Objekt 21: Die Braunen im Rotlicht

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Es sind vie­le Zeu­gen gela­den im Pro­zess gegen Alex­an­der G., den aka­de­misch aus­ge­bil­de­ten Bor­dell­be­sit­zer, der die Neo­na­zi-Trup­pe von Objekt 21 für Spe­zi­al­auf­trä­ge ange­heu­ert hat. Heu­te steht Alex­an­der G. in Wels vor Gericht. Sein Ver­tei­di­ger rech­net mit einem raschen Abschluss, da G. ein „umfas­sen­des Geständ­nis“ able­gen wer­de und auf die Zeu­gen­ein­ver­nah­me mög­li­cher­wei­se ver­zich­tet werde.

Die Lat­te der Delik­te, die Alex­an­der G. von der Ankla­ge vor­ge­hal­ten wer­den, ist lang : sie reicht von der Mit­glied­schaft in einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung über Brand­stif­tung, Sach­be­schä­di­gung, gefähr­li­che Dro­hung, Kör­per­ver­let­zung bis hin zum schwe­ren Betrug.

Die nack­ten Fak­ten der Ankla­ge wir­ken aller­dings wie Buch­hal­ter-Pro­sa im Ver­gleich zu dem, was sich da – über eini­ge Jah­re ver­teilt – zwi­schen Rot­licht und brau­nem Sumpf abge­spielt hat.

Alex­an­der G. (53), ein aus­ge­bil­de­ter Betriebs­wirt, hat nach einer wenig erfolg­rei­chen Pha­se im Immo­bi­li­en-Busi­ness Anfang der 2000er Jah­re ent­deckt, dass im Rot­licht-Bereich viel Geld zu ver­die­nen ist. Aller­dings — und in die­sem Punkt unter­schei­det sich der Rot­licht-Sek­tor kaum vom nor­ma­len Busi­ness – gibt es auch Kon­kur­ren­ten, die nicht immer mit lau­te­ren Mit­teln ihre Markt­an­tei­le ver­tei­di­gen bzw. aus­bau­en wollen.

Alex­an­der G. erkann­te also bald, dass er, um sei­ne Geschäf­te pro­fi­ta­bel betrei­ben zu kön­nen, Leu­te brau­chen könn­te, die mit Leu­ten, die Pro­ble­me machen, reden soll­ten. So ähn­lich steht’s sogar in der Ankla­ge­schrift drin­nen: G. such­te Pro­blem­lö­ser, die „allein durch ihr Erschei­nungs­bild auf even­tu­el­le Pro­blem­ma­cher abwei­send“ wir­ken soll­ten: eine brau­ne Schutztruppe!


Auch Micha­el K. war bei der brau­nen Rotlicht-Schutztruppe
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2007 und 2008 gab es die ers­ten Kon­tak­te und Auf­trä­ge, bei denen schon die Neo­na­zis von Objekt 21 als Aus­füh­ren­de auf­tra­ten. Ins­ge­samt flos­sen angeb­lich etwas mehr als 10.000 Euro für die Auf­trä­ge von G.: ein Brand­an­schlag auf ein Bor­dell in Hal­lein und zwei Prügelaufträge.

Ab 2009 gab es dann eine Neue­rung: der bis­he­ri­ge Kon­takt­mann der O‑21-Neo­na­zis wur­de vom eigent­li­chen Chef, Jür­gen W. abge­löst und aus den „Werk­ver­trags­ho­no­ra­ren“ wur­de ein monat­li­ches Fixum von 3.000 Euro . Für die­se Sum­me stan­den die Neo­na­zis in Bereit­schaft, egal, ob etwas zu erle­di­gen war oder nicht. Zu erle­di­gen waren zunächst Rau­fe­rei­en, Bom­ben­dro­hun­gen oder etwa Stör­ak­tio­nen in einem geg­ne­ri­schen Puff, bei denen But­ter­säu­re sowie gif­ti­ge und ungif­ti­ge Skor­pio­ne aus­ge­setzt wur­den, um die Geschäf­te etwas zu stören.

Die Aktio­nen wur­den teil­wei­se film­reif und auf­wen­dig vor­be­rei­tet. Man traf sich z.B. auf Auto­bahn­rast­stät­ten zur Vor­be­spre­chung und dann setz­te sich ein Ein­satz­team von O‑21 ins Auto, fuhr von Wind­ern (OÖ) zum Ein­satz­ort (zumeist Wien) und führ­te die Auf­trä­ge aus. Die Ein­satz­teams waren wech­selnd besetzt, fast immer aber waren deut­sche Neo­na­zis als Gast­ar­bei­ter beteiligt.

2012 im Mai dann der letz­te Ein­satz. Alex­an­der G. beauf­trag­te die brau­ne Trup­pe, eines sei­ner eige­nen Loka­le abzu­fa­ckeln, damit es nicht der Kon­kur­renz in die Hän­de fal­le – „ver­brann­te Erde“ sozu­sa­gen. Der Auf­trag wur­de erfolg­reich erle­digt und es gab sogar Son­der­prä­mi­en. Im Herbst soll­te dann noch ein Spe­zi­al­ein­satz nach Mafia-Art erfol­gen: einem Kon­kur­ren­ten von G. soll­te das Knie zer­schos­sen wer­den. Die Ört­lich­kei­ten waren schon aus­ge­kund­schaf­tet, die Waf­fe schon besorgt, dann wur­de aber der Auf­trag von G. zurück­ge­zo­gen: es waren die letz­ten Wochen der Koope­ra­ti­on zwi­schen dem Bor­dell­be­sit­zer und der brau­nen Trup­pe von O 21.

Die Koope­ra­ti­on mit Alex­an­der G. umfass­te übri­gens nur einen Teil­be­reich der kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten von Objekt 21.

Unklar ist, ob im Pro­zess gegen Alex­an­der G. auch der Ver­such, über einen Anwalts­ge­hil­fen Zeu­gen­aus­sa­gen zu beein­flus­sen, zur Spra­che kom­men wird. Der Anwalt bzw. sein Gehil­fe wei­ger­ten sich näm­lich, den Auf­trag­ge­ber zu nen­nen.

Gegen die zwei Chefs von Objekt 21, Jür­gen W. und Manu­el S., wird wegen ihrer kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten getrennt Ankla­ge erhoben.