Objekt 21: Da waren’s nur noch sieben …

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Hopp­la, das ging aber schnell! Nur weni­ge Stun­den, nach­dem wir ges­tern berich­te­ten, dass die Ankla­gen nach dem NS-Ver­bots­ge­setz gegen die Objekt 21-Neo­na­zis noch in den Ster­nen stün­den, mel­de­te sich die Staats­an­walt­schaft Wels mit einer Pres­se­aus­sendung zu Wort: Sie habe am 6. Juni 2013 eine Ankla­ge­schrift ein­ge­bracht. War­um aber trotz­dem nichts gut ist.

In ihrer Pres­se­aus­sendung erläu­tert die Staats­an­walt­schaft Wels ihre Anklage:

„Den Beschul­dig­ten wird (in unter­schied­li­cher Betei­li­gung) Betä­ti­gung im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sin­ne und die Ver­herr­li­chung und Heroi­sie­rung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie als Ver­ant­wort­li­che des Ver­eins „Objekt 21 — Frei­zeit und Kul­tur­ver­ein“ vor­ge­wor­fen. Sie hät­ten in den Jah­ren 2008 bis 2010 an einer öffent­li­chen, der Ver­herr­li­chung und Heroi­sie­rung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie die­nen­den Ver­an­stal­tung teil­ge­nom­men, natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Sym­bo­le und Täto­wie­run­gen vor­ge­zeigt, eine Haken­kreuz­arm­bin­de und eine Gür­tel­schnal­le der deut­schen Wehr­macht mit Haken­kreuz getra­gen, den Arm zum Hit­ler­gruß geho­ben, in einem Par­ty­raum NS- bzw. SS-Devo­tio­na­li­en auf­ge­hängt, dem Ver­bots­ge­setz wider­spre­chen­de Lie­der abge­spielt und NS-Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al zur Ver­tei­lung bereitgehalten.“

Die Erläu­te­rung wirft alte und neue Fra­gen auf: Die Ankla­ge stützt sich auf Ermitt­lungs­er­geb­nis­se aus den Jah­ren 2008 bis 2010. Wir schrei­ben aber jetzt das Jahr 2013. War­um brauch­te man so lan­ge, um aus den Ermitt­lungs­er­geb­nis­sen von 2008 bis 2010 eine Ankla­ge zu for­mu­lie­ren? Die noch immer nicht rechts­kräf­tig ist, wie aus der Pres­se­aus­sendung hervorgeht.


Zum Ver­gleich: Links die Reichs­kriegs­flag­ge der Nazis Bild­quel­le; Rechts ein Screenhot der „Objekt 21” Home­page und das Sym­bol des Nach­fol­ge­pro­jekt „Nor­dic Squad”

Spä­tes­tens 2010, als die Neo­na­zis von Objekt 21 öffent­lich und ein­schlä­gig auf­fie­len, hät­te die Ankla­ge­be­hör­de aktiv müs­sen. Die Tages­zei­tung „Öster­reich“ berich­te­te am 16. Juni 2010, dass der Ver­fas­sungs­schutz genü­gend Bewei­se bei einer Haus­durch­su­chung gesam­melt habe, aber die Staats­an­walt­schaft Wels das Ver­fah­ren ver­schlep­pe. Die Zei­tung zitiert einen Rich­ter: „[D]a in Wind­ern sind es Dut­zen­de, die sich umge­ben von Reichs­ad­ler und SS-Sym­bo­lik tref­fen. Der Tat­be­stand ist ein­deu­tig.” Im April 2011 berich­ten die Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten (OÖN), dass die Ermitt­lun­gen der Staats­an­walt­schaft Wels zu Objekt 21 wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung „in Kür­ze zum Abschluss kom­men“ dürf­ten (OÖN, 14.4. 2011).

Der Zeit­be­griff ist bekannt­lich rela­tiv, aber wer hät­te dabei an wei­te­re zwei Jah­re gedacht? Und nicht zu ver­ges­sen: Hät­te es nach dem April 2011 „in Kür­ze“ eine Ankla­ge und damit wohl auch „in Kür­ze“ einen Straf­pro­zess wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung gege­ben, dann hät­ten wohl eini­ge der Brand­an­schlä­ge, Dieb­stäh­le, Kör­per­ver­let­zun­gen, Erpres­sun­gen, Raub­über­fäl­le, Sucht­gift­de­lik­te usw., die spä­tes­tens seit dem Jän­ner 2013 den Neo­na­zis von Objekt 21 zuge­schrie­ben wer­den, nicht ver­übt wer­den können.

Im Jän­ner 2013 gibt die ober­ös­ter­rei­chi­sche Poli­zei bekannt, dass es ihr gelun­gen sei, das kri­mi­nel­le Netz­werk um Objekt 21 aus­zu­he­ben und Staats­an­walt­schaft Wels, dass die Ermitt­lun­gen wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung gegen die Objekt 21-Neo­na­zis „aktu­ell fer­tig wer­den“ (Der Stan­dard, 26.1.2013). Im März 2013 stellt der grü­ne Lan­des­rat Rudi Anscho­ber nach einer Sit­zung des oö. Lan­des­si­cher­heits­rats ernüch­tert fest, dass es noch immer kei­ne Ent­schei­dung der Staats­an­walt­schaft über die Ankla­ge gebe. (OÖN, 5.3.2013)

Im Mai 2013 wer­den dann die Aus­sa­gen der Wel­ser Staats­an­walt­schaft end­lich kon­kre­ter: Am 24. Mai berich­tet die APA, dass bei Objekt 21 in zwei unter­schied­li­chen Krei­sen ermit­telt wür­de: zum einen wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung gegen zehn Per­so­nen, zum andern wegen diver­ser ande­rer straf­recht­li­cher Delik­te gegen ins­ge­samt 35 Per­so­nen. Jetzt ver­laut­bart die Staats­an­walt­schaft, dass von den zehn Per­so­nen, gegen die wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung seit drei Jah­ren ermit­telt wur­de, nur mehr gegen sie­ben Ankla­ge erho­ben wer­de. War­um nur sie­ben? Im Objekt 21 tum­mel­ten sich zwi­schen 100 bis 200 Per­so­nen, bei den ein­schlä­gi­gen Neo­na­zi-Kon­zer­ten gröl­ten Dut­zen­de, bei zumin­dest zehn Per­so­nen lagen nach drei Jah­ren offen­sicht­lich aus­rei­chen­de Ermitt­lungs­er­geb­nis­se vor, und dann wer­den nur sie­ben angeklagt?