Ein Ägypter, der in Groß-Enzersdorf ein Haus erworben hat, lässt im Dezember 2014 ein Wegekreuz, das unmittelbar vor seinem Haus auf einem Grünstreifen steht, durch Bauarbeiter umsägen. Der zweifellos illegale Vorgang findet rasch seinen Weg in die Öffentlichkeit und zur FPÖ. Aus dem Ägypter wird rasch ein „gläubiger Moslem“, aus dem umgesägten (60 Jahre alten) Jesuskreuz ein „historisches Kruzifix“.
Die Gemeinde reagiert eigentlich vorbildlich: Sie sucht sofort das Gespräch mit dem Pfarrer als Eigentümervertreter und dem Hausbesitzer, der dazu verpflichtet wird, auf seine Kosten Reparatur und Wiedererrichtung des Kreuzes zu finanzieren. Ein geeigneter Ort für die Neuaufstellung wird noch gesucht, denn der Pfarrer ist der Meinung, dass das Kreuz, ein Wegekreuz, eigentlich nicht mitten in eine Siedlung gehöre.
Die FPÖ ist mit dieser Lösung nicht zufrieden, sondern wittert Verrat an der christlichen Kultur. Das Kruzifix müsse genau dort wieder aufgestellt worden, wo es vorher gestanden habe. Dem Ägypter stehe es ja frei, das Land zu verlassen, wenn er sich von unserer Kultur provoziert fühle, so der FPÖ-Obmann Rene Azinger.
Ende Jänner 2015 sind in Niederösterreich Gemeinderatswahlen – da geht sich noch ein kleiner Kulturkampf aus. Eine Petition wird gestartet: „Das Kreuz in Groß-Enzersdorf muss wieder an seine ursprüngliche Stelle.“ 776 Personen haben bisher die Petition unterschrieben, aus Groß-Enzersdorf allerdings nicht mehr als 30. Deutsche, slowakische, spanische, ja sogar thailändische UnterstützerInnen beharren darauf, dass in Groß-Enzersdorf das Kreuz wieder an der alten Stelle errichtet werden müsse. Und natürlich viele Wiener! Blaue Wiener in erster Linie. Vermutlich sind sie von „unzensuriert“ über den „Kulturverlust“ alarmiert worden. Dort weiß ein Verteidiger der abendländischen und blauen Kultur, was zu tun wäre: „Vielleicht würde dem Tschuschenschwein…ein brennendes Kreuz in seinem Garten besser gefallen ?!“
In voller Pracht zeigt sie sich da die blaue Kultur. Ein brennendes Kreuz ist es zwar nicht geworden, aber ein provisorisches Kreuz wurde von den „Identitären” tatsächlich vor dem Haus des Ägypters neu aufgestellt. Der Kulturkampf musste jedenfalls weitergehen, schließlich sind es noch einige Wochen bis zu den Gemeinderatswahlen.
Also rief die FPÖ zu einer „Kundgebung für den Erhalt der österreichischen Kultur“ auf. Ob es historisch- „kulturelle“ Gründe hatte, dass nicht die niederösterreichische FPÖ, sondern die Wiener FPÖ die Presseaussendung dafür ins Netz stellte? Schließlich war Groß-Enzersdorf in einer Zeit, da Wien „Groß-Wien“ und Deutschland „Groß-Deutschland“ war, Teil von Wien.
Bei der Kundgebung am 12.1. waren die Wiener Blauen mächtig vertreten: durch die Abgeordneten Gudenus, Irschik, Baron, Hofbauer und Mahdalik. Sogar der abgesägte Martin Graf war präsent, wie die NÖN berichten. Von der niederösterreichischen FPÖ fehlten alle Granden. Trotz Großaufgebot der Wiener – sogar der Pegida-Mann „Donar Wien” soll das Kundgeben geübt haben – kamen nicht mehr als rund 80 Personen zusammen, um sich gemeinsam zu fürchten.
Ein „unzensuriert“-Poster hatte vor der Kundgebung noch kräftig vor der jihadistischen Gefahr, die von Groß Enzersdorf ausgeht, gewarnt: „Heute schneiden sie unsere Kreuze um, morgen schneiden sie unsere Köpfe ab …”
Im Stadtpark von Groß Enzersdorf hatte sich im Kontrast und als Alternative zum blauen Kulturmief ebenfalls am Samstag „eine bunt zusammengewürfelte Gruppe“ unter dem Motto „Unsere Kultur ist weltoffen“ zusammengefunden: Rote, Grüne, Schwarze , Neos, Jugendliche und Leute aus der Pfarre, wie die „NÖN“ (13.1.2015) berichteten.