„Der APA-OnlineManager (AOM) ist die zentrale Informations- und Rechercheplattform für Journalistinnen und Entscheidungsträger.“ So die Produktbeschreibung auf der APA-Website. (1) Tatsächlich handelt es sich bei dem APA-Onlinemanager (AOM) um die größte Medien- und Fachdatenbank in Österreich. Die Zielgruppe ist weniger der/die herkömmliche MedienkonsumentIn, sondern vielmehr professionelle JournalistInnen – oder „Informationsprofis“, wie es auf der Website heißt. Die Bedeutung dieser Quelle kann für den österreichischen Journalismus kaum hoch genug eingeschätzt werden.
Alles da
Wenn man im AOM nach bestimmten Schlagworten sucht, erhält man eine Liste mit Links zu Treffern aus Print- und ca. 3.000 Online-Medien. Diese Liste erscheint ohne weitere Angaben oder inhaltliche Einschätzungen zu den verlinkten Quellen; d.h. also Tageszeitungen und seriöse Online-Projekte werden eventuell unkommentiert und direkt mit rechtsextremen Desinformationsprojekten aufgelistet. Auch identitäre Medien finden sich darunter.
Wir haben in der letzte Woche, am 7. Dezember, via Twitter darauf aufmerksam gemacht: „Dass im APA-Onlinemanager nun auch schon identitäre Medien aufgenommen wurden, geht eigentlich gar nicht. Die ‚Tagesstimme’ ist ein Produkt der Identitären, der ‚Wochenblick’ zumindest identitären-nahe.“
Dass im APA-Onlinemanager nun auch schon identitäre Medien aufgenommen wurden, geht eigentlich gar nicht. Die „Tagesstimme“ ist ein Produkt der Identitären, der „Wochenblick“ zumindest identitären-nahe.@APAInnenpolitik pic.twitter.com/f9o7KRQjC6
— stopptdierechten.at (@stopptrechte) 7. Dezember 2019
Der APA-Chefredaketeur Johannes Bruckenberger hat darauf noch am selben Tag via Twitter geantwortet.
Der Hinweis, man wende sich mit dem AOM an „professionelle Zielgruppen“, für die es relevant sei, „auch in solchen Quellen recherchieren zu können“, leuchtet ein. Schließlich betrifft dies auch unsere eigene Arbeit. Aber die Sache ist leider deutlich komplexer als sie auf den ersten Blick erscheint.
Unverdächtiger Look
Suchen wir mit Begriffen nach Artikeln, werden ähnlich wie bei Google oder anderen Suchmaschinen die entsprechenden Treffer gelistet. Da können nun unter vielen anderen Medien auch Treffer zu diversen rechtsextremen Publikationen dabei sein. Beispielsweise das identitäre Medienprojekt „Tagesstimme“, das im Kostüm einer Online-Tageszeitung daherkommt. Die wenigsten JournalistInnen werden nun wissen, wer hinter der „Tagesstimme“ steckt. Mehr noch: Es gehört wesentlich zur Medien-Strategie der Identitären, seriösen Journalismus zu imitieren, um völkische Inhalte zu normalisieren bzw. in einer unverdächtigen Aufmachung im politisch-medialen Diskurs zu platzieren.
Was die Problematik erhöht: Rechtsextreme Medien verdienen mitunter Geld durch Einnahmen aus Online-Werbung und haben somit ein finanzielles Interesse, möglichst viele Klicks zu generieren. Mit jedem Klick aus dem AOM verdient etwa die „Tagesstimme“. Um es mit der nötigen Drastik zu formulieren: Das Aufrufen solcher Websites bringt potenziell Gruppierungen Geld ein, die – wie die Identitären – die ideologische Basis für Rechtsterroristen liefern. Wenn wir über ein rechtsextremes Online-Medium berichten, setzen wir in unseren Artikel daher nie Links zur Quellen-Website.
Natürlich ist es für JournalistInnen, die zum Thema Rechtsextremismus recherchieren, unerlässlich, die entsprechenden Websites aufzurufen, aber dazu benötigt niemand den AOM. Bei der AOM-Recherche besteht die permanente Gefahr, auch unabsichtlich auf einen solchen Link zu klicken und somit einer rechtsextremen Website einen Gefallen zu tun. Viele der Headlines lesen sich ja völlig harmlos.
Der APA-Onlinemanager enthält neben der identitären „Tagesstimme“ noch zahlreiche weitere rechtsextreme und Identitären-nahe Websites. Dabei sind „Info-Direkt“, das laut DÖW „die Grenze zum Neonazismus aus[lotet]“ und der „Wochenblick“, der nicht nur (ehemalige?) identitäre Kader als Redakture an Bord hat, sondern mit Norbert Geroldinger auch einen Geschäftsführer, der schon mal dem Neonazi Franz Radl zu dessen Verhandlung wegen Wiederbetätigung ein herzliches „Alles Gute und Daumen hoch !“ zukommen hat lassen.
Es geht sogar noch schlimmer: Der AOM enthält auch das „Contra Magazin“. Bei diesem Online-Medium besteht das Tagesgeschäft aus rechten Verschwörungstheorien mitsamt codiertem Antisemitismus, Versatzstücken der „Trutherszene“ und prorussischer Propaganda; das Niveau ist unterirdisch, die Website ist als Desinformationsprojekt einzustufen (2).
Gatekeeper APA?
Die APA leistet mit der Aufnahme solcher Fakenews-Schleudern auch einen fragwürdigen Beitrag zu der virulenten und notwendigen Debatte darüber, was als seriöse Medienarbeit gilt und was nicht. Selbst wenn die AOM-Datenbank jede Bestimmung bezüglich der Qualität der gelisteten Medien unterlässt, werden diese doch allein schon aufgrund der Aufnahme in die Datenbank als „Nachrichten“ im weitesten Sinn anerkannt. Kurzum: Es ist höchst problematisch Projekte in die Datenbank aufzunehmen bzw. zu belassen, die bereits als rechtsextreme Desinformationskampagnen enttarnt wurden.
Es stellt sich die Frage, ob der APA in dieser Sache nicht allgemein eine gewisse „Gatekeeper-Funktion“ zukommen sollte. Oder anders: Österreichs nationale Presseagentur könnte sich ihrer Definitionsmacht in dieser Sache bewusst sein und dafür sorgen, dass rechtsextreme Desinformationsprojekte nicht als Nachrichten qualifiziert werden. Gegenwärtig trägt die AOM-Datenbank aber leider – vermutlich ohne es zu wollen – zur weiteren Normalisierung und Verbreitung rechtsextremer Positionen im Netz bei.
Fußnoten
1 Der APA-Onlinemanager wird von der Austria Presse Agentur betrieben, die im Eigentum österreichischer Tageszeitungen und des ORF steht.
2 Wir haben im Februar diesen Jahres ausführlich über das „Contra-Magazin“ berichtet. Hier noch einmal unser Fazit: Das „Contra Magazin“ ist eine Desinformationsplattform, die rechtsextremes Gedankengut mit Themen der „Trutherszene“ vereint. Als übergreifendes Motiv fungieren Verschwörungstheorien von den Machenschaften „globalistischer Eliten“, die das Narrativ einer regressiven Kapitalismuskritik bedienen, Putins Russland als autoritären Gegenpol feiern und immer wieder in (codierten und personalisierten) Antisemitismus übergehen. Die Texte des Herausgebers Andreas E. Keltscha zeigen nicht nur deutlich, dass dieser sich von seinem 2011 evident gewordenen Gedankengut nicht entfernt hat, sondern sind auch Belege für die fließenden Übergänge von rechtsextrem zu braun.