Martin Graf, Parlamentspräsident der dritten Art, behauptet, der Aufmarsch der heimischen Hetzer und der Scharfmacher aus ganz Europa, die Parade von Schlagenden, Auschwitzleugnern und deutsch völkischen Haßpredigern sei ein Ball wie jeder andere. Wir wissen es besser. Der Festzug des Rassismus ist kein unpolitisches Brauchtum. Er ist eine politische Kampfansage gegen ein Europa der Vielfalt und der Menschenrechte.
Die so genannten Germanen, Teutonier oder Olympen nennen sich national, aber sie wollen nicht österreichisch, sondern deutscher als die Deutschen sein. Sie schließen an die Traditionen des Deutschnationalismus an, als hätte Auschwitz nie existiert. Ihre eigentliche Heimat ist das Reich, das 1945 unterging. Die geistlosen Ergüsse dieser Verbindungsbrüder zwischen Rechtsextrem und Neonazismus taugen nicht für das Parkett der Republik. Ihre Absonderungen stammen vom Abort der Vergangenheit, und dort passen sie auch hin. Das eigentliche Vergnügen der Schmißbacken ist die Angstmache. Das altbackene Geschmeiß gehört nicht in die Hofburg. Nicht am 27. Jänner, nicht am 8. Mai und nicht am 1. April. An keinem Tag des Jahres! Die Rechtsrechten haben dort nichts zu suchen.
Martin Graf, der Burschengschaftlhuber der Freiheitlichen, behauptet, seine Burschen hätten sich nichts dabei gedacht, just am 27. Jänner, am Tag der Befreiung von Auschwitz hier anzutanzen. Ich erwarte mir das auch gar nicht. Die denken nicht an die Ermordeten. Ihr Mitgefühl gehört den Tätern. Und wir wissen: Am 8. Mai, am Tag des Sieges über den Nazismus, rufen die Burschenschaften partout auf dem Heldenplatz zur völkischen Trauer. Immer wieder. Just hier. Nicht daß ich ihnen ihr Gejammer nicht gönne. Sollen sie doch ruhig Hitlers Niederlage betrauern. Ihr Reich ist dahin. Sie haben verloren. Sollen sie trauern, aber hier nicht. Nicht hier! Deshalb werden wir an diesem 8. Mai hier sein. Wir werden die Niederlage der Nazis feiern. Wir werden die Niederlage der Spukgestalten von Küssel bis Gudenus feiern. Wir werden hier stehen. Das ist ein Versprechen.
Ballsaison ist Faschingszeit. Und wirklich: Die Maskerade dauert hierzulande seit Jahrzehnten an. Seit 1945: Naziverbrecher werden als honorige Bürger kostümiert, Mordskerle der SS wurden österreichische Spitzenpolitiker, nazistische Wehrsportübungen werden als Jugendtorheit abgetan. Und ein Neonazitreff wird zum Ball in der Hofburg umgeschminkt. Es reicht! Es muß endlich Schluß sein mit diesem Mummenschanz.
Aber um die Burschenschaftler in ihrer Wichs geht es heute gar nicht. Unser Protest zielt gegen jene, die Hofburg und Heldenplatz den Wichsgestalten des Rassismus überlassen. Der Heldenplatz ist ein Symbol. Er ist ein Zentrum österreichischen Selbstverständnisses. Er gilt als der Wiener Ausgangspunkt jener Verbrechen, die später in ganz Europa wüteten. Die Hofburg ist nicht irgendeine Eventlocation. Sie dient der Darstellung dieses Staates. Hier die Führer des rechtsextremen Europa auftreten zu lassen, heißt, ihnen das Feld zu überlassen.
Ich frage: Würde Frankreich solchen Leuten gestatten, sich am 8. Mai, am Tag des Sieges über den Nazismus, vor dem Arc de Triomphe zu versammeln, um ihre Trauer zu bekunden? Sicher nicht. Und es ist richtig so. Oder wäre vorstellbar, daß heute, am Tag der Befreiung von Auschwitz im Élysée-Palast die Front National einen Ball begehen darf? Sicher nicht. Und es ist richtig so. Oder könnte die National Front in London das Schloß Windsor reservieren? Sicher nicht. Oder könnten diese Schlagenden heute ihren Ball im Berliner Schloß Bellevue abhalten? Nein. Sicher nicht. Und das ist gut so.
Ach, wie erstaunt tun doch viele hierzulande, wenn Österreich in internationalen Medien wieder als ein Hort der Vergangenheitsverleugnung dargestellt wird. Aber wer darf sich darüber wundern? Die Republik vergibt ihr symbolisches Zentrum den rechtsrechten Feinden Europas. Die Verantwortlichen für die Hofburg entziehen sich ihrer Pflicht und schützen heuer nicht das Ansehen der Republik. Das ist der Skandal! Dagegen stehen wird da!
Immerhin: Der Protest hat viel erreicht. Dieser Erfolg gehört vor allem den Unentwegten, den Aktivisten und Aktivistinnen des Antifaschismus, die seit Jahren hierher kamen, um in der Kälte auszuharren und gegen den Ball zu demonstrieren. Heuer dürfen wir zum ersten Mal auf dem Heldenplatz und die Burschenschaftler sind zum letzten Mal in der Hofburg.
Die Verantwortlichen versprechen, das soll der letzte Ball der Rechtsextremen in der Hofburg sein. Nun gilt es, zu fordern: Dabei muß es bleiben. Dafür müssen wir sorgen.