len tra­gen dazu bei, je grö­ßer, des­to mehr. Wie das geht? Das HGM bie­tet für Schu­len klei­ne Wan­der­aus­stel­lun­gen an. Es wer­de, so berich­ten uns Insi­der, die Gesamt­an­zahl der Schüler*innen und Leh­ren­den der Schu­le der Besuchs­sta­tis­tik des HGM hin­zu­ge­fügt – völ­lig unab­hän­gig davon, ob jemand die Wan­der­aus­stel­lung besich­tigt hat oder nicht.

Die Pan­zer­freun­de in Zwölfaxing

Auch wei­te­re Punk­te, die in der par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge the­ma­ti­siert wur­den, wie bei­spiels­wei­se die Vor­gän­ge in der HGM-Depen­dance in Zwölfa­xing, wo laut Minis­te­rin der Prüf­vor­gang um von Pan­zer­lieb­ha­bern angeb­lich „auf ver­schlun­ge­nen Wegen“ (Fal­ter, 47/19, 20.11.19) in den pri­va­ten Gebrauch über­ge­führ­tes (aus­ge­mus­ter­tes) Kriegs­ma­te­ri­al noch im Gan­ge sei, bedürf­ten wei­te­rer Nach­fra­gen: etwa, ob das Kriegs­ma­te­ri­al im pri­va­ten Gebrauch ver­blie­ben ist und wei­ter in Zwölfa­xing gela­gert blie­ben– falls ja, auf wel­cher Rechtsgrundlage?

Der für Anfang die­ses Jah­res erwar­te­te Roh­be­richt des Rech­nungs­ho­fes, sei, so Minis­te­rin Tan­ner, noch nicht da. Der Pos­ten der HGM-Direk­ti­on soll in Bäl­de neu aus­ge­schrie­ben wer­den. Wir sind gespannt, was in der Cau­sa HGM noch kom­men wird.

➡️ Das HGM und sein Direk­tor auf dem Prüf­stand (Teil 1)