Martin Graf hat den Blog unzensuriert.at gegründet, macht fleißig Werbung für die rechte E‑Postille und tritt auch gelegentlich als Autor in Erscheinung. Seine engen Mitarbeiter Walter Asperl, der das Büro des Präsidenten leitet und wie Graf Burschenschafter der Olympia ist, und Alexander Höferl, sein Pressesprecher und Gothia-Burschenschafter, treten – vermutlich in ihrer kargen Freizeit – als Redakteure und verantwortliche Funktionäre des Vereins zur Förderung der Medienvielfalt auf. Als Herausgeberin und Medieninhaberin fungiert seit April 2012 die 1848 Medienvielfalt Verlags GmbH. Ein kleines Medien-Imperium mit wechselnder Anschrift, das auch ein Jahrbuch und ein vierteljährliches „Hochglanzmagazin“ verlegt.
Im Impressum von unzensuriert.at distanziert man sich ausdrücklich von politischem Extremismus im Internet, „von sämtlichen Seiten, die extremistisches oder verhetzendes Gedankengut transportieren“: „Dies gilt für extreme Ausprägungen auf beiden Seiten des politischen Spektrums, getreu dem demokratischen Grundkonsens, auf dem unsere Republik Österreich errichtet wurde.“
Klingt gut, obwohl der demokratische Grundkonsens, auf dem die Republik Österreich errichtet wurde, sich ausdrücklich auf die Ablehnung und Bekämpfung des Nationalsozialismus bezieht und im Staatsvertrag festgeschrieben ist, dass Österreich „alle Spuren des Nazismus“ aus dem öffentlichen Leben entfernen wird.
Martin Grafs Werbung für unzensuriert
Dass Martin Graf mit dem antifaschistischen Grundkonsens der Republik seine Probleme hat, ist hinlänglich bekannt. Vielleicht sind deshalb „Spuren des Nazismus“ auf unzensuriert.at so deutlich sichtbar?
Am 23. Mai erschien ein kurzer redaktioneller Beitrag auf unzensuriert, in dem der Selbstmord des rechtsextremen Schriftstellers Dominique Venner, der sich aus Protest gegen die „Zerstörung der Familie“ durch die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erschoss, als „starkes Zeichen“ gewürdigt wurde. In seinem Abschiedsbrief, aus dem unzensuriert zitiert, spricht er der Politik Kraft und Sinn ab („Die Politik ist nicht mehr das Band, das dem Leben einen Sinn gibt.“) und votiert für die direkte Aktion: „Man muss Worte durch Taten bekräftigen können, man muss das Leben einsetzen und dies muss bis zur Bereitschaft reichen, das Leben zu opfern, wenn es erforderlich scheint.“ Ein rechtsextremer Selbstmörder, der auf ‚unzensuriert mit unverhohlener Sympathie beschrieben wird – das sollte eigentlich schon ausreichen, um dem Dritten Präsidenten die Frage zu stellen, in welcher Gesellschaft er sich da umtreibt.
Es kommt aber noch wesentlich ärger. In den Kommentaren wird zunächst einmal gegen Homosexuelle gehetzt: „Diese Kugel hätte in den Schädel so eines grauslichen warmen Bruders gehört. Vom Poposchnaxler ist nicht mehr weit bis zum Kinderschänder, sieht man ja bei den Grünen“, schreibt „Rechtes Schwert“. Ein anderer Kommentator bedauert, dass Venner den Fehler begangen hat, abzutreten, „ohne wenigstens den einen oder anderen Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen“.
Als sich „der faule Willi“ Sorgen macht wegen der „Nazi-Diktion“ in einigen Kommentaren, geht es aber erst richtig los. „Silke” erklärt ihm ganz offen: „Nazi-Diktion ist mir zehn Mal sympatischer als Pseudo-Dämokrötengeschwätz.“ Was „Silke“ von Parlamentarismus und Wahlen hält, bekennt sie an anderer Stelle ganz offen: „Die manipulierten Wahlen können uns sonstwo vorbei gehen“ und „Das Regime bürgert Stimmsöldner ein um Wahlen zu verfälschen.“
„Silke“, die von den „Dämokröten“ spricht, wird aber noch übertroffen von „Eule“. 1945 war für ihn nicht nur Finis Germaniae (das Ende Deutschlands), sondern Finis Europae. „Eule“ sinniert deshalb auch über den Suizid des „ehrenwerten Mannes“:
Eine bessere Wirkung hätte dieser ehrenwerte Mann erzielt, wenn er ein paar Parlamentswanzen oder Redaktionshetzer breivikisiert hätte. Breiviks, die hinter jeder Hausecke auf sie lauern, finden sie nicht sehr bereichernd. Wenn sie den permanenten Krieg im Inneren und den Völkermord ins Volk tragen, ist es wohl nicht verkehrt, wenn der Krieg zu ihnen zurückkehrt statt sie die unverdienten Pründe (sic!) genießen zu lassen.
Die öffentliche Wirkung des Suizids, so „Eule“, blieb aus, weil die Medien „fest in der Hand der zionistischen Genozidbefürworter am Weissen Europa sind.“
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass „Eule“ doch einigen Widerspruch erntet. Einer merkt an, dass die „Verherrlichung eines Massenmords a la Breivik“ strafrechtlich relevant ist: „Offensichtlich schert sich die unzensuriert-Redaktion halt nicht darum.“ Ein anderer merkt ebenfalls an: „Dass die Betreiber dieser Website Gestalten wie Sie hier dulden, ist bemerkenswert und durchaus ein Fall für die Staatsanwaltschaft.“
Das finden wir auch und merken zusätzlich noch an: Das Geschreibsel von Neonazis ist jenseits der strafrechtlichen Relevanz auch ein Fall Martin Graf. Auf dem Blog unzensuriert, für den Martin Graf Werbung betreibt, den er gegründet hat und wo seine Mitarbeiter Asperl und Höferl verantwortlich sind, wird ganz offen und ungeniert gegen „Migratten“, „Dämokratten“ und „Dämokröten“ gehetzt, die „Breivikisierung“ von „Parlamentswanzen“ und „Redaktionshetzern“ befürwortet und von „zionistischen Genozidbefürwortern“ an der „weißen Rasse“ gesprochen.
Die NS-Propaganda verwendete ebenfalls Begriffe wie „Ungeziefer”, „Wanzen”, „Läuse” …
Die einschlägigen Postings wurden jedenfalls bis 28.5.13 nicht gelöscht.