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Der rechtsextreme Martin, Cannabis und Krebs

Seit 2015 lei­det der Mar­tin (49) aus dem Pon­gau an einem aggres­si­ven Pro­sta­ta­krebs. Im Dezem­ber wur­de er vom Lan­des­ge­richt Salz­burg zu einem Jahr beding­ter Haft ver­ur­teilt. Nicht, weil er sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren selbst als Nazi bezeich­net hat, als Iden­ti­tä­rer auf­ge­tre­ten ist, auch mit der neo­na­zis­ti­schen Par­tei des Vol­kes und als Reichs­hei­ni bzw. Staatsverweigerer, […]

14. Jan 2020

„Ein unge­wöhn­li­cher Pro­zess“, befan­den die „Salz­bur­ger Nach­rich­ten“ (18.12.19), sei da am Lan­des­ge­richt Salz­burg am 17. Dezem­ber 2019 ver­han­delt wor­den. Im Rah­men einer Haus­durch­su­chung waren bei Mar­tin 35 von ihm hoch­ge­zo­ge­ne Can­na­bis­pflan­zen gefun­den wor­den. Dar­aus resul­tier­te dann die Ankla­ge wegen Ver­sto­ßes gegen das Suchtmittelgesetz.

Das aus den Pflan­zen gewon­ne­ne Can­na­bis­öl hat­te sich Mar­tin in Zäpf­chen­form ein­ge­führt: „Ich habe nie Sucht­gift ange­baut, um her­um­zu­kif­fen, mich zu berau­schen oder um damit zu dea­len. Ich habe ein­zig und allein Medi­zin her­ge­stellt – zur Selbst­be­hand­lung mei­nes Pro­sta­ta­kar­zi­noms“ (SN), erklär­te Mar­tin der Rich­te­rin. Der PSA-Wert habe sich dadurch deut­lich gesenkt, der Tumor sei geschrumpft. Die Behand­lung habe er begon­nen, nach­dem ihn zwölf Che­mo­the­ra­pien und 52 Bestrah­lun­gen „halb­tot gemacht“ hätten.

Die Rich­te­rin, die laut „SN“ „prin­zi­pi­ell Ver­ständ­nis“ für den Ange­klag­ten äußer­te, ver­ur­teil­te ihn aber dann trotz­dem zu einem Jahr beding­ter Haft, weil nach der Aus­sa­ge eines medi­zi­ni­schen Gut­ach­ters, wonach die her­kömm­li­che The­ra­pie nach­weis­lich gut gewirkt habe, kein ent­schul­di­gen­der Not­stand vor­ge­le­gen habe und daher die Anwen­dung des Can­na­bis nicht ent­schuld­bar sei: Er hät­te die ärzt­li­che The­ra­pie fort­füh­ren müssen.

Die­ses Urteil hat Mar­tin wohl indi­rekt auch sei­nen rechts­extre­men Gesin­nungs­ka­me­ra­den zu ver­dan­ken, die – so wie die FPÖ und ihre Ex-Gesund­heits­mi­nis­te­rin eine har­te Linie in der Can­na­bis-Fra­ge vertreten.

Denn eines ist so gewiss wie sein Can­na­bis-Gebrauch: Mar­tin ist ein Rechts­extre­mer, und was für einer! In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat sich Mar­tin wech­sel­wei­se und zugleich zu ver­schie­de­nen Schat­tie­run­gen des hei­mi­schen Rechts­extre­mis­mus bekannt: zu den Iden­ti­tä­ren, zur neo­na­zis­ti­schen Mini­grup­pie­rung „Par­tei des Vol­kes“, zu den Staa­ten­bünd­lern und auch – sehr direkt – als Nazi:

Ich bin Nazi..weil ich den Asyl­wahn­sinn… und die Fähig­keit der Regie­rung bezweif­le!!! Ich bin stolz dar­auf, für mei­ne hei­li­ge Hei­mat ein­zu­tre­ten. Unse­re Werte….unsere Kul­tur…“, schrieb er im Febru­ar 2016 auf FB in Ver­sa­li­en. Die­ses Pos­ting hat er irgend­wann dann wie­der gelöscht.

Martin: "Ich bin Nazi"
Mar­tin: „Ich bin Nazi”

Sein Pos­ting vom Mai 2015, in dem sich der Magis­trats­be­diens­te­te (!) nicht nur zu einer „ver­ges­se­nen Jacke“ mit 3 Gramm Can­na­bis, son­dern auch zu sei­nem Ver­hält­nis zur Repu­blik äußert, ist aller­dings noch immer online:

Stel­lung­nah­me, wegen einer Jacke,die ver­ges­sen wur­de, wo sich dar­in ca drei Gramm can­na­bis befun­den haben Aus­sa­ge Zu dem Tat­be­stand, wem die jacke gehört, die gefun­den wur­de, kann ich dazu nichts sagen, weil ich nicht weiß wem sie gehört. Hin­zu­fü­gen möch­te ich noch das ich als Geis­tig Sitt­li­ches Wesen,nicht mehr gemäs Para­graph 16ABGB als Per­son zu betrach­ten bin.Ich ver­zich­te auf die ange­bo­re­nen Rech­te und zie­he mich auf­grund schwer­wie­gen­der Pflicht­kol­li­si­on mit dem posi­ti­ven Recht ins über­po­si­ti­fe Recht zurück. Ich bin Sou­ve­rän, das bedeu­tet das ich nicht den Sta­tu­en, Nor­men, Ord­nun­gen, des Recht­staa­tes Repu­blik Öster­reich unter­ste­he, , son­dern ein­zig und allein dem Natur­recht von Erde. Damit möch­te ich ihnen sagen, auch wenn ich wüss­te wem die jacke gehört, wür­de ich mit Sicher­heit nicht zum judas von Öster­reich, den im Ver­gleich zu die­sem Unrecht Sys­tem, bin ich als Geis­tig Sitt­li­ches Wesen, am guten und am Gewis­sen Orientiert.Die Wür­de eines jeden Men­schen ist unantastbar,und ich möch­te nie­mand für solch einen Schwach­sinn, wo es kein Opfer, kei­ne Gefahr, und kei­nen Scha­den giebt,und Men­schen ihrer Grund­rech­te beraubt wer­den. Weil can­na­bis gefun­den wur­de. ! Soet­was nen­ne ich den kol­lek­ti­ven Wahn­sinn, für was unse­re Steu­er­gel­der ver­schwen­det werden.Wie jede Erfin­dung, dem Erfin­der die­nen soll­te, soll­te das Gesetz auch dem Men­schen die­nen, und nicht pro­fit­ori­en­tier­ten Unter­neh­men. Ich bin weder der Skla­ve der Roth­schild, noch der Leib­ei­ge­ne des Haupt­ver­ant­wort­li­chen Heinz Fischer. Ger­ne bin ich natür­lich bereit, wenn es um eine Straf­tat geht, wo es ein Opfer, oder einen Scha­den gie­bt, die Poli­zei, mit mei­ner gan­zen Kraft zu unter­stüt­zen, aber für das bit­te macht euch nicht lächer­lich Sou­ve­rän Mar­tin aus dem Hau­se W.“

"Souverän Martin", nicht der "Sklave der Rothschild"
„Sou­ve­rän Mar­tin”, nicht der „Skla­ve der Rothschild”

Mar­tin war nie beson­ders wäh­le­risch dabei, wel­cher rechts­extre­men Schat­tie­rung er den Vor­zug geben soll­te. 2016 rief er zu einem „Tag der Patrio­ten“ in sei­ner Hei­mat­ge­mein­de auf, der wohl der Eini­gung im rechts­extre­men Lager die­nen soll­te, man­gels patrio­ti­scher Mas­se aber ergeb­nis­los ver­puff­te. Aus dem glei­chen Jahr datiert ein wohl etwas markt­schreie­ri­sches Pos­ting, in dem sich Mar­tin als „Lan­des­füh­rer Frei­korps Divi­si­on 2016 Öster­reich“ bezeich­ne­te. Immer­hin feh­ler­frei! Auf einem ande­ren Foto aus dem Jahr 2016 prä­sen­tiert er sich stolz mit einem ande­ren Lan­des­füh­rer, näm­lich dem Edwin von den Iden­ti­tä­ren Salz­burgs, hin­ter einer rie­si­gen Flag­ge der Identitären.

Martin und der Staatenbund: "Eure kriminelle Firma Republik Österreich"
Mar­tin und der Staa­ten­bund: „Eure kri­mi­nel­le Fir­ma Repu­blik Österreich”

Sei­ne beding­te Haft­stra­fe von einem Jahr, die noch nicht rechts­kräf­tig ist, kas­sier­te er aber nicht für sei­ne diver­sen rechts­extre­men Akti­vi­tä­ten und Bekennt­nis­se, son­dern aus­schließ­lich für die the­ra­peu­ti­sche Anwen­dung von Can­na­bis. Das unver­ständ­li­che und har­te Urteil macht aus dem rechts­extre­men Mar­tin ein Opfer der Jus­tiz bzw. einen Guru eso­te­ri­scher The­ra­pie­al­ter­na­ti­ven, der inner­halb der recht­se­so­te­ri­schen Sze­ne breit her­um­ge­reicht wird. Das ist brand­ge­fähr­lich – vor allem für jene, die dem Vor­bild von Mar­tin nach­ei­fern und auf eine klas­si­sche Krebs­the­ra­pie ver­zich­ten wollen!

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