Enterhaken Nr. 23 von Mayday-Graz ist soeben erschienen – mit einigen Schmankerln. Die Grazer ÖVP hat im Gemeinderatswahlkampf kurz vor Schluss versucht, die Jugendjahre des FPÖ-Spitzenkandidaten Mario Eustacchio zu thematisieren. Der konterte nicht ungeschickt, dass wohl jeder eine zweite Chance verdiene. Enterhaken analysiert das politische Wirken Eustacchios in den letzten Jahren.
Die ÖVP Graz hatte in einem offenen Brief anonyme Anschuldigungen zu angeblichen Gewalttätigkeiten des jugendlichen Eustacchio vor rund 30 Jahren aufgegriffen und auch dessen aktuellen Umgang mit Rechtsextremen zu thematisieren versucht. Damit konfrontiert, erklärte der FPÖ-Spitzenkandidat der APA: „Ich habe damals einen Haufen Auseinandersetzungen, auch handfeste, gehabt. Darauf bin ich nicht stolz. Ich bin aber der Meinung, jeder verdient eine zweite Chance und diese habe ich genutzt. Ich habe daraus gelernt.“ (APA, 14.11.2012)
Klingt vernünftig, aber was hat er wirklich gelernt? Der Enterhaken knöpft sich die aktuelle Politik der Grazer FPÖ vor, ihre Hetze gegenüber Muslimen und Bettlern, aber auch Eustacchios Phantasien über die „Vermehrungsraten“ von MuslimInnen. In der medialen Öffentlichkeit hat der FPÖ-Spitzenkandidat den Ruf eines Gemäßigten – vermutlich, weil er langsamer spricht als Strache. Schaut man nämlich genauer hin, dann verdampft das moderate Image schnell. Eustacchio, der Alte Herr der Burschenschaft Stiria, hielt erst 2011 die Feuerrede bei der Sonnwendfeier des Wiener Korporationsrings und posiert für die ORF-Kamera vor Burschenschafterinsignien. Damals haben wir uns auch seine Facebook- Freundesliste angesehen und einige bemerkenswerte Früchterl aus der braunen Ecke dabei gefunden. Seine Freundesliste auf Facebook verbirgt Eustacchio mittlerweile vor der Öffentlichkeit, mit den Gebrüdern Juritz, die derzeit gemeinsam mit Richard Pfingstl und anderen wegen NS-Wiederbetätigung in Graz vor Gericht stehen, ist Eustacchio aber nach wie vor in Kontakt: „Beide seien unbescholten, er vorverurteile niemanden“, sagt Eustacchio zu Österreich (15.11.2012). Dann schiebt er einen Satz nach, den man nicht nur zweimal lesen, sondern auch mit den Fakten im Enterhaken gegenlesen sollte: „Richtig ist, dass ich gemeinsam mit anderen Freunden und einem der beiden vor einem halben Jahr einmal Billard spielen war. Das ist ein anständiger Bursche. Ich würde es sicher wieder tun.“ (Österreich, 15.11.2012)
Der eine anständige Bursche Juritz 2011 auf Facebook
Zu dem „anständigen Burschen“ schreibt der Enterhaken: „Während des Prozesses wurde er von Eustacchio höchstpersönlich abends in ein Grazer Lokal ausgeführt.“ Freiheitliche Prozessbegleitung für wegen NS-Wiederbetätigung Angeklagte? Die FPÖ als Resozialisierungsanstalt für Neonazis?
Mit Richard Pfingstl, einem der Hauptangeklagten des steirischen Neonazi-Prozesses, beschäftigt sich ein weiterer Beitrag im neuen Enterhaken und im Beitrag „Spätpubertierende Neonazis“ und „politische Soldaten“, die keine mehr sein wollen, wird ein Resüme über die bisherigen Ergebnisse im Grazer Neonazi-Prozess gezogen.