Köln stellt sich quer, Demonstration gegen Pegida, © Raimond Spekking / CC BY-SA‑4.0
Natürlich sind nicht alle TeilnehmerInnen an den Pegida-Aufmärschen Neonazis. Aber die bloß Unzufriedenen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, den Resonanzraum für rassistische und rechtsextreme Politik zu bilden.
Eine erste empirische Untersuchung der Technischen Universität Dresden zu Pegida und den Motiven der Demonstrierenden hat das nicht besonders spektakuläre Ergebnis erbracht, dass der „typische“ Pegida-Demonstrant 48 Jahre alt, männlich, relativ gut ausgebildet und konfessionslos ist. Selbst der zarte Widerspruch, dass vorwiegend konfessionslose Menschen (73%) für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung in Dresden auf die Straße gehen, ist nicht weiter überraschend. Schließlich ist Pegida explizit gegen Unterstützung für die linke kurdische PKK – in Deutschland genauso wie in Österreich! Aber genau deren KämpferInnen, konkret die von der Schwesterorganisation YPG/YPJ sind es, die in Kobane und anderen befreiten Gebieten Syriens ihr Leben für den Kampf gegen den Islamischen Staat riskieren.
Der Pegida-Erfinder Lutz Bachmann gibt sogar zu, dass ihm die „Idee“ für Pegida wegen der PKK kam. Der „Bild“-Zeitung erklärte er im Dresden-Lokalteil: „Nach einer Aktion von PKK-Anhängern auf der Prager Straße wollten wir etwas tun. Dort wurden Waffen für die verfassungsfeindliche und verbotene PKK gefordert – da bin ich dagegen. Also gründeten wir eine Facebook-Gruppe.“
Und was soll man von einer Bewegung halten, die vollmundig gegen Gewalt und Extremismus sowie für die Abschiebung von kriminellen Asylwerbern auftrittt, unter deren Anführern aber etliche Kriminelle, Hooligans und Neonazis zu finden sind?
Einige Beispiele:
Der Versammlungsleiter von Hagida in Hannover, Olaf Schulz, ist ein Mitglied der rechtsextremen Identitären. Die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtete, dass unter den (nur) zweihundert Demonstrierenden am 12.Jänner neben Identitären „einzelne NPD-Mitglieder sowie Angehörige der Hooligan-Szene“ zu finden waren und es dabei auch zu einem ernsthaften Zwischenfall kam: „So gelang es einer größeren Gruppe Neonazis und rechtsradikaler Hooligans, sich aus der Hagida-Versammlung zu lösen und Journalisten anzugreifen.“
Zum Berliner Pegida-Ableger Bärgida gibt es eine sehr eindeutige Stellungnahme des Verfassungsschutzes. Dessen Berliner Chef Palenda sagte zur ARD: „Das, was wir hier in Berlin haben, sind vor allen Dingen durchaus auch rechtsextremistisch gesinnte Personen, die versuchen, ein Thema zu okkupieren und Unzufriedenheit von Bürgern zu nutzen.“ (zit. nach derstandard.at, 6.1.15)
Bei der Dügida, der Gruppe in Düsseldorf, stand schon ziemlich bald fast, dass sie in der Hand von Rechtsextremisten ist. Wegen Melanie Dittmer, der aus dem Neonazi-Milieu kommenden Sprecherin von Dügida, die jetzt bei der rechtsextremen Partei Pro NRW ist, gibt es sogar Zoff mit Pegida. Der von Pegida eingesetzte Nachfolger als Sprecher bedeutet allerdings auch keine Abgrenzung zum Rechtsextremismus: er war Aktivist der German Defence League.
Nazi-Hooligans, die vor Monaten noch als HoGeSa aktiv waren, bilden in Köln jetzt den Kern der DemonstrantInnen von Kögida. Bei der letzten Demo am Montag waren es dennoch nur 150, die unter anderem „Lügenpresse auf die Fresse“ skandiert haben.
Bruna Sudetia mit angeblich 60 Burschis in Dresden, Faksimile der FB-Seite der Bruna Sudetia
Zum Abschluss noch ein Blick nach München. Dort heißt der Pegida-Ableger Bagida und wird im Kern laut „Süddeutsche Zeitung” (13.1.15) von Neonazis dominiert. Mindestens 200 Neonazis waren laut Ermittlungsbehörden unter den 1.500 Demonstrierenden. Die Neonazi-Szene in Bayern war nach dem Verbot der Kameradschaft Freies Netz Süd im Frühjahr 2014 etwas zersplittert; die Bagida-Demos könnten den Neonazis jetzt wieder Aufschwung geben.
In allen deutschen Städten, wo sich Ableger von Pegida gebildet haben, waren die Gegendemonstrationen weitaus mächtiger: In München waren etwa 15.000 bei der Gegendemo. Von einem „breiten Fundament“ (wie das der „Presse“-Kommentator Christian Ultsch am 11.1.2015 behauptete) kann bei den diversen Pegida-Ablegern keine Rede sein – es sind fast durchwegs Aufmärsche von wenigen hundert Personen, vorwiegend aus dem rechtsextremen und neonazistischen Spektrum. Die Ausnahme bildet Dresden. Einen Erklärungsansatz für diese Sonderstellung liefert Gregor Gysi von der Partei „Die Linke“, der vor allem bei Älteren eine ostdeutsche Mentalität als Ursache ausmacht.
Ein beeindruckendes Zeichen gegen die Pegidisten setzte übrigens der Düsseldorfer Musiker Thomas Beckmann, der sich mit seinem Cello mitten unter die Dügida-Demonstrierenden mischte und ihnen Johann Sebastian Bachs „Ich steh‘ mit einem Fuß im Grabe“ vorgeigte.
Der „Standard“ (15.1.15) greift heute das Thema der Deutschen von Pegida Österreich auf und kommt dabei zum gleichen Ergebnis wie „Stoppt die Rechten”: „Fans von Pegida Österreich sind großteils Deutsche“ Im Gegenzug finden sich unter den Demonstrierenden von Pegida Dresden die Burschis der Wiener Bruna Sudetia wieder, die dafür von deutschen Neonazis heftig gelobt werden.