„Volkstod, Volkskraft-Verringerung und geistiger Völkermord” — der RFS feiert Geburtstag

Für den 6. Juni 2017 lädt der Dritte Präsi­dent des Nation­al­rats, der beken­nende Burschen­schafter-Fan Nor­bert Hofer, zu ein­er eige­nar­ti­gen Ver­anstal­tung ins Par­la­ment. 65 Jahre RFS — Ring Frei­heitlich­er Stu­den­ten sollen gefeiert wer­den. 65 Jahre? Ist der RFS pen­sion­sreif? Selt­samer als der eige­nar­tige Jahrestag ist aber der Fes­tred­ner, der emer­i­tierte Uni­ver­sität­spro­fes­sor Wern­er Kuich. Der darf zwar auf sein­er Uni nicht zu seinen RFS-Buben sprechen, dafür aber im Parlament?

Wern­er Kuich war Ordi­nar­ius für Math­e­ma­tis­che Logik und For­male Sprachen an der Tech­nis­chen Uni­ver­sität (TU) Wien. Neben­bei ist er Alter Herr bei der Deutschen Burschen­schaft Lib­er­tas Wien. Die zeich­net sich – his­torisch gese­hen – dadurch aus, dass sie schon im Jahr 1878 einen „Ari­er­para­graphen“ ein­führte.

Kuich wiederum zeich­net sich dadurch aus, dass er nicht nur über die Prob­leme der Math­e­ma­tis­che Logik referiert, son­dern gerne auch über die ange­blichen Prob­leme des deutschen Volkes dil­letiert. Für ein von Mar­tin Graf, ehe­mals Drit­ter Präsi­dent des Nation­al­rats, her­aus­gegebenes Buch über 150 Jahre (Deutsche) Burschen­schaft in Öster­re­ich ver­fasste er einen Beitrag, der in „Pro­fil“ (23.2.2010) so zusam­menge­fasst wurde:

„Kuich sorgt sich, wie die meis­ten Autoren, um die Zukun­ft des Deutsch­tums. Er sieht dun­kle Wolken dräuen: ‚Das deutsche Volk ist auf der Straße zum Volk­stod schon ein beträchtlich­es Stück fort­geschrit­ten. Bös­es sei im Gange: Ver­ringerung der Volk­skraft durch Über­frem­dung, geistiger Völk­er­mord, bewusste Zer­set­zung des Volksbewusstseins’
Wo sich alles zer­set­zt, kön­nen auch Gren­zen nicht hal­ten, etwa jene an Oder und Neiße. Denn unter Ost­deutsch­land ver­ste­ht Kuich Schle­sien, Pom­mern, West- und Ost­preußen, Gebi­ete also, die seit 1945 zu Polen gehören“. 

„Pro­fil“ hat­te den deutschtümel­nden Math­e­matik­er schon 1994 (Nr. 7/1994) am Radar:

„Kuich regelt das Prob­lem der Eliten­bil­dung an seinem Insti­tut, indem er bei Prü­fun­gen prinzip­iell nur fünf Prozent der Stu­den­ten durch­läßt. In sein­er Freizeit werkt der Math­e­matik­er im ‚Wis­senschaftlichen Beirat’ des in Ham­burg erscheinen­den Ras­sis­ten-Blattes ‚Neue Anthro­polo­gie’. Dessen Her­aus­ge­ber Jür­gen Rieger ist Deutsch­lands promi­nen­tester Neon­azi-Anwalt und sel­ber Mit­glied in ein­schlägi­gen Gruppierungen“.

Rieger, das war ein Hard­core-Nazi, und die recht­sex­treme Gesellschaft für biol­o­gis­che Anthro­polo­gie, Eugenik und Ver­hal­tens­forschung, die die „Neue Anthro­polo­gie“ ver­legte, ver­bre­it­ete Ras­sis­mus der übel­sten Sorte.

Cover der mittlerweile eingestellten Zeitschrift "Neue Anthropologie"

Cov­er der mit­tler­weile eingestell­ten Zeitschrift „Neue Anthropologie”

So gese­hen, war es auch nicht über­raschend, dass sich Kuich im Novem­ber 2014 in einem „hochschulpoli­tis­chen Vor­trag“ des RFS an der TU Wien über „Intel­li­genz“ aus­lassen wollte, die – so Kuich – zu einem Großteil vererbt werde. Die Intel­li­gen­zpro­duk­te von Kuich, die jeden­falls gut zu Riegers Gesellschaft passen, kon­nten aber nicht an der TU abge­set­zt wer­den. Die Rek­torin ver­weigerte den Hör­saal, die Burschen vom RFS mussten ihrem Pro­fes­sor in ein Kaf­fee­haus fol­gen, um sich dort von Kuichs Intel­li­gen­zthe­sen bere­ich­ern zu lassen.

Als Kuich dann 2015 bei ein­er Ehrung an der Math­e­ma­tis­chen Fakultät der Uni­ver­sität Wien mit dem fälschlicher­weise Ignazio Silone zugeschriebe­nen Zitat über den neuen Faschis­mus provozierte, kam es zu einem Eklat. Dem Eklat fol­gte dann ein Brief der Fakultät­skon­ferenz der Math­e­matik­er bzw. ihres Vizedekans, in dem es heißt: „Im Namen der Fakultät­skon­ferenz möchte ich unser Miss­fall­en zum Aus­druck brin­gen, dass Sie die Feier zu ein­er Man­i­fes­ta­tion von Gedankengut miss­braucht haben, das an ein­er Uni­ver­sität nichts ver­loren hat“.

An der Uni­ver­sität hat das Gedankengut des Pro­fes­sors, der in sein­er math­e­ma­tis­chen Pro­fes­sion unbe­strit­ten ist, zu Recht nichts ver­loren – im Par­la­ment dafür schon?

Mehr Infos:
— Das APABIZ bietet zudem ein Hin­ter­grund­pro­fil zur „Gesellschaft für biol­o­gis­che Anthro­polo­gie, Eugenik und Verhaltensforschung”
— Siehe auch Har­ald Walsers Blog „FPÖ: Rassen­lehre reloaded“

Plakat des RFS zur ÖH-Wahl 1955 - "Wählt wieder freiheitlich, sozial, national, parteiungebunden - RFS" - Bildquelle: ÖNB-BA, InvNr PLA16550505

Plakat des RFS zur ÖH-Wahl 1955 — „Wählt wieder frei­heitlich, sozial, nation­al, parteiunge­bun­den — RFS” — Bildquelle: ÖNB-BA, InvNr PLA16550505