St.Pölten: 6 Jahre Haft für den Neonazi Rüssel

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Das Lan­des­ge­richt St. Pöl­ten hat in der Vor­wo­che eines der här­tes­ten Urtei­le der letz­ten Jah­re nach dem NS- Ver­bots­ge­setz aus­ge­spro­chen: Sechs Jah­re erhielt der mehr­fach vor­be­straf­te Ange­klag­te. Der Rich­ter begrün­de­te das Straf­maß mit der Not­wen­dig­keit, ande­re Men­schen dadurch abzu­schre­cken. Dage­gen gibt es in Zei­ten anschwel­len­der Hass­or­gi­en wenig ein­zu­wen­den – bloß, wie sol­len sie abge­schreckt wer­den, wenn sie fast nichts erfahren?

Wie­der ein­mal ein Neo­na­zi-Pro­zess fast unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit. Berich­te gab’s dies­mal nur im Gra­tis­blatt „Heu­te“ und auf „meinbezirk.at“. So erhal­ten wir immer­hin eini­ge per­sön­li­che Anga­ben über den Ange­klag­ten. Tho­mas B. ist 38 Jah­re alt und steht nicht zum ers­ten Mal vor Gericht. Zwölf Vor­stra­fen hat er bereits aus­ge­fasst, ist auf „meinbezirk.at“ zu lesen. Mit sechs­zehn Jah­ren sei er in Kon­takt zu Nazi-Skins gekom­men und von deren Ideo­lo­gie beein­druckt gewesen.

Die Ideo­lo­gie stellt er auch in Form von Tat­toos zur Schau: die SS-Runen auf der Hand, ein „fet­tes Haken­kreuz“ („heu­te“) am Unter­arm. Unter 15 Fake-Kon­ten pos­tet er – „meinbezirk.at“ nennt zwei Namen: „Tho­mas Not­wehr“ und „Tho­mas Hass“. Ab Novem­ber 2012 hat er unter die­sen Namen Kom­men­ta­re, Bil­der und Vide­os ver­öf­fent­licht: „So ver­öf­fent­lich­te er etwa ein Video mit dem Titel „Tür­ken raus und weg mit dem Dreck“, bezie­hungs­wei­se ein Musik­vi­deo mit dem Titel „Nig­ger““ (meinbezirk.at) .

Unter sei­nem Fake-Kon­to „Tho­mas Not­wehr“ haben wir ihn auch in einem ande­ren ein­schlä­gi­gen Zusam­men­hang gefun­den: als Gra­tu­lan­ten zum 122. Geburts­tag von Adolf Hit­ler. Mehr als 1.000 Nazi-Trot­tel haben sich 2011 vir­tu­ell auf der Face­book-Sei­te „Adolf Hit­ler, bir­th­day ‑122 years“ ver­sam­melt, um ihrem Idol die Auf­war­tung zu machen. Mit­ten in der star­ken Öster­reich-Dele­ga­ti­on dabei: „Tho­mas Not­wehr“. Prak­ti­scher­wei­se ver­wen­de­te er ein Pro­fil­fo­to, unter dem er gut erkenn­bar ist.

Gefun­den haben wir den Tho­mas B. auch noch mit einem ande­ren Fake-Pro­fil. Als „Rudi Rüs­sel“ war er bis vor kur­zem noch aktiv, pos­te­te etwa auf der FB-Sei­te der neo­na­zis­ti­schen „Old­school Socie­ty“: “schluss mit der jude­rei“. Das Pos­ting stammt vom April 2015. Zu die­sem Zeit­punkt muss Tho­mas B. wohl schon von Ankla­ge und Pro­zess eine Ahnung gehabt haben. So ger­ne wir daher der Argu­men­ta­ti­on des Ver­tei­di­gers von Tho­mas B. glau­ben wür­den, sein Man­dant sei „mitt­ler­wei­le geläu­tert“, so wenig kann sie stimmen.


Neo­na­zis­ti­sche „Old­school Society“
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Das Face­book-Kon­to von Rudi Rüs­sel läuft mitt­ler­wei­le wie­der unter sei­nem Klar­na­men. Ein biss­chen auf­ge­räumt hat er, aber sei­ne „Likes“ sind noch immer auf­schluss­reich. So gefal­len ihm nicht nur Wehr­macht- und Waf­fen-SS-Sei­ten, son­dern auch eine Rei­he von FPÖ-Poli­ti­kern und –Orga­ni­sa­tio­nen. Natür­lich sind auch neo­na­zis­ti­sche und rechts­extre­me Poli­ti­ker Sei­ten ver­tre­ten: Frank Franz, „widerstand.info“, eine Sei­te der Neo­na­zis vom drit­ten Weg, die Ver­schwö­rer- und Hetz­sei­ten Netz­pla­net und Wah­heits­mi­nis­te­ri­um, die Bur­schen­schaft Rac­zeks Bonn usw.


Nazi-Het­ze noch immer online
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Wie so vie­le ande­re Neo­na­zis auch hat Tho­mas B. sein Face­book- Pro­fil in der Ver­gan­gen­heit schon mal mit der öster­rei­chi­schen Flag­ge geschmückt. Kommt unver­däch­ti­ger als die Reichs­kriegs­flag­ge oder das Haken­kreuz – das hat er ja eh auf sei­nem Unter­arm. Nach dem Pro­zess und der Ver­ur­tei­lung zu 6 Jah­ren Haft (noch nicht rechts­kräf­tig) wirkt er ein biss­chen irri­tiert. Statt der flat­tern­den Öster­reich-Fah­ne gibt es sie jetzt mit einer Bana­ne. Dazu stot­tert er noch: „wahr­lich einen bana­nen­re­pu­plik“. Sagen wir mal so: mit NS-Wie­der­be­tä­ti­gung kann man schon aus­rut­schen. Gut so!