Auf Facebook existieren unzählige Seiten und Gruppen, die im Umfeld der FPÖ agieren. In Gruppen sind fast immer auch FPÖ-FunktionärInnn dabei – aus unteren und oberen Ebenen. Ein Turbo in Sachen Empörung und Hetze ist die offene Gruppe „FPÖ“. Wir zeigen anhand eines einzigen Beispiels, wie dort die institutionalisierten Mechanismen den ideologischen Unterbau bedienen und zugleich die Empörungswelle nach oben treiben.
Die offene Gruppe „FPÖ“ wurde schon früh gegründet, nämlich im Juli 2008. Sie zählt inzwischen fast 10.400 Mitglieder und wird von vier Accounts administriert, darunter von Odo Döschl und Johanna Laura Schellenhuber, beide aus dem Stall der FPÖ Schwechat, die schon alleine über ihren Chef Wolfgang Zistler regelmäßig durch extreme Ausritte auffällt. Ebenfalls an Board: eine Carina Spitzweg, über die FPÖ Fails berichtet, dass sie ein Stock-Foto als Profilbild nützt – vermutlich also ein Fake-Profil.


Eine Ellen L., die ihrem Profil nach aus Deutschland stammen könnte, teilt am 14.2.19 in der Gruppe einen Bericht aus der Leipziger Volkszeitung: „Nutzung von Nazi-Glocke: Strafantrag gegen Bischöfin gestellt“ – kommentarlos.

Der Titel der Story reicht, und schon kocht die blau-getönte Volksseele über, die – furchtbar geplagt vom andauernden „Nazi-Geplänkel“ – nach dem altbekannten Schlussstrich ruft:
„Bittschen gebt mal alle Ruhe mit der N**i Zeit ! ALLE bitte !“
„ich kanns auch nicht mehr hören und seh’n“
„Dem Aufruf kann ich nur folgen!!!Es reicht mir mit dem NAZI- Geplänkel!!!“
„Jetzt san schon alle total hirnbefreit de Welt geht schon bald zugrunde durch diese Deppen! #politicalcorectnessisdeadly #gegenlinks“
In der Stufe 2 folgen die relativierenden Kommentare – Opferthese inklusive:
„Stimmt, nur wenige Österreicher waren wirklich Nazi s aber was sollen Menschen tun wenn Ihnen eine Waffe unter die Nase gehalten wird! Arm hoch oder Sterben! Und nur weil Menschen damals den Arm hoben, hiess es noch lange nicht, das Sie es gut geheissen haben!“
„Wenn man sich dagegen stemmte blühte einem gar Schreckliches!“
Stufe 3 bedient als Steigerung von Stufe 2 zusätzlich das Klischee „Es war ja net alles schlecht unterm Hitler“ und führt Österreich als „Austragungsort“ des Geschehens ein:
„Ok, Reißen wir alles ab was in der NS Zeit gebaut wurde. Aber der Wiederaufbau der Wohnungen, Autobahnen und Co wird rein aus dem Vermögen der SPÖ/Grünen/Neos/Jetzt in AT finanziert! In DE ist ebenso zu verfahren!! Na mal sehen wie schnell die alle die Schnauze halten! Was haben Gebäude, Glocken etc mit Nazi s zu tun! Das Symbol stammt aus dem Hinduistischen und ist ein Glücksbringer! Nur weil es Hitler missbrauchte ist es noch lange nicht das üble Böse! Wenn sich einer mit dem Standard den A.…. abwischt ist das ja auch nichts böses!!“
In Stufe 4 karrt man, passend oder nicht, die immer gleichen Feindbilder heran. Weil’s völlig egal ist, wovon der Artikel inhaltlich handelt – die meisten werden ihn gar nicht gelesen haben –, ist’s klar, wer die Schuld an der Misere der blauen Fans trägt:
„Es ist nicht die Glocke die Gewalt förtert sondern die Tatsache dass es in Österreich viel zu viele Gewalttäter mit Migrationshintergrund gibt!“
Da haben wir es, von der Nazi-Glocke in Thüringen sind wir bei „den Migranten“ in Österreich gelandet. Und nie weit bei den Feindbildern sind natürlich die Grünen, obwohl die im Artikel mit keinem Wort Erwähnung finden:
„Na bei anderen klagen wenn solche Symbole gezeigt werden aber bei linken ist‘s i.O. ! Es wurde schon mal ne grüne erwischt als Sie so ein Zeichen an eine Wand malte.….“
Oder manchmal kommt dann auch die gesamte Opposition, hier die österreichische, zum Handkuss. Warum, ist beim Humor des Werner A. nicht ganz nachvollziehbar:
„Mehr als 70 Jahre war das nun schlichtweg egal- (besonders bei den Katholiken und deren Zwangskirchensteuer) aber nunmehr spielen Rot, Grüne, Neos oder pilzige JETZT Moralapostel Scheinheilige Unschuldslammperl… genau jene welche Dreck am Stecken, bis zum geht nicht mehr haben… genau mein Humor!!!“

Und in Stufe 5 sind wie auf Knopfdruck dann auch Provokationen oder Sympathiebekundungen zur NS-Zeit zu finden – wie von Wolfgang P. und Siegfried H.:
„Am besten wäre alle Dachböden in Österreich zu durchstöbern,ob man nicht etwas findet was an die damalige Zeit erinnert !
Aber dann alle Museum die so etwas noch zeigen — sofort schließen !!!
Keine Filme mehr wo gewisse Symbole gezeigt werden!
Sind doch alle bescheuert,man kann es übertreiben mit verboten!
Wünsche allen ein schönen 88er Tag (Entschuldige einen schönen Valentinstag)“
„88 nicht falsch verstehen,sollte bedeuten bin ein Fan von Hansi Hinterser“„Wenn diese Glocken wieder lauten würden, dann währe sicher schnell Ruhe in unseren Ländern ??“


Aber, vielleicht ist alles ganz, ganz anders, denn – so der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker vor Kurzem zur Tiroler Tageszeitung – die Aufdecker würden die Leichen selbst vergraben und „wir“ – die Blauen Gruppen? – seien „durchsetzt von Agents Provocateurs“. Fragt sich jetzt nur, warum sich solche Postings und Kommentare so derartig oft wiederholen und vor allem, warum ihnen nicht widersprochen wird, oder warum sie nicht gelöscht werden. Wir hätten dazu eine These: Vielleicht ist’s doch weniger der Agent Provocateur als die Marke Eigenbau?