Das Kreuz mit dem Hakenkreuz

Wenn der Inns­bruck­er FPÖ-Spitzenkan­di­dat Rudi Fed­er­spiel gegen Nordafrikan­er het­zt und damit an den Gemein­der­atswahlkampf der FPÖ Inns­bruck 2012 erin­nert, kommt der ÖVP Tirol kein bös­es Wort über die Lip­pen. Wenn der ÖVP-Kri­tik­er und Aufdeck­er Markus Wil­helm aber einen Beitrag zum „ÖVP-Parteitag am recht­en Ort“ auf seinem Blog dietiwag.org mit einem Hak­enkreuz illus­tri­ert, dann wird geklagt.

Markus Wil­helm hat in seinem Blog-Beitrag wed­er der Tirol­er ÖVP noch der „Area 47“ im Ötz­tal, wo der Wahlkamp­fauf­takt der Tirol­er ÖVP am 6. April stattge­fun­den hat, NS-Wieder­betä­ti­gung vorge­wor­fen. Er kri­tisiert die Verquick­ung zwis­chen ein­er Sub­ven­tion der Tirol­er Lan­desregierung für die Even­thalle „Area 47“ und einem Inser­at von „Area 47“ in der ÖVP-Mit­gliederzeitung „Tirol­er Weg“ und weist dann auf die Konz­erte der Böhse Onkelz-Cover­band Stain­less Steel und Frei.Wild in der „Area 47“ im Jahr 2012 hin: „So gese­hen hat Plat­ter für seinen angestrebten Wahlkampfhöhep­unkt den stim­mig­sten und zur Marke ÖVP passend­sten Ver­anstal­tung­sort gefun­den: sym­bol­haft für Vorgestrigkeit und tiefen poli­tis­chen Morast. Bess­er hätte es die ÖVP nicht tre­f­fen kön­nen.“ (Quelle: dietiwag.org)

Der zen­trale Vor­wurf ist der der ÖVP-„Freunderlwirtschaft“, den Wil­helm über seinen Blog ja nicht zum ersten Mal erhebt: „Es riecht ziem­lich scharf nach Filz, mit einem kräfti­gen Bou­quet aus Fre­un­derl­wirtschaft und Klün­gelei, das im Abgang an Kor­rup­tion erinnert.“

Die ÖVP Tirol und „Area 47“ haben mit ein­er Klage auf Kred­itschädi­gung und Unter­las­sung geant­wortet, „zumal sie durch Anbringung des Hak­enkreuzes auf der Home­page mit nation­al­sozial­is­tis­chem Gedankengut in Verbindung gebracht wer­den. Dadurch entste­ht insofern Schaden, als deren Kred­it, der Erwerb und Fortkom­men sowie deren wirtschaftlich­er und poli­tis­ch­er Ruf gefährdet wer­den“ (Kro­nen Zeitung, 6.4.13).

Für die Illus­tra­tion des Beitrags „ÖVP-Parteitag am recht­en Ort“ hat Wil­helm das Logo von „Area 47“ deut­lich erkennbar über­pin­selt und zu einem Hak­enkreuz umge­formt. Das Bezirks­gericht Silz hat über eine einst­weilige Ver­fü­gung laut „Kro­ne“ genau das fest­gestellt: „Das Emblem bzw. das Logo wurde durch eigen­mächti­gen Ein­griff bewusst der­art verän­dert, dass dieses unzweifel­haft ein Hak­enkreuz darstellt.“ (Kro­nen Zeitung, 6.4.13) In diesem Ein­griff sieht das Bezirks­gericht allerd­ings eine Ver­let­zung des NS-Ver­bots­ge­set­zes – eine mehr als gewagte Inter­pre­ta­tion! Das Ver­bots­ge­setz han­delt die Recht­fer­ti­gung, Ver­harm­lo­sung und Leug­nung von NS-Ver­brechen sowie die klas­sis­che NS-Wieder­betä­ti­gung ab und stellt sie unter Strafan­dro­hung, nicht aber den Ein­satz gegen Neonazismus.

Die Darstel­lung eines Hak­enkreuzes ohne die Absicht der NS-Wieder­betä­ti­gung wird im Abze­ichenge­setz geregelt, das zunächst die Ver­bre­itung und Darstel­lung, auch das Tra­gen von Abze­ichen, Uni­for­men, Sym­bol­en und Emble­men „ein­er in Öster­re­ich ver­bote­nen Organ­i­sa­tion“ (damit sind im konkreten Fall die ver­schieden­sten Gliederun­gen der NSDAP und andere NS-Organ­i­sa­tio­nen gemeint) ver­bi­etet, im § 2 aber aus­drück­lich eine Aus­nahme vom Ver­bot vor­sieht, „wenn nicht das Ideengut ein­er ver­bote­nen Organ­i­sa­tion gut­ge­heißen oder propagiert wird“. Aus den let­zten Jahren sind keine Entschei­dun­gen der Jus­tiz bekan­nt, Aktio­nen oder Äußerun­gen zu krim­i­nal­isieren, die gegen Recht­sex­trem­is­mus oder NS- Wieder­betä­ti­gung gerichtet waren und ihre Hal­tung durch die Ver­wen­dung von NS-Sym­bol­en aus­drück­en wollten.

Als der grüne Abge­ord­nete Andreas Wabl 1987 im Nation­al­rat eine Hak­enkreuz-Fahne entrollte, um damit gegen den dama­li­gen Bun­de­spräsi­den­ten Wald­heim und dessen unsäglichen Spruch, er habe nur seine Pflicht als Sol­dat während der NS-Zeit erfüllt, zu protestieren, gab es zwar einen öffentlichen Auf­schrei über den Tabu-Bruch (die Rechte warf Wabl in der gewohn­ten Täter-Opfer-Umkehr NS-Wieder­betä­ti­gung vor), aber keinen Ver­such der Jus­tiz, diese Demon­stra­tion zu kriminalisieren.

Die Begrün­dung des Bezirks­gerichts Silz, die derzeit nur aus der Darstel­lung der „Kro­ne“ bekan­nt ist, ist eben­so wenig nachvol­lziehbar wie die Argu­men­ta­tion des Jus­tizmin­is­teri­ums bei der anti­semi­tis­chen Karikatur, die Stra­che auf seinem Face­book-Kon­to veröf­fentlicht hat.

Siehe auch: „Stan­dard“: Tirol­er ÖVP geht mit­tels NS-Ver­bots­ge­setz gegen Aufdeck­er Wil­helm vor