Markus Ripfl, der FPÖ Jungspund aus Niederösterreich, der nach Peter Paul R. befragt werden hätte sollen, war überhaupt nicht freundlich. Mit einem „Und Tschüss — danke!” bog er das Mikro der Redakteurin nach unten, was Edwin H. neben ihm sichtlich gefiel. Peter Paul R. war zwar freundlicher, ein Interview verweigerte er dennoch.
„Was ist Ihre Botschaft heute?“, fragte ihn die Redakteurin. „Keine“, antwortete er, „es gibt die Organisatoren, mit denen können Sie da Interviews führen.“– „Sie wollen nicht mit uns sprechen?“ – „Nein, das ist so vereinbart.“ Ende des Gesprächs, das in dem Video „Das Schweigen der Pegida-Unterstützer“ von nachrichten.at zu sehen und zu hören ist.
Dabei hätte er einiges zu erzählen. Peter Paul R. ist nämlich jener Südtiroler Politiker, der im Februar 1997 einen anderen Politiker, den Landtagsabgeordneten Christian Waldner durch mehrere Schüsse aus einem Kleinkalibergewehr ermordet hat. Das Besondere an den Tatumständen, die beiden waren persönlich und politisch befreundet, bot in der Folge ausreichend Stoff für Spekulationen.
Christian Waldner war der erste Obmann der Südtiroler Partei „Die Freiheitlichen”, die 1992 gegründet wurde. Waldner hatte wie Peter Paul R. zuvor die Jugendorganisation der Südtiroler Volkspartei (SVP) im Streit verlassen. Die beiden betrachteten die Autonomie für Südtirol als nicht ausreichend und fanden in Jörg Haider einen bereitwilligen Unterstützer. Im Dezember 1992 wurde in Anwesenheit von Jörg Haider und Walter Meischberger die Partei „Die Freiheitlichen” im Reichrieglerhof gegründet, wo fünf Jahre später Christian Waldner von Peter Paul R. erschossen wurde.
Waldner zog wenige Monate nach der Gründung der „Freiheitlichen” gemeinsam mit Pius Leitner in den Südtiroler Landtag ein – die Partei hatte auf Anhieb 6 Prozent erreicht. Die blaue Konjunktur dauerte nicht lange. 1994 löste Pius Leitner Waldner als Parteiobmann ab, und 1995 wurde der aus der Partei ausgeschlossen. Die offizielle Erklärung war, dass Waldner zu wenig gearbeitet habe, die inoffizielle, dass es finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben habe.
Während der gemeinsamen Zeit in der Jugendorganisation der SVP und danach bei den „Freiheitlichen” waren Waldner und Peter Paul R. eng befreundet. R. war Bildungs- und Kulturreferent des Südtiroler Schützenbundes und Chefideologe der „Freiheitlichen”. Für die Rechtsaußen-Postille „Junge Freiheit“ verfasste er Beiträge, eine Tätigkeit, die er dann Jahre später aus der Haft heraus fortsetzte.
Die Zeitschrift „profil“ beschrieb ihn so:
Zu allen Leuten ist er freundlich, bemüht, verbindlich. Wenn es aber um die „Südtiroler Sache” geht, wird er verbohrt, fast fanatisch.
Als er etwa im Dezember 1994 glaubte, in Südtiroler Patriotenkreisen bewege sich ein österreichischer Provokateur, ging er mit einer Sachverhaltsdarstellung zu Gericht und Medien und setzte alle Hebel in Bewegung, um seine Südtiroler Freunde vor dem Mann zu warnen. Er befürchtete, der „Provokateur”, der österreichische Ex-Bundesheeroffizier Helmut St., wolle die Patriotenszene in den Aufbau einer paramilitärischen Untergrundorganisation verwickeln, um sie im Auftrag eines italienischen Geheimdienstes zu kompromittieren. Rainer bewegt sich gern unter „Südtirol-Aktivisten”, die an jeder Ecke einen Terroristen oder Agenten wittern. (profil, 24.2.1997)
1996 schien Peter Paul R. kurzfristig auf der von den österreichischen Blauen ins Internet gestellten Wahlliste für die Wahlen zum Europäischen Parlament als Kandidat der FPÖ mit der Zuordnung Bundesland Südtirol auf. Eine Provokation – so ganz nach den Vorstellungen der FPÖ, die nach öffentlichem Protest wieder entsorgt wurde.
Waldner, der auch nach seinem Ausschluss bei den „Freiheitlichen” sein Landtagsmandat behielt, näherte sich in der Folge der „Lega Nord” an, deren Koordinator für Südtirol er hätte werden sollen. Wenige Wochen vor seiner Ermordung erzählt er: „Ich habe eine Geschichte, welche die Freiheitlichen in Südtirol auslöschen wird.” (profil,24.2.1997)