Als sich Robert B. 2016 dem Landesgericht Innsbruck stellen musste, war es eine Anklage wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material, schweren Diebstahls, Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz und Amtsmissbrauchs. Schließlich war er zum Zeitpunkt seiner Taten noch Polizist und Landeschef der freiheitlichen Personalvertreter in der „AUF Polizei“. Dementsprechend jammerten er und die FPÖ heftig darüber, wie böse die Medien gegenüber einem armen Polizisten agieren würden. Zur Verhandlung erschien B. damals mit einem Ordner, auf dem außen geschrieben stand: „An die ‚liebe’ Presse! Für Eure Sensationsgier geht Ihr über Leichen!“
Wieder eine Hausdurchsuchung
Leichen gab es keine, sondern nur eine Verurteilung zu 18 Monaten Haft, davon sechs unbedingt, in erster Instanz. Wieviel davon nach der Berufung übrig blieben, wurde nicht öffentlich. Am 27.3. dieses Jahres ging es um andere Delikte: Wiederbetätigung und Waffengesetz. Seit seiner letzten Verurteilung besteht ein für B. (50) ein aufrechtes Waffenverbot. Anderes hat sich verändert. Von seiner damaligen Frau, ebenfalls Polizistin, die damals auch kurzzeitig verdächtigt wurde, ist er geschieden. Seinen Job als Polizist und seine FPÖ-Funktionen hat B. verloren.
Bei einer Hausdurchsuchung wurden nicht nur Waffen gefunden, sondern auch eine stattliche Menge Nazi-Dreck. „Devotionalien“ wäre ein Euphemismus, denn neben einem SS-Dolch und einem Fahrtenmesser der HJ lagerten in B.s Wohnsitz auch eine Hitler-Bierflasche, zwei selbstgebrannte CDs – eine mit dem Titel „Club 18“, auf der sich Hitlerreden und Musik der Neonazi-Bands „Landser“ und „Zillertaler Türkenjäger“ befanden, eine andere mit dem Titel „88“, auf der sich der Riefenstahl-Film „Triumph des Willens“ befand.
Zu dem Zeitpunkt, als Sie Polizist waren, haben Sie solche Lieder gehört? – „Ja, weil ich dumm war.“
Als ihn die Vorsitzende Richterin dazu befragte, erklärte B., die „Zillertaler Türkenjäger“ 2002 von der Plattform iMesh heruntergeladen, seither aber nicht mehr gehört zu haben. Die Richterin fragt nach: „Das heißt, zu dem Zeitpunkt, als Sie Polizist waren, haben Sie solche Lieder gehört?“ Robert B.: „Ja, weil ich dumm war.“
Dumm war er offensichtlich auch später noch. Etwa, als er seinem ältesten Sohn (14) Wurfsterne schenkte, die die Mutter dann in dessen Schultasche fand und in Verwahrung nahm. Einige Wochen später fand sie einen Elektro-Schocker in der Schultasche, was den ohnehin schon schwelenden Sorgerechtsstreit verschärfte. Als der Sohn auch noch erzählte, dass ihm der Vater den SS-Dolch gezeigt hatte, meldete die Mutter die Vorfälle dem Jugendamt.
Eine NS-Gesinnung will sie ihrem Ex bei ihrer Befragung als Zeugin dennoch nicht unterstellen, auf Nachfrage aber schon eine rassistische Gesinnung. Sie selbst ist väterlicherseits ägyptischer Herkunft, aber das sehe man ihr nicht an: Wenn er ihr das angesehen hätte, hätte er sich sicher nicht in sie verliebt, sagt die Ex-Ehefrau.
Bei der Befragung des Sohnes muss B. den Saal verlassen. Der Papa habe ihm am Tag vor der Verhandlung in einem Telefonat gesagt, dass er gut aussagen solle, damit er nicht ins Gefängnis müsse. Auch wisse er, der Vater, nicht, was mit der Katze passieren solle, wenn er ins Gefängnis muss. Es ist die Katze des Sohnes, der um sie fürchtet, wenn der Papa ins Gefängnis müsse, denn die Oma sei nicht imstande, für die Katze zu sorgen. Der Sohn sagt für den Papa übrigens „Gut“ aus – von Hakenkreuzen habe er nichts bemerkt, der Papa habe ihm auch erklärt, dass es eine schlimme Zeit gewesen sei.
Nach dem Sohn wird wieder der Vater befragt. Die Ermahnung im Telefonat und den deutlichen Hinweis mit der Katze bestreitet er, er will nur ein Foto mit der Katze geschickt haben. Die Verteidigung scheitert schließlich mit weiteren Beweisanträgen, etwa ob die Beschriftung der CDs wirklich vom Angeklagten stamme oder wann zum letzten Mal auf die CDs zugegriffen wurde.
Nach Abschluss des Beweisverfahrens erklärt B., dass er einige Gegenstände zurückerhalten möchte, darunter das HJ-Fahrtenmesser, Hitlers „Mein Kampf“, ein Handbuch der Wehrmacht und das Dienstbuch seines Opas. Staatsanwalt und Verteidigung sind sich in ihren Schlussplädoyers einig, dass sie bei der ersten Frage an die Geschworenen, jene zum SS-Dolch, von de Unschuld des Angeklagten ausgehen, wenn beim Herzeigen tatsächlich über NS-Verbrechen gesprochen worden sei.
Nur eine Geldstrafe für den Ex-Polizisten
Unsere Prozessbeobachtung musste die Verhandlung zu diesem Zeitpunkt verlassen. Die Medienstelle des Landesgerichts Innsbruck teilte auf Anfrage mit, dass der Angeklagte zu einer unbedingten Gelstrafe von 180 Tagsätzen zu je 20 Euro (3.600€) verurteilt worden sei, allerdings nicht rechtskräftig, da beide Seiten keine Erklärung abgegeben haben.
Danke an die Medienstelle des Landesgerichts Innsbruck, die bei Anfragen immer prompt antwortet, und an unsere Prozessbeobachtung!