Neonazis sind Fröhlich

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Mit einem Knall­ef­fekt ende­te am Mon­tag die Neu­auf­nah­me eines Pro­zes­ses gegen den Holo­caust­leug­ner Wolf­gang Fröh­lich: Er wur­de trotz eines Schuld­spruchs wegen Wie­der­be­tä­ti­gung aus der Haft ent­las­sen. Wäh­rend die Neo­na­zi-Gemein­de jubelt, stel­len sich uns eini­ge Fragen.

Man­che wer­den auch in der Haft nicht klü­ger und betä­ti­gen sich auch dort wei­ter – was in unse­rem Fall „wie­der“ bedeu­tet –, man­che gera­ten nach der Ent­las­sung erneut in ein­schlä­gi­ge Krei­se. Bei Wolf­gang Fröh­lich trifft bei­des zu.

Doch der Rei­he nach: Zum wie­der­hol­ten Mal stand der beharr­li­che Holo­caust­leug­ner Wolf­gang Fröh­lich vor Gericht. Sei­ne Lat­te an ein­schlä­gi­gen Delik­ten ist lang und auch die Haft, die er ver­bü­ßen muss­te. Brie­fe, in denen er den Holo­caust leug­ne­te und das mit „Gut­ach­ten“ zu bele­gen ver­such­te, hat er immer schon ger­ne ver­fasst, bereits 1996 an eine Rei­he von Per­so­nen des öffent­li­chen Lebens, dar­un­ter auch Natio­nal­rats­ab­ge­od­ne­te und 2016/17 u.a. wie­der an Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te und Per­so­nen aus der Jus­tiz. Dafür muss­te er sich im März 2018 vor Gericht ver­ant­wor­ten und wur­de wie­der schul­dig gespro­chen: „Advo­kat Bla­s­chitz for­der­te wegen Unzu­rech­nungs­fä­hig­keit einen Frei­spruch für Wolf­gang F., doch die Geschwo­re­nen ent­schie­den mit 7:1 Stim­men anders: Schul­dig. Die Begrün­dung der Lai­en­rich­ter salopp gesagt: Wer so gescheit ist, kann nicht unzu­rech­nungs­fä­hig sein.” (heute.at, 26.3.18) Der Urteils­spruch: vier Jah­re Haft und trotz Zurech­nungs­fä­hig­keit die Ein­wei­sung in eine Anstalt für geis­tig abnor­me Rechtsbrecher.

Die­ses Urteil hob der Obers­te Gerichts­hof im Herbst teil­wei­se auf und bewirk­te damit eine Neu­ver­hand­lung der Fra­ge der Zurech­nungs­fä­hig­keit. Basis waren meh­re­re wider­sprüch­li­che Gut­ach­ten. „Die Staats­an­wäl­tin erklär­te, ein wei­te­rer Sach­ver­stän­di­ger sei im Gegen­satz zum ers­ten Gut­ach­ter zum Schluss gekom­men, dass der Mann zurech­nungs­fä­hig sei. Dar­auf­hin wur­de ein ‚Ober­gut­ach­ter’ bestellt. Laut die­sem liegt Zurech­nungs­un­fä­hig­keit vor — der Mann lei­de an einer Wahn­er­kran­kung und einer geis­tig-see­li­schen Abar­tig­keit höhe­ren Gra­des. Ver­tei­di­ger Wolf­gang Bla­s­chitz sag­te, sein Man­dant sei ‚kein gefähr­li­cher Straf­tä­ter’. Er kön­ne nicht ver­ur­teilt wer­den, weil er nicht zurech­nungs­fä­hig sei. Es lie­ge aber auch kei­ne Gefähr­lich­keit vor, die eine Unter­brin­gung recht­fer­ti­ge. Die Repu­blik müs­se es ‚aus­hal­ten’, dass jemand sei­ne wis­sen­schaft­li­che Mei­nung ver­brei­te, sag­te der Rechts­an­walt.“ (noe.orf.at, 4.3.19)

Am 4. März ent­schie­den die Geschwo­re­nen anders als im letz­ten Jahr, dies­mal attes­tier­ten sie Fröh­lich Unzu­rech­nungs­fä­hig­keit, und der konn­te aus der Haft spa­zie­ren. Wie geht das trotz eines Schuld­spruchs? „Laut der vor­sit­zen­den Rich­te­rin lie­gen nicht alle im Gesetz gefor­der­ten Vor­aus­set­zun­gen für eine Ein­wei­sung vor. Die zu befürch­ten­den Taten wür­den kei­ne mit Stra­fe bedroh­ten Hand­lun­gen mit schwe­ren Fol­gen dar­stel­len.” (noe.orf.at, 4.3.19)

Bei einem Pro­zess im Juli 2015 hat­te Fröh­lich erklärt: „Ich habe Gut­ach­ten ver­schickt und wer­de es wei­ter­hin tun, auch wenn sie mich 100 Jah­re ein­sper­ren“, erklärt der Aka­de­mi­ker.“ (noen.at, 13.7.2015) Die­ses Ver­spre­chen hat­te Fröh­lich ein­ge­hal­ten. Nach dem Pro­zess 2018 hat­te er offen­bar sein „Gut­ach­ten“ (dass es den Holo­caust nicht gege­ben habe) unver­dros­sen und stand­haft auch noch an Bun­des­kanz­ler Kurz und an einen Sach­ver­stän­di­gen geschickt. Am 4. März äußer­te er sich zwei­deu­ti­ger: „Der 67-Jäh­ri­ge bot in sei­nen Schluss­wor­ten an, ein Gelöb­nis zu unter­schrei­ben, dass er kei­ne der­ar­ti­gen Schrei­ben mehr ver­fas­sen wer­de. ‚Ich wer­de das The­ma soweit wie mög­lich mei­den.’“ (noe.orf.at, 4.3.19)

Faksimile, Quelle: das neonazistische Online-Lexikon Metapedia, Zitat Metapedia: „Wolfgang Fröhlich, Friedrich Töben und Herbert Schaller auf der Holocaust-Konferenz 2006.“ (in Teheran, Iran)

Fak­si­mi­le, Quel­le: das neo­na­zis­ti­sche Online-Lexi­kon Metape­dia, Zitat Metape­dia: „Wolf­gang Fröh­lich, Fried­rich Töben und Her­bert Schal­ler auf der Holo­caust-Kon­fe­renz 2006.“ (in Tehe­ran, Iran)

Wir fas­sen also zusam­men: Vor einem Jahr wur­de Fröh­lich im Pro­zess Zurech­nungs­fä­hig­keit attes­tiert, es folg­te den­noch eine Ein­wei­sung in eine Anstalt für geis­tig abnor­me Rechts­bre­cher. Der Schuld­spruch wegen Wie­der­be­tä­ti­gung blieb auf­recht, nun wur­de er jedoch als unzu­rech­nungs­fä­hig erklärt und nicht mehr ein­ge­wie­sen, son­dern aus der Haft ent­las­sen. Müs­sen wir das ver­ste­hen? Wir mei­nen nein, zumal die Fra­ge der „Gefähr­lich­keit“ bei Wie­der­be­tä­ti­gung zu defi­nie­ren wäre: Die Rich­te­rin ahnt offen­bar schon, dass wei­te­re Taten fol­gen wer­den. Ger­ne wür­den wir von ihr wis­sen, was denn aus ihrer Sicht schwe­re und nicht so schwe­re Fol­gen etwa­iger Taten von Fröh­lich wären. Die Staats­an­walt­schaft sieht das wohl auch so und hat Nich­tig­keits­be­schwer­de ein­ge­legt. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Fröh­lichs ein­schlä­gig brau­ne Kame­ra­den, die aus Deutsch­land ange­reist waren, bra­chen gleich nach der Urteils­ver­kün­dung in spon­ta­ne Jubel­kund­ge­bun­gen aus, die sich schnell ver­brei­te­ten. „Es tut sich was auf dem Gebiet der ‚Judi­ka­ti­ve’ auf deut­schem [sic!] Boden! (…) Die Wahr­heit wird sich am Ende durch­set­zen! GruSS H H”, ist unter ande­rem im Welt­netz zu lesen.

"Unglaublich, ich habe vor Freude kaum geschlafen und bekomme noch immer Gänsehaut wenn ich daran denke!" – H.P. zur Haftentlassung von Wolfgang Fröhlich

„Unglaub­lich, ich habe vor Freu­de kaum geschla­fen und bekom­me noch immer Gän­se­haut wenn ich dar­an den­ke!” – der Öster­rei­cher H.P. zur Haft­ent­las­sung von Wolf­gang Fröhlich

Wer die brau­nen Krei­se sind, die da Mor­gen­luft wit­tern und Fröh­lich in der Haft, im Gerichts­saal und wohl auch danach beglei­tet haben, wer­den wir in einem wei­te­ren Bei­trag berich­ten. Da wird auch ein ande­rer alter Bekann­ter wie­der auftauchen.