Wien-Floridsdorf: Gratisgetränke fürs Blauwählen als Bestechung?
Vor ihrem Prozess am 25.6. war leichter Stimmungswandel auf ihrem Facebook-Profil bemerkbar. Hatte sie 2019 noch versprochen, „Ich werde immer Blau wählen. Die haben mir geholfen“ und später sogar noch das Versprechen „Blau bis in den Tod!“ abgegeben, so klang das Facebook-Posting am 31.5. ganz anders: „Vor der Wahl geht deine Tür nicht zu danach hilft Dir keiner mehr. Egal welche Farbe.“ Das schürt den Eindruck, als ob die blaue Partei in letzter Zeit doch nicht so hilfreich war wie erhofft. Wobei denn?
Am 25.6. musste sich Susi R. wegen Bestechung bei einer Wahl (§ 265 StGB), am Wiener Landesgericht verantworten. Die Anklage warf der Gastronomin aus Floridsdorf vor, dieses Delikt vor der Wiener Gemeinderatswahl am 27.4.25 verwirklicht zu haben, indem sie für ihren Wahlfrühschoppen zum Blauwählen aufgefordert hat: „zeig mir ein Foto mit dem Kreuzerl an der richtigen Stelle und du bekommst 5 Gratis Getränke“ – insgesamt sind nach wie vor neun dieser Postings auf dem Facebook-Profil der Wirtin zu finden.

Allzu viele sind es anscheinend nicht gewesen, die dieser Einladung gefolgt sind, die durch die Anfütterung mit einem „Burnheidl“ erweitert wurde.
„‚Fünf oder sechs Leute waren da, jeder hat zwei bis drei Bier getrunken, um 14 Uhr habe ich zugesperrt‘, schildert sie. Die Gäste seien Stammkunden und ‑wähler gewesen, daher habe sie auch keine Überprüfung gemacht. ‚I hob ka Kreizerl gseng!‘“, sagt sie im Prozess laut „Standard“ (25.6.25) aus.
Die Wirtin hat da möglicherweise etwas untertrieben, was sonst nicht ihre Art ist. Sie teilt auf Facebook auf primitivste Weise gegen „grüne Volksschädlinge“, „Arschkriecher“, das „Pack“ (alle anderen) und gegen die SPÖ aus, die den „Ausländerdreck“ wegräumen solle.

Die Beziehung zu den Blauen wird sich schon wieder einrenken, wobei noch die Frage zu klären wäre, welche Blauen? Für die letzte Wien-Wahl empfahl die Wirtin in Floridsdorf das abtrünnige Team HC Strache. Wurde dafür auch ein „Burnheidl“ spendiert?

Der Richter war milde und
bietet der Wirtschaftstreibenden an, das Verfahren vorläufig einzustellen, sobald die Angeklagte 150 Euro Pauschalkosten an das Gericht überwiesen hat. Die 60-Jährige verspricht das, die Vertreterin der Anklagebehörde ist mit dieser Entscheidung ebenfalls einverstanden. Nach Einlangen der geforderten Summe wird die diversionelle Erledigung also rechtskräftig.“ (derstandard.at)
Wolfsberg/K: Blauer Austausch
Das Boulevardmedium „Heute“ meint, in den Wolfsberger Ereignissen einen „waschechten Politkrimi, der doch eher einer Provinz-Posse gleicht“, entdeckt zu haben. Der ORF Kärnten (27.6.25) sieht in der Wolfsberger Gemeinderatssitzung am 26.6. einen blauen „Knalleffekt“. In der „Kleinen Zeitung“ (27.6.25) ist von einem „Putsch“ die Rede. Den Berichten gemeinsam ist, dass sie die Posse, die die Blauen in Wolfsberg abgeliefert haben, kaum in die richtigen Worte fassen können.
Die Fakten: Mit fünf Mandatar*innen ist die FPÖ im Gemeinderat von Wolfsberg vertreten. Eigentlich. Denn bei der Sitzung des Gemeinderats am 26. Juni waren drei von den fünf abwesend. Die restlichen zwei „hatten zuvor per Schreiben erklärt, sie würden auf die Ausübung ihres Mandats verzichten“ (kaernten.orf.at). Es wurden daher zwei FPÖ-Ersatzgemeinderäte angelobt. Die beiden nutzten ihre neue Macht, um in der Sitzung einen Antrag auf Abberufung ihrer eigenen Stadträtin Isabella Theuermann einzubringen.
Der Wahlmodus sieht für die Wahl oder Abwahl von Mitgliedern der Stadtregierung vor, dass nur die Mitglieder jener Fraktion, der die Funktion zusteht, wahlberechtigt sind. Das waren die zwei neuen Blauen – und die wählten die Stadträtin, die wegen einer Bundesratssitzung in Wien weilte, einfach ab und einen von ihnen zum neuen Stadtrat. So einfach ist das mit Wahlen bei der FPÖ.
Die abgewählte Stadt- und Bundesrätin der FPÖ zeigte sich „schockiert“ und wollte am Tag darauf noch kein Interview führen. Im Gemeinderat will sie aber bleiben, was eine spannungsgeladene Kooperation mit ihren neuen Kollegen erwarten lässt. Der FPÖ-Bezirkschef Christian Ragger befand sich am Freitag gerade in Rom und konnte sich „aus terminlichen Gründen nicht zu der Abberufung äußern“ (kaernten.orf.at).
Was sehen wir? Viele Absenzen und viel Schweigen und die perfekten Zutaten für den blauen Austausch. Seit Donnerstag hat sich auch der FPÖ-Chef Herbert Kickl „aus familiären Gründen“ für einige Wochen zurückgezogen. Wenn das noch ein Zufall sein soll …
Absdorf/NÖ: FPÖ-Pinkler randaliert und schlägt SPÖ-Gemeinderat bewusstlos
In Absdorf gelten für den FPÖ-Gemeinderat Daniel Hollensteiner offensichtlich ganz besondere Regeln. Nach einer glatten Niederlage des Heimatvereins SV Absdorf wurde die dritte Halbzeit am Fußballplatz mit vielen Getränken abgehalten. Für den FPÖ-Gemeinderat waren es zu viele, seine Blase war gefüllt, die er auf dem Fußballfeld entleeren wollte. Ein Vorstandsmitglied, der als Ordner im Einsatz war, soll laut „Kronen Zeitung“ (27.6.25) den Blauen von der Verrichtung seiner Notdurft abgehalten und ihn des Platzes verwiesen haben. „Heute“ (27.6.25) schildert die darauffolgende Eskalation so:
Am Ausgang des Geländes angekommen, schlug der FPÖ-Politiker dem Vorstandsmitglied die Brille aus dem Gesicht und versuchte ihm einen Faustschlag zu verpassen, welcher sein eigentliches Ziel allerdings verfehlte.
Leidtragender der Situation war ein SPÖ-Gemeinderatskollege, der den Streit schlichten wollte. Die Faust des Freiheitlichen traf den SPÖler im Gesicht, woraufhin dieser bewusstlos zu Boden ging. Der Sozialdemokrat erlitt durch den Schlag eine Platzwunde und musste die Nacht im Spital verbringen.
Der Absdorfer ÖVP-Bürgermeister hat dem FPÖ-Gemeinderat daraufhin den Rücktritt dringend nahegelegt, was Andreas Bors, FPÖ-Bezirksobmann, entschieden zurückwies. Er hatte den Absdorfer FPÖ-Spitzenkandidaten Hollensteiner noch im November letzten Jahres als „engagierten und kompetenten Vertreter (…), der die Anliegen der Absdorfer mit vollem Einsatz vertreten wird“ (meinbezirk.at, 10.11.24) angepriesen.
Der FPÖ-Pinkler und ‑Prügler habe sich laut „Heute“ entschuldigt. Bei wem und wie?
Wien: FPÖ-Schnüffler am Werk
Der FPÖ im Nationalrat ist offensichtlich ziemlich fad. Am 25.6. hat ihr Generalsekretär und Abgeordneter Michael Schnedlitz als Anfragesteller an alle 14 Ressorts der Bundesregierung wortidente Anfragen mit dem Betreff „Wie viel Steuergeld-Millionen verschlingt das NGO-Business in Österreich?“ eingebracht. Jede der Anfragen enthält 2.175 Einzelfragen und 6.525 Unterfragen auf 3.192 Seiten. Insgesamt wären das 121.800 Fragen, die bis Ende August beantwortet werden sollten, wenn’s nach der FPÖ geht.
Man könnte jetzt natürlich eine Anfrage nachsetzen, wie viel Steuergeld-Millionen durch die Beantwortung dieser 30.450 Fragen und den weiteren Massenanfragen, die die FPÖ in der letzten Zeit produziert hat, verbrannt würden. Mehr als 700 Vereinen und anderen Organisationen, die pauschal abwertend im „NGO-Business“ (darunter die Caritas, das Rote Kreuz, der Dachverband Hospiz, möwe Kinderschutz …) verortet werden, will die FPÖ damit nachschnüffeln.
Es sind NGOs, die sich „insbesondere auf nationaler und internationaler Ebene gesellschafts- und umweltpolitisch engagieren“ (aus der Anfragebegründung). Diese Organisationen stellt die FPÖ zunächst einmal unter den „Business“-Verdacht und grenzt sie von den „Ehrenamtlichen, etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Alpenverein oder im sozialen und kulturellen Bereich“ ab.
Beantwortet werden sollen nicht nur alle Arten von Zahlungen an diese Vereine und deren Rechtsgrundlagen, sondern – da wird es besonders schlüpfrig mit den Fragen – auch diese Frage: „Ist oder war ein Mitarbeiter Ihres Kabinetts oder Ihrer Partei Mitglied, Mitarbeiter oder Aktivist bei der oben genannten NGO?“ Sonst noch was? Vielleicht auch die Unterhosengröße oder die sexuellen Vorlieben? Diese Frage wird bei einigen Vereinen indirekt tatsächlich gestellt – wenn die FPÖ etwa das auch bei der Homosexuellen Initiative (Hosi) Wien wissen will.

Warum ein Ressort die Frage beantworten soll, ob ein Mitarbeiter des Kabinetts oder Ihrer Partei (!) etwa beim Institut für Kultur- und Geistesgeschichte Asiens beschäftigt ist, weiß die FPÖ wohl selber nicht. Dass kein Regierungsmitglied die Fragen nach Mitgliedschaften oder Aktivitäten von Kabinettmitarbeiter*innen in einem privaten Verein beantworten darf, versteht sich eigentlich von selbst. Dass hier aber auch noch die gleiche Frage für Mitarbeiter*innen der Partei gestellt wird, der das angefragte Regierungsmitglied angehört, ist nur mehr ein weiterer Beitrag der FPÖ zur Delegitimierung des Parlaments.