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Krems (NÖ) : Prozess wegen Verhetzung

Im März 2012 kam es in Gföhl bei Krems zu einer Bür­ge­rIn­nen­be­fra­gung über den geplan­ten Bau eines Stu­pa, eines bud­dhis­ti­schen Bau­werks. Mehr als zwei Drit­tel der Gemein­de­bür­ge­rIn­nen stimm­ten gegen den Bau. Im Vor­feld war die Orts­be­völ­ke­rung mit zahl­rei­chen, teil­wei­se het­ze­ri­schen Post­wurf­sen­dun­gen bom­bar­diert wor­den. Eines die­ser Flug­blät­ter führt jetzt zu einem Nach­spiel vor dem Lan­des­ge­richt Krems. Wegen […]

12. Nov 2013

Wegen des Ver­dachts der Ver­het­zung muss sich der Rechts­an­walt Alfons A. am Mitt­woch, 13.11. vor dem Lan­des­ge­richt Krems ver­ant­wor­ten. Er war für eine Post­wurf­sen­dung ver­ant­wort­lich, die den Titel trug „Bud­dhis­mus in Öster­reich – ein Wolf im Schafs­pelz“. Das Flug­blatt wur­de von der „Mis­si­on Euro­pa – Netz­werk Karl Mar­tell“, dem „Wie­ner Aka­de­mi­ker­bund“, „Insti­tut Leo XIII.“, der „Chris­ten-Alli­anz“ und von „Pro Vita Bewe­gung für Men­schen­recht auf Leben“ unterstützt.

Dem Bud­dhis­mus wur­de in dem mehr­sei­ti­gen Text so ziem­lich alles unter­stellt, was an reak­tio­nä­ren Phan­ta­sien mög­lich ist: neben einer angeb­lich frag­wür­di­gen Hal­tung zu Dro­gen­sucht und Selbst­mord ist es vor allem der Vor­wurf der Pädo­phi­lie: „Mit sol­chen unkla­ren Aus­sa­gen wird der Pädo­phi­lie Tür und Tor geöff­net“, heißt es im Text.

Dem tibe­ti­schen Bud­dhis­mus, auf den das Flug­blatt dann im beson­de­ren ein­geht, wird gar eine „Ten­denz zur krie­ge­ri­schen Welt­erobe­rung“, die Ver­herr­li­chung eines „blu­ti­gen und gna­den­lo­sen Reli­gi­ons­krie­ges“, Ver­bin­dun­gen zum Gift­gas-Anschlag in Tokio 1995, „Ritu­al­mord“, der „Ver­zehr von Aus­schei­dun­gen und von Fleisch toter Men­schen“ und „sexu­al­ma­gi­sche Prak­ti­ken zur Erleuch­tung“, bei denen min­der­jäh­ri­gen Mäd­chen „durch Rausch­mit­tel gefü­gig gemacht“ wür­den, vorgeworfen.

Nach­dem die krau­sen Vor­wür­fe detail­liert aus­ge­brei­tet wur­den, wird dann auch noch ein nega­ti­ver Wahr­heits­be­weis erbracht:

„Falls dies Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen der bud­dhis­ti­schen Leh­re wären, wie bereits behaup­tet wur­de, hät­te der Dalai Lama dar­auf hin­wei­sen und sie rich­tig­stel­len kön­nen“.

Und weil der Dalai Lama nicht auf die Vor­wür­fe ein­ge­gan­gen ist, stim­men sie für die Ver­fas­ser bzw. wer­den die Gföh­ler Bür­ge­rIn­nen ersucht, gegen das „Her­über­schwap­pen“ der „men­schen­ver­ach­ten­den Ideo­lo­gie“ nach Öster­reich zu stim­men und den Bau des Stu­pa abzulehnen.

Auch heu­te – nach den Ermitt­lun­gen bzw. der Ankla­ge wegen Ver­het­zung – steht der Beschul­dig­te Alfons A. noch immer zu der Het­ze von damals:

Dem „Kurier“(9.11.2013) erklär­te er im Gespräch:

„Ich habe nur das Flug­blatt gese­hen und zuge­stimmt. Soviel ich über den Bud­dhis­mus tibe­ti­scher Aus­prä­gung weiß, stimmt alles in dem Flug­blatt…. Aus heu­ti­ger Sicht wür­de ich das sel­ber noch viel schär­fer ver­fas­sen und die Prak­ti­ken und Ritua­le, die auch heu­te noch durch­ge­führt wer­den, durch Zita­te bele­gen“.

Die zahl­rei­chen Post­wurf­sen­dun­gen und öffent­li­chen Erklä­run­gen gegen den Stu­pa haben ihre Wir­kung damals nicht ver­fehlt. Vom Diö­ze­san­bi­schof über den mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen Por­no-Humer bis hin zur Pius­bru­der­schaft stieg so ziem­lich alles aus dem fun­da­men­ta­lis­tisch- reak­tio­nä­ren Lager in der katho­li­schen Kir­che auf die Bar­ri­ka­den. Auch FPÖ und BZÖ misch­ten im Glau­bens-und Kul­tur­krieg flei­ßig mit. Für Ewald Stad­ler (BZÖ) war der Stu­pa ein „Göt­zen­tem­pel“, für die FPÖ ein „kul­tur­frem­der, bud­dhis­ti­scher Mega-Tem­pel“. Ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken, ob die Mehr­heit in einer Gemein­de über eine reli­giö­se Min­der­heit ent­schei­den kön­ne, wur­den völ­lig igno­riert. Die Stu­pa-Befür­wor­te­rIn­nen agier­ten völ­lig defen­siv und ver­schreckt. An der Volks­be­fra­gung 2012 nah­men zwar nur knapp mehr als die erfor­der­li­chen 50 Pro­zent der Stimm­bür­ge­rIn­nen teil, aber von denen ent­schie­den 67 Pro­zent gegen den Bau des Stupa.

Mit der Ver­hand­lung vor dem Lan­des­ge­richt Krems steht zumin­dest in einem Fall zur Debat­te, ob und wie­viel Het­ze unzu­läs­sig ist. 

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