Nur vordergründig ging es bei der Kundgebung um die Menschenwürde der Flüchtlinge. Es braucht weder die FPÖ noch die Identitären, um zu wissen, dass kleinere Quartiere aus vielerlei Gründen besser sind als Großunterkünfte. Aber geht es der IG eigentlich um Alternativen? Geht es um das Wohlbefinden der Flüchtlinge, ihre bestmögliche Betreuung und Versorgung? Sicher nicht. Die Sprecherin der IG Arzl, Daniela Härting, ätzte über die Landesrätin Christine Baur (Grüne), die sich entschuldigen ließ, weil sie bei einer Veranstaltung war, in der es um Zahnpflege von Asylwerbern ging: „Die Zähne von Asylwerbern sind also wichtiger als unsere Anliegen.“ (Tiroler Tageszeitung, 3.4.2016) Dann setze sich noch nach: „Wir trauen uns nicht mehr auf die Straße, bewaffnen uns mit Pfefferspray und Elektroschockern und müssen Selbstverteidigungskurse belegen. Wer kümmert sich denn um uns?“
Die Rechtsextremen? Frau Härting hat anscheinend keine Probleme mit ihnen. In einem Mail an die IG Arzl erklärten die Identitären, keine Gruppierung zu sein, „die rassistisch ist und sich gegen Flüchtlinge richtet“ (TT, 4.4.16). Na, wenn das nicht eindeutig ist! Spielfeld ist ja schon wieder einige Monate her!
Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2014 liest sich das aber ganz anders über die Identitären:
Unter dem Deckmantel das jeweilige Land respektive „ganz Europa“ vor einer „Islamisierung“ und vor Massenzuwanderung schützen zu müssen, wird auf einer pseudo-intellektuellen Grundlage versucht, das eigene rassistisch/nationalistisch geprägte Weltbild zu verschleiern. Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen.
Frau Härting und ihr Co-Sprecher, der ÖAAB-Stadtteilobmann Wolfgang Schöpf, sehen das ganz anders. Vermutlich auch die Liste Fritz, die wie die FPÖ die Veranstaltung der IG Arzl finanziell unterstützt hat. Fritz Dinkhauser (Liste Fritz) und Rudi Federspiel von der FPÖ durften daher auch sprechen – und zwar ungestört. Dieses Glück war dem Innsbrucker Stadtrat Franz X. Gruber (ÖVP) nicht gegönnt. Er wurde als Redner ausgebuht und von der „Moderatorin“ gebeten, seine Rede vorzeitig zu beenden.
Mesut Onay, der in Innsbruck für die Grünen im Gemeinderat sitzt, war bei der Veranstaltung auch präsent. Mit einem kleinen Transparent: „Flüchtlinge willkommen in Tirol“ Das ist ihm nicht gut bekommen; er wurde sofort von aggressiven Demo-TeilnehmerInnen umringt, angeschrien, geschubst. Die Sprecherin der IG Arzl sah das ganz anders: „sehr provokant und aggressiv“ habe sich Onay verhalten, während ihre Schäfchen, die Gruppe der Identitären, sich ganz ruhig verhalten habe. Mesut Onay hat auf seiner Facebook-Seite ein Video veröffentlicht, aus dem klar ersichtlich ist, von welcher Seite die Aggression kommt.
Das eigentlich Erschreckende an dieser Kundgebung war einmal mehr das Zusammenspiel von FPÖ und Identitären, denen nicht nur aufgehetzte AnrainerInnen, sondern auch eine politische Gruppe wie die „Liste Fritz“ des früheren ÖAAB-Chefs Dinkhauser und anscheinend auch Teile der ÖVP in Innsbruck auf den Leim gegangen sind.