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Ei, ei, ei – wie rassistisch ist die Polizei?

Dass es Ras­sis­mus und auch Rechts­extre­mis­mus bei der hei­mi­schen Poli­zei gibt, ist wenig über­ra­schend. Das unter­schei­det sie auch kaum von Poli­zei­ein­hei­ten in ande­ren Län­dern. Der Unter­schied liegt mög­li­cher­wei­se im Aus­maß und im Umgang. Denn hier­zu­lan­de wird in ers­ter Linie schön­ge­re­det oder geschwie­gen. Das wol­len wir ändern, indem wir uns mit rechts­extre­men und ras­sis­ti­schen Ten­den­zen in […]

3. Aug 2014

2009 kon­sta­tier­te Amnes­ty Inter­na­tio­nal in sei­nem Jah­res­be­richt für Poli­zei und Jus­tiz in Öster­reich ein mas­si­ves Ras­sis­mus-Pro­blem. Dem Innen­mi­nis­te­ri­um warf der Gene­ral­se­kre­tär von Amnes­ty Öster­reich, Heinz Pat­z­elt, damals vor, ent­spre­chen­de Berich­te und Vor­wür­fe von Amnes­ty als „iso­lier­te Ein­zel­fäl­le“ abtun zu wol­len. Der Vor­sit­zen­de der AUF-Wien, der frei­heit­li­che Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Wer­ner Her­bert, wies die Vor­wür­fe als „unhalt­ba­re Anschul­di­gun­gen“ und als Unter­stel­lung eines „per­ma­nen­ten und kol­lek­ti­ven Amts­miss­brauchs“ (OTS, 29.5.2009) zurück.

Im Dezem­ber 2009 reagier­te die dama­li­ge Innen­mi­nis­te­rin Maria Fek­ter auf die Kri­tik, die nicht nur von Amnes­ty vor­ge­tra­gen wur­de, mit einem von ihr ver­kün­de­ten Para­dig­men­wech­sel, mit dem sie die Poli­zei zur „größ­ten Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on“ in Öster­reich machen woll­te. Zumin­dest kurz­fris­tig waren damit die „Reh­lein-Augen“, mit denen Fek­ter Mona­te zuvor zynisch ihre Abschie­bungs­po­li­tik im Fall Zogaj kom­men­tier­te, wie­der in den Hin­ter­grund getreten.


In Öster­reich auch denk­bar? Der Ver­ein „Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft kri­ti­scher Poli­zis­tin­nen und Poli­zis­ten” wur­de 1987 gegrün­det. Aus­lö­ser waren die Ereig­nis­se wäh­rend eines Poli­zei­ein­sat­zes in Ham­burg, bekannt als Ham­bur­ger Kes­sel. Meh­re­re Poli­zis­tIn­nen spra­chen sich öffent­lich gegen die­sen Poli­zei­ein­satz aus. Der Ver­ein setzt sei­ne Schwer­punk­te auf The­men wie Men­schen­rech­te und Bür­ger­rech­te ins­be­son­de­re im Bereich des Polizeidienstes.

Als die anti­ras­sis­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on ZARA im März die­ses Jah­res ihren Bericht für das Jahr 2013 prä­sen­tier­te, titel­te sie ihn mit „Poli­zei und Jus­tiz auf ras­sis­ti­schem Auge blind“ und stell­te ernüch­tert fest: „An der Pro­ble­ma­tik, dass auch in Poli­zei und Jus­tiz Ras­sis­mus noch weit ver­brei­tet ist bezie­hungs­wei­se nicht genü­gend reflek­tiert und ernst genom­men wird, hat sich, seit Zara vor nun­mehr 15 Jah­ren mit Anti-Ras­sis­mus-Arbeit begon­nen hat, offen­bar nichts Grund­le­gen­des geändert.”

Wer­ner Her­bert, mitt­ler­wei­le Bun­des­vor­sit­zen­der der AUF, reagier­te erwar­tungs­ge­mäß und bezeich­ne­te die Vor­wür­fe als „völ­lig uner­heb­lich“: „Hier sind ledig­lich sub­jek­ti­ve Emp­find­lich­kei­ten diver­ses­ter Per­so­nen doku­men­tiert, die wohl eher am lin­ken Rand der Gesell­schaft stehen.”

Als der Lin­zer Poli­zist und Men­schen­rechts­ak­ti­vist Uwe Sai­ler im Dezem­ber 2013 in einer Exper­ten­dis­kus­si­on des ÖAMTC zu Migra­ti­on und Mobi­li­tät davon sprach, dass rund ein Drit­tel der Poli­zis­tIn­nen ras­sis­ti­sche Ein­stel­lun­gen hät­ten, gab es natür­lich den übli­chen Reflex von Wer­ner Her­bert: Sai­ler sol­le schleu­nigst den Dienst quit­tie­ren und auf­hö­ren, „wider bes­se­ren Wis­sens einen gan­zen Berufs­stand anzu­pat­zen“ (OTS, 5.12.2013).

Vor weni­gen Tagen erhob ein akti­ver Poli­zist, der anonym blei­ben woll­te, gegen­über dem „Stan­dard“ schwe­re Vor­wür­fe zum „struk­tu­rel­len Ras­sis­mus“ bei der Poli­zei: „Wit­ze über Tür­ken und Afri­ka­ner sind nor­ma­ler All­tag. Wenn man nicht mit­lacht, gilt das qua­si schon als Pro­test, und man wird schnell zum Außenseiter.”

Von Wer­ner Her­bert, der mitt­ler­wei­le zurück­ge­stuft nur mehr als Bun­des­rat für die FPÖ neben­be­ruf­lich tätig ist, liegt dazu noch kei­ne Stel­lung­nah­me vor, aber sie wür­de sicher nicht vom gewohn­ten Sche­ma abwei­chen. Weder Uwe Sai­ler noch der anony­me Poli­zist aus Tirol haben in ihren State­ments die Poli­zei ins­ge­samt als ras­sis­tisch bezeich­net. Der anony­me Tiro­ler Poli­zist wies sogar dar­auf hin, dass die zum The­ma ange­bo­te­nen Schu­lun­gen aus­ge­zeich­net, aber eben frei­wil­lig und daher zumeist nur von den ohne­hin offe­nen Beam­ten besucht sei­en. Offe­ne Kri­tik hin­ge­gen ist nicht erwünscht: „Nur sobald man den Mund auf­macht, bekommt man Ärger.“

Für Ärger sor­gen nicht unbe­dingt immer die Vor­ge­setz­ten, aber ziem­lich ver­läss­lich die FPÖ und ihre Abge­ord­ne­ten. Gegen Uwe Sai­ler, den in Sachen Rechts­extre­mis­mus und Ras­sis­mus (nicht nur bei der Poli­zei) am klars­ten expo­nier­ten Poli­zis­ten, wur­den Dut­zen­de par­la­men­ta­ri­sche Anfra­gen und auch straf­recht­li­che Anzei­gen durch FPÖ-Abge­ord­ne­te in Stel­lung gebracht – wohl immer mit dem Ziel, das auch der obers­te frei­heit­li­che Per­so­nal­ver­tre­ter und FPÖ-Man­da­tar Wer­ner Her­bert for­mu­lier­te: Sai­ler soll nicht län­ger Poli­zist sein.

Höchs­te Zeit also, sich die Akti­vi­tä­ten der FPÖ bei der Poli­zei etwas genau­er anzuschauen.

➡️ Brau­ne Pro­blem­bä­ren im Dienst der Polizei?