Der eigentliche Anlass liegt schon weit zurück. Im März 2012 fand in der Gemeinde Gföhl (NÖ) eine Befragung der Gemeindebürger zum geplanten Bau eines buddhistischen Stupa statt.
Beispiel einer Stupa, © 2003, Gérald Anfossi, CC BY-SA 2.5
Alfons Adam hatte im Vorfeld der Abstimmung gegen das „Herüberschwappen“ der „menschenverachtenden Ideologie“ des Buddhismus gemeinsam mit den unterstützenden Organisationen „Mission Europa-Netzwerk Karl Martell“, „Wiener Akademikerbund“, „Institut Leo XIII.“, „Christen-Allianz“ und „Pro Vita“ mobilisiert und ein Flugblatt verbreitet, das vor Hetze nur so triefte.
In unserem Bericht zum Prozess in Krems schrieben wir:
Dem tibetischen Buddhismus, auf den das Flugblatt dann im besonderen eingeht, wird gar eine „Tendenz zur kriegerischen Welteroberung“, die Verherrlichung eines „blutigen und gnadenlosen Religionskrieges“, Verbindungen zum Giftgas-Anschlag in Tokio 1995, „Ritualmord“, der „Verzehr von Ausscheidungen und von Fleisch toter Menschen“ und „sexualmagische Praktiken zur Erleuchtung“, bei denen minderjährigen Mädchen „durch Rauschmittel gefügig gemacht“ würden, vorgeworfen.
Besonders gewitzt war die Argumentation, wonach „rechtsradikale, antisemitisch eingestellte Kreise“ und vor allem Heinrich Himmler am Buddhismus Gefallen gefunden hätten: „[D]as Hakenkreuz ist bereits auf dem Grab Buddhas, des Begründers des Buddhismus bezeugt.” Da möchte der Bock Gärtner spielen! Das Hakenkreuz bzw. die Swastika ist ein Jahrtausende altes Symbol, und der Siddharta Gautama Buddha kann nichts dafür, dass dieses Symbol seit der NS-Ära für Vernichtungspolitik und Krieg steht. Himmler hat übrigens der Buddhismus deshalb so gut gefallen, weil er ihn als friedliche und unpolitische Religion einschätzte, die deshalb in den von den Nazis zu erobernden asiatischen Gebieten besonders verbreitet werden sollte. Ähnlich zynisch war die Haltung Himmlers zu den Zeugen Jehovas, die im Reichsgebiet wegen ihres Pazifismus in die Konzentrationslager geschickt wurden, deren Pazifismus aber für die Völker im Osten Himmler willkommen war: „Bei allen Turk-Völkern kommt die buddhistische Glaubenslehre in Betracht, bei allen anderen Völkern dagegen die Lehre der Bibelforscher.“
Adam wurde in Krems zu der sehr milden Geldstrafe von 5.400 Euro wegen Verhetzung verurteilt. Die Berufungsverhandlung am OLG Wien lief ähnlich ab wie die Verhandlung in Krems. Der Verteidiger von Adam mühte sich damit ab, Adam und die Flugblatt-Hetze über den Buddhismus mit der Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ zu vergleichen. Adam selbst hielt ein „langes Abschlussplädoyer“, wie „Gloria TV“ vermeldete. In Krems dauerte es eineinhalb Stunden – vermutlich hat es sich in der Berufungsverhandlung ähnlich gezogen. Wie in Krems gab es auch in Wien deutliche Beifalls- bzw. Missfallenskundgebungen des Publikums, was die vorsitzende Richterin veranlasste, zweimal mit Räumung zu drohen. Und da folgt im Bericht von Gloria TV ein Satz, den muss man einfach zitieren: „Die Antwort des Volkes: ‚Erst sollten Sie hinausgehen’.”
Überraschend war dann das Urteil des OLG-Senats: Das Urteil der Erstinstanz wegen Verhetzung wurde aufgehoben und gleichzeitig erfolgte ein Schuldspruch wegen Herabwürdigung religiöser Lehren. Der Angeklagte wurde zu 90 Tagsätzen à 30 Euro verurteilt, davon die Hälfte bedingt auf drei Jahre.