1945 mussten sich die Träger des NS-Regimes neu positionieren, wobei sie
die Wahl hatten zwischen Beibehaltung ihrer ideologischen Überzeugungen
einerseits und politischer Umorientierung andererseits. Welche Wahl
haben nun die ehemaligen NationalsozialistInnen getroffen? Sind sie
ihrer Gesinnung treu geblieben oder haben sie sich (zumindest partiell)
an die neuen Gegebenheiten angepasst? Wie haben sich die „Ehemaligen“
politisch reorganisiert und welche Netzwerke haben ihre Reintegration
erleichtert? Anhand von kollektiven und individuellen
Nachkriegsbiographien werden bei der Tagung Handlungsspielräume und
Handlungsstrategien, ideologische Kontinuitäten, aber auch Brüche und
Transformationen von ehemaligen NationalsozialistInnen in Österreich und
Deutschland präsentiert und diskutiert.
Programm:
Donnerstag, 20. Oktober 2016
- 18.00–20.00 h | Vorträge und Diskussion /
Politische Reorganisation der „Ehemaligen“ in Österreich und Deutschland
Moderation: Marianne Enigl (profil) - Margit Reiter (Wien): Inklusion und Exklusion. Zur politischen
Formierung der „Ehemaligen“ im Verband der Unabhängigen (VdU) und der
FPÖ - Kristian Buchna (Stuttgart): Nationale Sammlung und Deutsches Programm.
Zur Rolle von „Ehemaligen“ in der FDP in der frühen Bundesrepublik - Anschließend: Wein & Brot
Freitag, 21. Oktober 2016
- 9.00 h
Margit Reiter: Begrüßung und Einführung - 9.30–11.15 h
Panel 1: Nach dem „Zusammenbruch“: Handlungsspielräume, Strategien und
Narrative nach 1945
Chair: Bertrand Perz (Wien)
Christian Rabl (Wien): Die „Mauthausener SS“ nach dem Krieg: Flucht –
Verurteilung – Integration - Christian Klösch (Wien): NationalsozialistInnen im Internierungslager
Wolfsberg 1945–1947: Eine Erfahrungs‑, Gesinnungs- und Opfergemeinschaft - Siegfried Göllner (Wien): Fremd- und Selbstbilder. Narrative ehemaliger
NationalsozialistInnen in Volksgerichtsverfahren und
Interventionsbriefen - Kaffeepause
- 11.45–13.00 h
Panel 2: Reintegration I: Kontinuitäten und institutionelle Netzwerke in
der Bundesrepublik Deutschland
Chair: Margit Reiter (Wien) - Michael Wala (Bochum): Seitenwechsel oder Kontinuität? Ehemalige
NationalsozialistInnen und westalliierte Nachrichtendienste im frühen
Kalten Krieg - Maren Richter (München/Berlin): Personelle Kontinuitäten und die Frage
der NS-Belastung am Beispiel des Bundesministeriums des Innern - Mittagspause
- 14.30–15.45 h
Panel 3: Reintegration II: Berufliche und informelle Netzwerke von
„Ehemaligen“ in Österreich
Chair: Winfried Garscha (Wien) - Linda Erker (Wien): (K)ein Karriereknick? Reintegration der „Ehemaligen“
im akademischen Milieu - Gunnar Mertz (Wien): Belastete Seilschaften: Entnazifizierung und
soziale Reintegration im Österreichischen Gebirgsverein - Kaffeepause
- 16.15–18.00 h
Panel 4: Nachkriegsbiographien: Zwischen ideologischen Kontinuitäten,
Anpassung und Bruch
Chair: Johanna Gehmacher (Wien) - Johannes Dafinger (Mainz): Antikommunismus als ideologische Richtschnur:
Der ehemalige Ribbentrop- und Rosenberg-Mitarbeiter Peter Kleist - Oliver Benjamin Hemmerle (Grenoble/Mannheim): Die vielen Rollen des
Wilhelm Höttl:
SS-Täter, Belastungszeuge, Schulleiter
und „Historiker“/„Zeitzeuge“ - Dagmar Reese (Berlin): Melita Maschmann – Optionen und Grenzen für eine
Bilanz aus einer nationalsozialistischen Karriere - 18.00 h
Margit Reiter, Matthias Falter: Abschluss-Statement
Die Tagung findet im Rahmen des FWF‑Projektes Antisemitismus nach der
Shoah. Ideologische Kontinuitäten und politische Umorientierung im
„Ehemaligen“-Milieu in Nachkriegsösterreich (1945–1960) statt.
Projektnummer: P 27102-G16
homepage.univie.ac.at/margit.reiter
Tagungskonzept und Organisation
Margit Reiter, Linda Erker, Matthias Falter