Die Zahlen, die von der Staatsanwaltschaft präsentiert werden, sind etwas verwirrend: 133 nationalsozialistisch motivierte Sachbeschädigungen werden den beiden Angeklagten vorgeworfen. Diese betreffen nicht nur die Stolpersteine – 59 von insgesamt knapp 250 sollen auf das Konto der beiden Angeklagten gehen. Da aber insgesamt 70 Stolpersteine beschmiert wurden, fehlen noch die Täter für die restlichen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich dabei um „Trittbrettfahrer” handelt. Woher diese Gewissheit?
Als im Oktober 2013 der erste Täter (20) verhaftet wurde, war in den ersten Berichten davon die Rede, dass zwei Mädchen (16 und 17) sowie zwei Burschen (18 und 20) bei den Nazi-Provokationen Schmiere gestanden hätten. Der Salzburger Polizeidirektor Ruf erklärte damals: „Der Umfang ihrer Beteiligung ist aber noch nicht ganz klar.” (APA, 25.10.13)
Schmiererein in Salzburg
In der Anklage ist von diesen Tatbeteiligten nicht mehr die Rede, sondern davon, dass die beiden Angeklagten die Taten „teilweise miteinander, teilweise allein verübt haben und gelegentlich einander abwechselnd Schmiere gestanden sind“, so Staatsanwalt Holzleitner (Kronen Zeitung Salzburg, 24.10.14).
Schmiererein in Salzburg
Die beiden mutmaßlichen Täter saßen bis April 2014 in U‑Haft. Währenddessen wurden aber nicht nur weitere Stolpersteine beschmiert, sondern auch das Mahnmal der „Opfer für Freiheit und Menschenwürde“ am Salzburger Kommunalfriedhof im Dezember 13 mit dem Schriftzug „Horst Wessel“ und im Jänner mit „Horst Mahler“. Auch die Synagoge in der Lasserstraße wurde neuerlich attackiert. Im Mai folgten die Zerstörung des Euthanasie-Denkmals, Attacken auf das Büro der Homosexuellen Initiative, auf ein Notquartier der Caritas, begleitet von antiziganistischen Hetztiraden gegen „rumänische/bulgarische Bettlerbanden“. Das sollen überall „Trittbrettfahrer“ gewesen sein?
Soweit erkennbar, steht hinter der Anklage eine Heidenarbeit der Ermittlungsbehörden. Dem zur Tatzeit 20-Jährigen werden 61, seinem Komplizen 128 Fakten zur Last gelegt. Das ist gegenüber dem Erkenntnisstand vom Herbst 2013 eine beträchtliche Ausweitung der Fälle von Wiederbetätigung, die den beiden Verdächtigten zugeordnet werden konnten. Das macht aber die offenen Fragen nach den weiteren Tätern und den Strukturen der Salzburger Neonazis nicht überflüssig oder nebensächlich – im Gegenteil!