Wien: Adam ist nicht Charlie!

Der pen­sion­ierte Recht­san­walt Alfons Adam, Abtrei­bungs­geg­n­er, Bun­des­ob­mann des Vere­ins „Pro Vita“ und Grün­der der „Chris­ten-Allianz“, stand am Don­ner­stag, 28.5. wieder als Angeklagter vor Gericht. Er war im Novem­ber 2013 wegen Ver­het­zung zu ein­er sehr milden Geld­strafe verurteilt wor­den und hat­te dage­gen berufen. Jet­zt fand am Ober­lan­des­gericht (OLG) Wien die Beru­fungsver­hand­lung statt.

Der eigentliche Anlass liegt schon weit zurück. Im März 2012 fand in der Gemeinde Gföhl (NÖ) eine Befra­gung der Gemein­de­bürg­er zum geplanten Bau eines bud­dhis­tis­chen Stu­pa statt.


Beispiel ein­er Stu­pa, © 2003, Gérald Anfos­si, CC BY-SA 2.5

Alfons Adam hat­te im Vor­feld der Abstim­mung gegen das „Herüber­schwap­pen“ der „men­schen­ver­ach­t­en­den Ide­olo­gie“ des Bud­dhis­mus gemein­sam mit den unter­stützen­den Organ­i­sa­tio­nen „Mis­sion Europa-Net­zw­erk Karl Martell“, „Wiener Akademiker­bund“, „Insti­tut Leo XIII.“, „Chris­ten-Allianz“ und „Pro Vita“ mobil­isiert und ein Flug­blatt ver­bre­it­et, das vor Het­ze nur so triefte.

In unserem Bericht zum Prozess in Krems schrieben wir:

Dem tibetis­chen Bud­dhis­mus, auf den das Flug­blatt dann im beson­deren einge­ht, wird gar eine „Ten­denz zur kriegerischen Wel­ter­oberung“, die Ver­her­rlichung eines „bluti­gen und gnaden­losen Reli­gion­skrieges“, Verbindun­gen zum Gift­gas-Anschlag in Tokio 1995, „Rit­ual­mord“, der „Verzehr von Auss­chei­dun­gen und von Fleisch tot­er Men­schen“ und „sex­ual­magis­che Prak­tiken zur Erleuch­tung“, bei denen min­der­jähri­gen Mäd­chen „durch Rauschmit­tel gefügig gemacht“ wür­den, vorgeworfen.

Beson­ders gewitzt war die Argu­men­ta­tion, wonach „recht­sradikale, anti­semi­tisch eingestellte Kreise“ und vor allem Hein­rich Himm­ler am Bud­dhis­mus Gefall­en gefun­den hät­ten: „[D]as Hak­enkreuz ist bere­its auf dem Grab Bud­dhas, des Begrün­ders des Bud­dhis­mus bezeugt.” Da möchte der Bock Gärt­ner spie­len! Das Hak­enkreuz bzw. die Swasti­ka ist ein Jahrtausende altes Sym­bol, und der Sid­dhar­ta Gau­ta­ma Bud­dha kann nichts dafür, dass dieses Sym­bol seit der NS-Ära für Ver­nich­tungspoli­tik und Krieg ste­ht. Himm­ler hat übri­gens der Bud­dhis­mus deshalb so gut gefall­en, weil er ihn als friedliche und unpoli­tis­che Reli­gion ein­schätzte, die deshalb in den von den Nazis zu erobern­den asi­atis­chen Gebi­eten beson­ders ver­bre­it­et wer­den sollte. Ähn­lich zynisch war die Hal­tung Himm­lers zu den Zeu­gen Jeho­vas, die im Reichs­ge­bi­et wegen ihres Paz­i­fis­mus in die Konzen­tra­tionslager geschickt wur­den, deren Paz­i­fis­mus aber für die Völk­er im Osten Himm­ler willkom­men war: „Bei allen Turk-Völk­ern kommt die bud­dhis­tis­che Glaubenslehre in Betra­cht, bei allen anderen Völk­ern dage­gen die Lehre der Bibelforscher.“

Adam wurde in Krems zu der sehr milden Geld­strafe von 5.400 Euro wegen Ver­het­zung verurteilt. Die Beru­fungsver­hand­lung am OLG Wien lief ähn­lich ab wie die Ver­hand­lung in Krems. Der Vertei­di­ger von Adam mühte sich damit ab, Adam und die Flug­blatt-Het­ze über den Bud­dhis­mus mit der Satire-Zeitschrift „Char­lie Heb­do“ zu ver­gle­ichen. Adam selb­st hielt ein „langes Abschlussplä­doy­er“, wie „Glo­ria TV“ ver­meldete. In Krems dauerte es einein­halb Stun­den – ver­mut­lich hat es sich in der Beru­fungsver­hand­lung ähn­lich gezo­gen. Wie in Krems gab es auch in Wien deut­liche Beifalls- bzw. Miss­fal­l­en­skundge­bun­gen des Pub­likums, was die vor­sitzende Rich­terin ver­an­lasste, zweimal mit Räu­mung zu dro­hen. Und da fol­gt im Bericht von Glo­ria TV ein Satz, den muss man ein­fach zitieren: „Die Antwort des Volkes: ‚Erst soll­ten Sie hinausgehen’.”

Über­raschend war dann das Urteil des OLG-Sen­ats: Das Urteil der Erstin­stanz wegen Ver­het­zung wurde aufge­hoben und gle­ichzeit­ig erfol­gte ein Schuld­spruch wegen Her­ab­würdi­gung religiös­er Lehren. Der Angeklagte wurde zu 90 Tagsätzen à 30 Euro verurteilt, davon die Hälfte bed­ingt auf drei Jahre.