Rechtsextremes in der APA-Mediendatenbank 

Der APA-Online­­Ma­na­­ger (AOM) ist ein enorm wich­ti­ges Recher­che­tool für Per­so­nen, die pro­fes­sio­nell mit Medi­en arbei­ten. Die rie­si­ge Daten­bank ent­hält auch eine gan­ze Rei­he von rechts­extre­men Medi­en und ver­linkt die­se direkt. Das ist hoch­pro­ble­ma­tisch. War­um, argu­men­tie­ren wir in die­sem Bei­trag. „Der APA-Online­­Ma­na­­ger (AOM) ist die zen­tra­le Infor­­ma­­ti­ons- und Recher­che­platt­form für Jour­na­lis­tin­nen und Ent­schei­dungs­trä­ger.“ So die Produktbeschreibung […]

11. Dez 2019

Der APA-Online­Ma­na­ger (AOM) ist die zen­tra­le Infor­ma­ti­ons- und Recher­che­platt­form für Jour­na­lis­tin­nen und Ent­schei­dungs­trä­ger.“ So die Pro­dukt­be­schrei­bung auf der APA-Web­site. (1) Tat­säch­lich han­delt es sich bei dem APA-Online­ma­na­ger (AOM) um die größ­te Medi­en- und Fach­da­ten­bank in Öster­reich. Die Ziel­grup­pe ist weni­ger der/die her­kömm­li­che Medi­en­kon­su­men­tIn, son­dern viel­mehr pro­fes­sio­nel­le Jour­na­lis­tIn­nen – oder „Infor­ma­ti­ons­pro­fis“, wie es auf der Web­site heißt. Die Bedeu­tung die­ser Quel­le kann für den öster­rei­chi­schen Jour­na­lis­mus kaum hoch genug ein­ge­schätzt wer­den. 

Alles da

Wenn man im AOM nach bestimm­ten Schlag­wor­ten sucht, erhält man eine Lis­te mit Links zu Tref­fern aus Print- und ca. 3.000 Online-Medi­en. Die­se Lis­te erscheint ohne wei­te­re Anga­ben oder inhalt­li­che Ein­schät­zun­gen zu den ver­link­ten Quel­len; d.h. also Tages­zei­tun­gen und seriö­se Online-Pro­jek­te wer­den even­tu­ell unkom­men­tiert und direkt mit rechts­extre­men Des­in­for­ma­ti­ons­pro­jek­ten auf­ge­lis­tet. Auch iden­ti­tä­re Medi­en fin­den sich dar­un­ter.    

Wir haben in der letz­te Woche, am 7. Dezem­ber, via Twit­ter dar­auf auf­merk­sam gemacht: „Dass im APA-Online­ma­na­ger nun auch schon iden­ti­tä­re Medi­en auf­ge­nom­men wur­den, geht eigent­lich gar nicht. Die ‚Tages­stim­me’ ist ein Pro­dukt der Iden­ti­tä­ren, der ‚Wochen­blick’ zumin­dest iden­ti­tä­ren-nahe.

Der APA-Chef­re­da­ke­teur Johan­nes Bru­cken­ber­ger hat dar­auf noch am sel­ben Tag via Twit­ter geantwortet.

APA-Chefredakteur Bruckenberger: "Die APA-Mediendatenbank umfasst mehrere 100 Millionen Dokumente. Hier handelt es sich konkret um die Quelle Online Medien, die Inhalte von etwa 3.000 Websites sammelt und die Trefferumgebung mit Links zu den Webseiten (ohne Volltext) anzeigt. Wir richten uns mit solchen Dienstleistungen zur Beobachtung von Medieninhalten an professionelle Zielgruppen, die wissen, wie diese Quellen einzuordnen sind. Für Politik oder Medien/JournalistInnen ist es relevant, auch in solchen Quellen recherchieren zu können."
APA-Chef­re­dak­teur Bru­cken­ber­ger: „Die APA-Medi­en­da­ten­bank umfasst meh­re­re 100 Mil­lio­nen Doku­men­te. Hier han­delt es sich kon­kret um die Quel­le Online Medi­en, die Inhal­te von etwa 3.000 Web­sites sam­melt und die Tref­fer­um­ge­bung mit Links zu den Web­sei­ten (ohne Voll­text) anzeigt. Wir rich­ten uns mit sol­chen Dienst­leis­tun­gen zur Beob­ach­tung von Medi­en­in­hal­ten an pro­fes­sio­nel­le Ziel­grup­pen, die wis­sen, wie die­se Quel­len ein­zu­ord­nen sind. Für Poli­tik oder Medien/JournalistInnen ist es rele­vant, auch in sol­chen Quel­len recher­chie­ren zu können.”

Der Hin­weis, man wen­de sich mit dem AOM an „pro­fes­sio­nel­le Ziel­grup­pen“, für die es rele­vant sei, „auch in sol­chen Quel­len recher­chie­ren zu kön­nen“, leuch­tet ein. Schließ­lich betrifft dies auch unse­re eige­ne Arbeit. Aber die Sache ist lei­der deut­lich kom­ple­xer als sie auf den ers­ten Blick erscheint. 

Unverdächtiger Look

Suchen wir mit Begrif­fen nach Arti­keln, wer­den ähn­lich wie bei Goog­le oder ande­ren Such­ma­schi­nen die ent­spre­chen­den Tref­fer gelis­tet. Da kön­nen nun unter vie­len ande­ren Medi­en auch Tref­fer zu diver­sen rechts­extre­men Publi­ka­tio­nen dabei sein. Bei­spiels­wei­se das iden­ti­tä­re Medi­en­pro­jekt „Tages­stim­me“, das im Kos­tüm einer Online-Tages­zei­tung daher­kommt. Die wenigs­ten Jour­na­lis­tIn­nen wer­den nun wis­sen, wer hin­ter der „Tages­stim­me“ steckt. Mehr noch: Es gehört wesent­lich zur Medi­en-Stra­te­gie der Iden­ti­tä­ren, seriö­sen Jour­na­lis­mus zu imi­tie­ren, um völ­ki­sche Inhal­te zu nor­ma­li­sie­ren bzw. in einer unver­däch­ti­gen Auf­ma­chung im poli­tisch-media­len Dis­kurs zu plat­zie­ren. 

AOM listet bei der Suche "Tagesstimme" und "Contra Magazin"
AOM lis­tet bei der Suche „Tages­stim­me” und „Con­tra Magazin”

Was die Pro­ble­ma­tik erhöht: Rechts­extre­me Medi­en ver­die­nen mit­un­ter Geld durch Ein­nah­men aus Online-Wer­bung und haben somit ein finan­zi­el­les Inter­es­se, mög­lichst vie­le Klicks zu gene­rie­ren. Mit jedem Klick aus dem AOM ver­dient etwa die „Tages­stim­me“. Um es mit der nöti­gen Dras­tik zu for­mu­lie­ren: Das Auf­ru­fen sol­cher Web­sites bringt poten­zi­ell Grup­pie­run­gen Geld ein, die – wie die Iden­ti­tä­ren – die ideo­lo­gi­sche Basis für Rechts­ter­ro­ris­ten lie­fern. Wenn wir über ein rechts­extre­mes Online-Medi­um berich­ten, set­zen wir in unse­ren Arti­kel daher nie Links zur Quellen-Website.

Natür­lich ist es für Jour­na­lis­tIn­nen, die zum The­ma Rechts­extre­mis­mus recher­chie­ren, uner­läss­lich, die ent­spre­chen­den Web­sites auf­zu­ru­fen, aber dazu benö­tigt nie­mand den AOM. Bei der AOM-Recher­che besteht die per­ma­nen­te Gefahr, auch unab­sicht­lich auf einen sol­chen Link zu kli­cken und somit einer rechts­extre­men Web­site einen Gefal­len zu tun. Vie­le der Head­lines lesen sich ja völ­lig harmlos.

Der APA-Online­ma­na­ger ent­hält neben der iden­ti­tä­ren „Tages­stim­me“ noch zahl­rei­che wei­te­re rechts­extre­me und Iden­ti­tä­ren-nahe Web­sites. Dabei sind „Info-Direkt“, das laut DÖW „die Gren­ze zum Neo­na­zis­mus aus[lotet]“ und der „Wochen­blick“, der nicht nur (ehe­ma­li­ge?) iden­ti­tä­re Kader als Redak­tu­re an Bord hat, son­dern mit Nor­bert Gerol­din­ger auch einen Geschäfts­füh­rer, der schon mal dem Neo­na­zi Franz Radl zu des­sen Ver­hand­lung wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ein herz­li­ches „Alles Gute und Dau­men hoch !“ zukom­men hat las­sen.

AOM listet bei der Suche den "Wochenblick""
AOM lis­tet bei der Suche den „Wochen­blick””

Es geht sogar noch schlim­mer: Der AOM ent­hält auch das „Con­tra Maga­zin“. Bei die­sem Online-Medi­um besteht das Tages­ge­schäft aus rech­ten Ver­schwö­rungs­theo­rien mit­samt codier­tem Anti­se­mi­tis­mus, Ver­satz­stü­cken der „Truther­sze­ne“ und pro­rus­si­scher Pro­pa­gan­da; das Niveau ist unter­ir­disch, die Web­site ist als Des­in­for­ma­ti­ons­pro­jekt ein­zu­stu­fen (2).   

Gatekeeper APA?

Die APA leis­tet mit der Auf­nah­me sol­cher Faken­ews-Schleu­dern auch einen frag­wür­di­gen Bei­trag zu der viru­len­ten und not­wen­di­gen Debat­te dar­über, was als seriö­se Medi­en­ar­beit gilt und was nicht. Selbst wenn die AOM-Daten­bank jede Bestim­mung bezüg­lich der Qua­li­tät der gelis­te­ten Medi­en unter­lässt, wer­den die­se doch allein schon auf­grund der Auf­nah­me in die Daten­bank als „Nach­rich­ten“ im wei­tes­ten Sinn aner­kannt. Kurz­um: Es ist höchst pro­ble­ma­tisch Pro­jek­te in die Daten­bank auf­zu­neh­men bzw. zu belas­sen, die bereits als rechts­extre­me Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen ent­tarnt wur­den. 

Es stellt sich die Fra­ge, ob der APA in die­ser Sache nicht all­ge­mein eine gewis­se „Gate­kee­per-Funk­ti­on“ zukom­men soll­te. Oder anders: Öster­reichs natio­na­le Pres­se­agen­tur könn­te sich ihrer Defi­ni­ti­ons­macht in die­ser Sache bewusst sein und dafür sor­gen, dass rechts­extre­me Des­in­for­ma­ti­ons­pro­jek­te nicht als Nach­rich­ten qua­li­fi­ziert wer­den. Gegen­wär­tig trägt die AOM-Daten­bank aber lei­der – ver­mut­lich ohne es zu wol­len – zur wei­te­ren Nor­ma­li­sie­rung und Ver­brei­tung rechts­extre­mer Posi­tio­nen im Netz bei.  

Fußnoten

1 Der APA-Online­ma­na­ger wird von der Aus­tria Pres­se Agen­tur betrie­ben, die im Eigen­tum öster­rei­chi­scher Tages­zei­tun­gen und des ORF steht.
2 Wir haben im Febru­ar die­sen Jah­res aus­führ­lich über das „Con­tra-Maga­zin“ berich­tet. Hier noch ein­mal unser Fazit: Das „Con­tra Maga­zin“ ist eine Des­in­for­ma­ti­ons­platt­form, die rechts­extre­mes Gedan­ken­gut mit The­men der „Truther­sze­ne“ ver­eint. Als über­grei­fen­des Motiv fun­gie­ren Ver­schwö­rungs­theo­rien von den Machen­schaf­ten „glo­ba­lis­ti­scher Eli­ten“, die das Nar­ra­tiv einer regres­si­ven Kapi­ta­lis­mus­kri­tik bedie­nen, Putins Russ­land als auto­ri­tä­ren Gegen­pol fei­ern und immer wie­der in (codier­ten und per­so­na­li­sier­ten) Anti­se­mi­tis­mus über­ge­hen. Die Tex­te des Her­aus­ge­bers Andre­as E. Kelt­scha zei­gen nicht nur deut­lich, dass die­ser sich von sei­nem 2011 evi­dent gewor­de­nen Gedan­ken­gut nicht ent­fernt hat, son­dern sind auch Bele­ge für die flie­ßen­den Über­gän­ge von rechts­extrem zu braun.

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