Stadtwerkstatt Linz und Galerie Hofkabinett hatten die von der Wiener Künstlerin Marika Schmiedt gestaltete Ausstellung organisiert, die von den Oberösterreichischen Nachrichten (15.4.) so beschrieben wurde: „Nachdenklich wird man an der Plakatausstellung Marika Schmiedts, die das Thema Rassismus kritisch in den Blick nimmt. Auch dafür hat es Platz.“
Offensichtlich hat eine kritische Auseinandersetzung mit dem Rassismus doch keinen Platz, wenn es fanatischen ungarischen Nationalisten und dem Verfassungsschutz nicht gefällt!
Bilder der Ausstellung und der heruntergerissenen Plakate auf stwst.at — Die Gedanken sind frei
Schon im Vorfeld der Ausstellungseröffnung entlang eines Baustellenzauns kam es zu einem Vorfall. Eine Frau reißt eines der ausgestellten Plakate herunter, beschimpft die Künstlerin und die Veranstalterin von der Stadtwerkstatt Linz. Ihr Begleiter fotografiert währenddessen Veranstalterin, Künstlerin und die Plakate und entreißt der Künstlerin ihr Handy, als diese den Vorfall dokumentieren will. Auf dem Blog von Marika Schmiedt findet sich dazu eine ausführliche Darstellung.
Zwei Tage nach dem Vorfall bzw. der Ausstellungseröffnung sind sämtliche 31 Plakate entfernt. Die Veranstalterin Olivia Schütz von der Stadtwerkstatt erhält auf Nachfrage die Bestätigung, dass die Plakate ganz offiziell von der Linzer Polizei abgenommen worden sind und mit der Künstlerin auch Kontakt aufgenommen worden sei, „ob die entfernten (und zerrissenen!) Collagen von ihr noch benötigt werden, oder entsorgt werden können“. Sowohl Künstlerin als auch Veranstalterin bestreiten entschieden eine Kontaktaufnahme durch die Polizei. Ob die Plakate im Auftrag des Verfassungsschutzes (und mit welcher rechtlichen Grundlage) abgenommen wurden, weil es sich, wie der Blog „Der Paria” schreibt, nach Ansicht des Verfassungsschutzes um „rassistische Bilder“ handle, wird die Inneministerin über eine parlamentarische Anfrage beantworten müssen.
Mittlerweile hat sich auf dem Blog von Marika Schmiedt auch die Stadtführerin Beate Hofstadler, die das erste Plakat heruntergerissen hat, zu Wort gemeldet und die Plakate als „Diffarmierungen [sic!] des ungarischen Volkes“ bezeichnet – die übliche Täter-Opfer-Umkehr. In ihrem Posting gibt sie an, dass alle Plakate fotografiert und an das Büro des ungarischen Ministerpräsidenten sowie an die Wiener Rechtsanwältin Eva Maria Barki weitergeleitet worden seien.
Barki hat im Dezember 2006 gemeinsam mit Krisztina Morvai, die dann für die rechtsextreme Jobbik-Partei ins Europäische Parlament gewählt wurde, ein Pressegespräch mit dem bezeichnenden Titel „Demokratie versus Polizeistaat“ abgehalten. 2010 hat sie nach eigenen Angaben den Aufmarsch ungarischer Rechtsextremisten in Oberwart angemeldet, der von dem neonazistischen Info-Portal kuruc.info beworben wurde.
Kuruc.info, das zu Hitlers Geburtstag jubelte, dass er seinem Volk gedient und als Mensch ein Beispiel gegeben habe, während der Holocaust mit keinem Wort wahr sei, ist jetzt jenes Medium, das offen gegen die Ausstellung der „Judenkünstlerin“ hetzt. Der Beitrag von kuruc.info ist übrigens reichlich bebildert mit Fotos von der Ausstellungseröffnung.
In Österreich wurde bislang nur von unzensuriert.at über die Kunstaktion von Marika Schmiedt berichtet – anhand von Informationen, die aus der Sachverhaltsdarstellung von Barki stammen. Die polizeiliche Zensur-Aktion wird in dem Beitrag von unzensuriert.at mit keinem Wort erwähnt. Dafür wird der Beitrag mit einem Foto illustriert, das auch von kuruc.info verwendet wird. Sicher ein reiner Zufall sicher!