Zur Vorgeschichte
In der Juni/Juli 2015 Ausgabe des rechtsextremen, freiheitlichen Monatsmagazins Aula wurde der Artikel „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ von „Fred“ (Manfred Werner) Duswald publiziert. Der ohnehin schon zutiefst fragwürdige Titel lässt bereits einiges auf die damit verbundenen Inhalte schließen und so wurden darin tatsächlich ehemalige Inhaftierten des KZ Mauthausen als „Landplage“ und „Kriminelle“, die plündernd und raubend durch das Land gezogen wären, bezeichnet. Daraufhin hatte der Grüne Nationalratsabgeordnete Harald Walser eine Anzeige wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz eingebracht, der jedoch von der Staatsanwaltschaft in Graz nicht stattgegeben worden war.
Die skandalöse und Opfer des NS verhöhnende Begründung: Es sei „nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte“. Untermauert wurde diese Argumentation mit dem Verweis darauf, dass es Literatur gebe, in der von strafbaren Handlungen von ehemaligen Inhaftierten die Rede sei. Sowohl von der Politik, der Israelitischen Kultusgemeinde als auch vom Justizministerium folgte Kritik an der geschmacklosen Opfer-Täter-Umkehr, die von der Staatsanwaltschaft nachträglich legitimiert worden war.
Erneute Verhandlung
Nachdem das Verfahren bislang (trotz eines wenig aussichtsreichen Antrags) nicht wieder eingesetzt wurde, versuchten gleich mehrere Überlebende des ehemaligen KZ durch eine Privatklage einen neuen Anlauf. Neun Mauthausen-Überlebende, die bereits weit über 80 Jahre alt sind sowie die Tochter von Leon Zelman, Caroline Shklarek-Zelman, ehemalige Leiterin des „Jewish Welcome Service“ in Wien, klagten auf Widerruf, Unterlassung, Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung weil sie in den Formulierungen des Texts eine „pauschale Verunglimpfung von KZ-Überlebenden“ sahen und sie zudem „nicht aufgrund von strafrechtlichen Handlungen, sondern aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer politischen Gesinnung in den KZ interniert, ausgebeutet und malträtiert“ worden waren.
Unerfreulicher Ausgang
Im Zentrum der Verhandlung, die am vergangenen Freitag vor dem Grazer Straflandesgericht mit ähnlichem unerfreulichem Ergebnis ausging, stand jedoch nicht der erste Text Duswalds, sondern ein Beitrag, der rund ein Jahr später ebenfalls in der Aula abgedruckt wurde. Dieser zweite Text hatte die Berichterstattung über den Ausgang der zivilrechtlichen Klage zum Thema und wiederholte den Klägern zufolge auf „triumphierende“ Art und Weise die bereits erwähnten, abwertenden Bezeichnungen.
Gerade einmal 45 Minuten wurde dabei verhandelt, dann kam der Richter zu dem Ergebnis, dass die Klage verfehlt und eine Betroffenheit der Kläger wegen ihrer mangelnden Erkenn- und Identifizierbarkeit im Kontext eines Kollektivs von rund 20.000 befreiten Personen nicht gegeben sei. Zudem handle es sich in dem zweiten Artikel „nur“ um einen Bericht über die Geschehnisse, auch wenn diese „tendenziös“ und eine „Geschichtsverdrehung und Geschmacklos“ seien, neue Behauptungen hätten die Herausgeber der Aula jedoch nicht aufgestellt.
Dass Opfer des ehemaligen KZ Mauthausen und Überlebende der von Nazis verübten Grausamkeiten mit ihrer Klage erneut abgewiesen wurden, ist vor allem deshalb erschreckend, weil dadurch Geschichtsrevisionismus sowie ein menschenverachtender Umgang mit den NS-Gräueltaten ein weiteres Mal durch ein österreichisches Gericht legitimiert wurden. Die Anwältin der Kläger hat Berufung eingelegt.
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