Kickl ist empört, weil niemand von „News“ angerufen habe, bevor die Geschichte geschrieben wurde. Stimmt nicht, antwortet „News“ und veröffentlicht die Fragen an den Leiter der FPÖ-Pressestelle. Kickl und später auch Strache dementieren Zahlungen durch den FPÖ-Parlamentsklub. „Wir haben uns ein paar Mal getroffen. Daraus ist so etwas wie eine Freundschaft entstanden. Das war’s aber auch schon”, erzählt er „Österreich“ (24.5.2015). Das Honorar für die Wahrsagerin könnte aber auch durch eine andere FPÖ-Einrichtung bezahlt worden sein. „News“ erklärt, jederzeit den Wahrheitsbeweis antreten zu können.
Honorarabrechnung Wahrsagerin, Faksimile News 21 (2015)
Die Wahrsagerin aus Niederösterreich schweigt auf ihrem Facebook-Profil zur Debatte zwischen „News“ und Kickl. Sie könnte zumindest die Frage nach dem Honorar beantworten. Eine andere vermutlich nicht. Nämlich: Wer hat „News“ die Infos gesteckt? Der Beitrag in der Print-Ausgabe von „News“ (Nr. 21 /2015) endet so: „Nur engste Vertraute durften Strache auf seinen energetischen Reisen begleiten. Nicht alle sollen die Vorlieben des Chefs bedingungslos teilen.“
War es einer dieser Vertrauten oder war es ein Mitarbeiter, der – wie vor wenigen Jahren beim damaligen Klubvize Fichtenbauer, dem Volksanwalt der FPÖ, einfach ein Dokument kopiert und weitergeschickt hat? Gerüchte nähren die Variante mit dem Vertrauten, aber was bringen da schon Gerüchte? Da können wir ja gleich zu der Wahrsagerin gehen!
Wir sind zumindest auf ihr Facebook-Profil gegangen, das auch ohne Zahlung eines Honorars ziemlich aussagekräftig ist. Das Spezialgebiet von Tina Puchinger ist die Numerologie oder Zahlenmystik. Die interessiert uns nicht so sehr wie das, was sie auf Facebook so postet. Und das ist ziemlich heftig.
Am 29. März postete Tina zum Absturz des Germanwings-Flugzeugs Airbus A320 über den französischen Alpen, bei dem 150 Menschen ums Leben kamen: „hatte wieder einmal recht“. Womit hatte die Wahrsagerin Recht? Das Posting verweist auf einen Link, in dem davon die Rede ist, dass das Flugzeug schon vor dem Aufschlag explodiert sei. Absoluter Mumpitz, wie er seit dem Absturz in wirklich Dutzenden Varianten durch die sozialen Netze geistert.
Damit aber nicht genug. Einen Tag später, am 30. März, wieder ein Posting von Tina, der Numerologin, zum Absturz der Germanwings-Maschine: „ich hatte wieder recht“. Näheres gibt sie nicht preis – vielleicht gegen Honorar? Der Link verweist diesmal an die „Internetz-Zeitung“, die wissen will, dass der mutmaßliche Todespilot Andres Lubitz tot in einem PKW in Barcelona aufgefunden wurde, also nicht die Maschine in den Crash pilotiert haben kann. Natürlich ist auch diese Meldung erstunken und erlogen, aber Tina, die Wahrsagerin und Freundin Straches, hatte „wieder recht“. So wie sie auch schon bei Jörg Haider die Katastrophe vorausgesagt haben will. „Ich hätte Jörg retten können“, erklärt sie in „News“. Zum Konkretisieren hätte sie aber „persönliche Schwingungen gebraucht” – die gab’s aber damals nicht. Im Unterschied zu Strache oder auch zum Airbus.
Beim Foto eines Mädchens mit Verletzungen im Gesicht, das Tina auf Facebook teilte, fehlte offensichtlich jede Schwingung: „Teile dies, wenn du gegen Gewalt an Kindern bist….“ Empfiehlt die Bildunterschrift. Aber das Foto zeigt nicht ein Kind, dem Gewalt angetan wurde, sondern eines, das gestürzt ist. Andere Posterinnen weisen Tina, die Wahrsagerin, darauf hin, aber Tina schweigt dazu.
Ein anderer Link, den Tina teilt, ist noch um einiges heftiger bzw. sehr deutlich in seiner politischen Ansage: „Obama bittet Europa, sich als Austragungsort für den Dritten Weltkrieg bereitzuhalten.“ Und dann heißt es in dem Link von „Neopresse.com“ weiter: „Zur Aufrechterhaltung einer bewährten Tradition hat Obama wieder Europa den Zuschlag erteilt.” Eine unglaubliche Ansage, die glauben machen will, dass die Aufträge für den Ersten und Zweiten Weltkrieg aus den USA gekommen seien!
Straches Wahrsagerin teilt nicht nur übelste rechtsextreme Verschwörungstheorien und andere Schwachsinnigkeiten, sondern auch stinknormale Hetzpostings, die sich gegen Flüchtlinge richten. Kein Wunder, dass sich unter denjenigen, denen ihre Postings gefallen, auch etliche mit stark rechtsextremer Einstellung befinden. Und was sagt Strache zu seiner Wahrsagerin: „Ich bin nicht verhext.“ Wir erinnern uns an ein Interview, das er zu Beginn des Jahres mit „News“ geführt wurde. Damals schwurbelte Strache zu Chemtrails, Kornkreisen, Lichtnahrung und dem Klimawandel herum. Der Mann hat wirklich ein Problem, und das ist nicht nur die Wahrsagerin!