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Innsbruck: Rechtsextremer Auflauf mit schwarzer Unterstützung?

Im Inns­bru­cker Gewer­be­ge­biet Mühlau/Arzl soll eine Trag­luft­hal­le als Flücht­lings­quar­tier genutzt wer­den. Dage­gen hat sich eine „Inter­es­sen­ge­mein­schaft Arzl“ (IG Arzl) gebil­det, die am 2.4. eine Kund­ge­bung abhielt. Die IG zeigt sich besorgt um das Wohl der Flücht­lin­ge und hält die Unter­brin­gung in einem Mas­sen­quar­tier für „men­schen­un­wür­dig“. An der Kund­ge­bung betei­ligt waren aber auch Iden­ti­tä­re und FPÖ […]

5. Apr 2016

Nur vor­der­grün­dig ging es bei der Kund­ge­bung um die Men­schen­wür­de der Flücht­lin­ge. Es braucht weder die FPÖ noch die Iden­ti­tä­ren, um zu wis­sen, dass klei­ne­re Quar­tie­re aus vie­ler­lei Grün­den bes­ser sind als Groß­un­ter­künf­te. Aber geht es der IG eigent­lich um Alter­na­ti­ven? Geht es um das Wohl­be­fin­den der Flücht­lin­ge, ihre best­mög­li­che Betreu­ung und Ver­sor­gung? Sicher nicht. Die Spre­che­rin der IG Arzl, Danie­la Här­ting, ätz­te über die Lan­des­rä­tin Chris­ti­ne Baur (Grü­ne), die sich ent­schul­di­gen ließ, weil sie bei einer Ver­an­stal­tung war, in der es um Zahn­pfle­ge von Asyl­wer­bern ging: „Die Zäh­ne von Asyl­wer­bern sind also wich­ti­ger als unse­re Anlie­gen.“ (Tiro­ler Tages­zei­tung, 3.4.2016) Dann set­ze sich noch nach: „Wir trau­en uns nicht mehr auf die Stra­ße, bewaff­nen uns mit Pfef­fer­spray und Elek­tro­scho­ckern und müs­sen Selbst­ver­tei­di­gungs­kur­se bele­gen. Wer küm­mert sich denn um uns?“

Die Rechts­extre­men? Frau Här­ting hat anschei­nend kei­ne Pro­ble­me mit ihnen. In einem Mail an die IG Arzl erklär­ten die Iden­ti­tä­ren, kei­ne Grup­pie­rung zu sein, „die ras­sis­tisch ist und sich gegen Flücht­lin­ge rich­tet“ (TT, 4.4.16). Na, wenn das nicht ein­deu­tig ist! Spiel­feld ist ja schon wie­der eini­ge Mona­te her!

Im Ver­fas­sungs­schutz­be­richt für das Jahr 2014 liest sich das aber ganz anders über die Identitären:

Unter dem Deck­man­tel das jewei­li­ge Land respek­ti­ve „ganz Euro­pa“ vor einer „Isla­mi­sie­rung“ und vor Mas­sen­zu­wan­de­rung schüt­zen zu müs­sen, wird auf einer pseu­do-intel­lek­tu­el­len Grund­la­ge ver­sucht, das eige­ne rassistisch/nationalistisch gepräg­te Welt­bild zu ver­schlei­ern. Die Distan­zie­rung vom Neo­na­zis­mus in öffent­li­chen State­ments ist als tak­ti­sches Manö­ver zu wer­ten, da sich in den Rei­hen der Bewe­gungs­eli­ten amts­be­kann­te Neo­na­zis befin­den und Kon­tak­te in ande­re rechts­extre­mis­ti­sche Sze­n­e­be­rei­che bestehen.

Frau Här­ting und ihr Co-Spre­cher, der ÖAAB-Stadt­teil­ob­mann Wolf­gang Schöpf, sehen das ganz anders. Ver­mut­lich auch die Lis­te Fritz, die wie die FPÖ die Ver­an­stal­tung der IG Arzl finan­zi­ell unter­stützt hat. Fritz Dink­hau­ser (Lis­te Fritz) und Rudi Feder­spiel von der FPÖ durf­ten daher auch spre­chen – und zwar unge­stört. Die­ses Glück war dem Inns­bru­cker Stadt­rat Franz X. Gru­ber (ÖVP) nicht gegönnt. Er wur­de als Red­ner aus­ge­buht und von der „Mode­ra­to­rin“ gebe­ten, sei­ne Rede vor­zei­tig zu beenden.

Mesut Onay, der in Inns­bruck für die Grü­nen im Gemein­de­rat sitzt, war bei der Ver­an­stal­tung auch prä­sent. Mit einem klei­nen Trans­pa­rent: „Flücht­lin­ge will­kom­men in Tirol“ Das ist ihm nicht gut bekom­men; er wur­de sofort von aggres­si­ven Demo-Teil­neh­me­rIn­nen umringt, ange­schrien, geschubst. Die Spre­che­rin der IG Arzl sah das ganz anders: „sehr pro­vo­kant und aggres­siv“ habe sich Onay ver­hal­ten, wäh­rend ihre Schäf­chen, die Grup­pe der Iden­ti­tä­ren, sich ganz ruhig ver­hal­ten habe. Mesut Onay hat auf sei­ner Face­book-Sei­te ein Video ver­öf­fent­licht, aus dem klar ersicht­lich ist, von wel­cher Sei­te die Aggres­si­on kommt.

Das eigent­lich Erschre­cken­de an die­ser Kund­ge­bung war ein­mal mehr das Zusam­men­spiel von FPÖ und Iden­ti­tä­ren, denen nicht nur auf­ge­hetz­te Anrai­ne­rIn­nen, son­dern auch eine poli­ti­sche Grup­pe wie die „Lis­te Fritz“ des frü­he­ren ÖAAB-Chefs Dink­hau­ser und anschei­nend auch Tei­le der ÖVP in Inns­bruck auf den Leim gegan­gen sind.

Pres­se­aus­sendung Georg Wil­li: „Iden­ti­tä­re” bei Demons­tra­ti­on­ge­gen Flüchtlingsunterbringung