Walter Rosenkranz hat am 23. November dem Radiosender Ö1 ein Interview gegeben. Es wird „Stoppt die Rechten“ noch beschäftigen. Zunächst aber komme ich noch einmal auf die Aussagen von Rosenkranz zurück, die er 2009 getätigt hat, nachdem ich öffentlich gemacht habe, dass seine Burschenschaft Libertas einen Preis an die Neonazigruppe „Bund Freier Jugend“ (BfJ) vergeben hat.
Am 25.2.2009 berichtete der „Kurier“ über meine Recherche zur Verleihung des Hochenegg-Preises durch die Burschenschaft Libertas an die Neonazi-Organisation „Bund freier Jugend“. Walter Rosenkranz war damals erst ein halbes Jahr im Nationalrat, aber er war Alter Herr der Libertas und versuchte es zunächst mit einer sehr widersprüchlichen Argumentation. Aktivisten des BfJ standen damals wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung vor Gericht, was die Burschenschaft Libertas so ausdrückte: „Der BFJ sieht sich für seine volkstreuen Aktivitäten stärkster staatlicher Repression ausgesetzt.“
Rosenkranz erklärte dazu dem „Kurier“: Die Aktivitäten des BfJ „sind uns damals sicher nicht im Detail bekannt gewesen”. Wofür dann aber der Preis? „Der Preis richtet sich ja nicht an allgemeine Aktivitäten, sondern prämiert ein konkretes Projekt”, so Rosenkranz weiter im „Kurier“. Was jetzt? Wurde ein konkretes Projekt ausgelobt, obwohl die Aktivitäten der Neonazi-Gruppe der Burschenschaft nicht im Detail bekannt waren? Rosenkranz keck: „[E]s wird schon irgendetwas Sinnvolles gewesen sein.“
Einige Tage später wusste Rosenkranz dann doch ein bisschen mehr: „Den kritisierten Förderpreis gab es für Flugblätter — und die waren wirklich harmlos.“ (Niederösterreichische Nachrichten, 2.3.09, S. 12) Zur Draufgabe setzte er noch nach: „Unsere Burschenschaft hat mit Neonazis nichts am Hut.“ Zu klären wäre also, ob die deutschnationale Burschenschaft Libertas mit Neonazis wirklich nichts am Hut hatte. Nichts? Gar nie?
Nichts am Hut mit Neonazis?
Im März 2009 wusste der Abgeordnete Rosenkranz natürlich, dass die vier Aktivisten des BFJ im Herbst 2008 vom Vorwurf der NS-Wiederbetätigung nach § 3a Verbotsgesetz in erster Instanz freigesprochen worden waren. Dazu ist anzumerken, dass eine Beweisführung und Verurteilung nach § 3a (Wiedererrichtung der NSDAP) von vornherein ziemlich aussichtslos war, während fast alle Experten (etwa Heinz Mayer in seinem Gutachten) und sogar der Verfassungsschutz eine neonazistische Ideologie beim BFJ konstatierten.
Im ungebrochenen Streben nach Fortbestand des einschlägigen Gedankengutes haben sich die führenden Ideologen im Jahr 2006 verstärkt mit der Umsetzung einer weiteren, bereits seit mehreren Jahren verfolgten, Überlebensstrategie beschäftigt. Dabei handelt es sich um die Förderung und Unterstützung eigenständiger rechtsextremer Jugendgruppierungen. Das markanteste Beispiel dafür stellt der „Bund freier Jugend“ (BfJ) in Oberösterreich dar, der bereits in den Verfassungsschutzberichten der Vorjahre näher beschrieben wurde. Auf diese kameradschaftlich organisierte, im Jahr 2002 aus der AfP („Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ bzw. „Aktionsgemeinschaft für Politik“) hervorgegangene und seit dem Jahr 2003 eigenständig aktive neonazistisch ausgerichtete Personenverbindung – sie besitzt weder vereins- noch parteirechtlichen Status – fokussieren sich gegenwärtig die Hoffnungen alteingesessener revisionistischer und neonazistischer Personenverbindungen hinsichtlich eines szeneinternen Generationenwechsels und der Bewahrung bzw. Tradierung des einschlägigen Gedankengutes. (Verfassungsschutzbericht 2007, S. 49)
Wer nur eine Ausgabe der Zeitschrift des BFJ („Jugend Echo“) gesehen oder gelesen hat, kann die Nazi-Ideologie schon mit freiem Auge wahrnehmen. Der Putschversuch der österreichischen Nazis im Juli 1934 wird zur „Juli-Revolution“ hochgejubelt, der Altnazi Herbert Schweiger, Idol aller Neonazi, stellte die Aufgaben der „volkstreuen“ Jugend vor, das Titelbild der Erstausgabe wird getragen von der Abbildung einer Skulptur des Nazi-Bildhauers Josef Thorak. Brauner geht’s kaum mehr!
Die Flugblätter des BFJ
Bei den Flugblättern des BFJ, die angeblich – und entgegen der Preis-Begründung durch die Libertas („Der BFJ sieht sich für seine volkstreuen Aktivitäten stärkster staatlicher Repression ausgesetzt.“) – „wirklich harmlos“ (Rosenkranz) waren, fällt tatsächlich auf, dass sie zwar durchgängig rechtsextreme Parolen („Umvolkungswahnsinn“, „Pseudodemokraten“, „Bonzen-Gier“, „betrügerische Politikerclique“) enthielten, plumpe NS-Wiederbetätigung aber vermieden wurde. Preiswürdig? Nur dann, wenn man selbst rechtsextrem ist!
Der BFJ war übrigens zu keiner Zeit ein nach dem österreichischen Vereinsrecht eingetragener Verein. Das Preisgeld der Burschenschaft Libertas wird trotzdem wohl angekommen sein.
Literatur
➡️ Parlamentarische Anfrage Oberhaidinger (SPÖ) 2006 betreffend weitere neonazistische Umtriebe des „Bundes Freier Jugend” (BFJ)
➡️ Verfassungsschutzbericht 2006 (S. 33ff)
➡️ Verfassungsschutzbericht 2007 (S. 49ff)