Marcel Z. war für die Justiz kein Unbekannter, am 31.7. lieferte er jedoch in Graz seine Premiere vor Gericht. Die Vorwürfe: in großen Mengen NS-Devotionalien bei sich zuhause ausgestellt, zig braune Chatnachrichten ausgetauscht und illegal einen Revolver samt Munition besessen zu haben. Aufmerksam wurden die Behörden aufgrund einer Betrugsanzeige, da er aus Polen importierte, gefälschte Nazi-Kram als Original verscherbelt hatte. Um den Verkauf, der bis in die USA lief, anzukurbeln, hatte Z. für seine Kundschaft allerlei Geschichten parat: etwa NS-Devotionalien, die von seinem Großvater, den er als KZ-Arzt ausgab, stammen würden – ganz nach dem Motto: Je grauenhafter die Herkunftsgeschichte, desto besser die Geschäfte! In seinem Fundus zu Hause hatte sich sogar eine nachgemachte Dose Zyklon B befunden, also jenes Gas, mit dem KZ-Häftlinge ermordet wurden.
Blinde Ehefrau und Kleinkind mit SA-Kappe
Im Vorzimmer seiner Wohnung habe eine Tafel aus der Nazi-Zeit mit „Kauft nicht bei Juden!“ gehangen, im Wohnzimmer standen Vitrinen voll mit Devotionalien, und im Schlafzimmer waren SS-Kappen auf einer Vorhangstange drapiert, die die als Zeugin geladene Ehefrau allerdings nicht gesehen haben will. Sie habe die Haushaltsarbeiten – bis auf das Abstauben der NS-Devotionalien, das habe der Ehemann erledigt – gemacht, auf die beiden kleinen Kinder geschaut und sich um die dubiosen Geschäfte ihres Mannes nicht gekümmert.
In den sichergestellten Chatnachrichten wurde auch ein Foto gefunden, auf dem der damals fünfjährige Sohn mit einer SA-Kappe am Kopf abgebildet war. „Wieso machen sie ein Bild davon?“, fragte der Richter. „Das hat er selbst aufgesetzt, fand‘s witzig“, antwortete der offenbar mit seltsamem Humor ausgestattete Angeklagte.
Dem Ex-Freund seiner Mutter hatte Z. am 20. April, also an Hitlers Geburtstag, eine Gratulationsnachricht geschickt: „Ich wollt einfach, dass er mich mag. Der war wie mein Vater“, war die Begründung wie auch dafür, dass er ihm „Scheiss Asylanten und Kanaken“ geschrieben hatte. Auch Arbeitskollegen, die teilweise ebenfalls zu seinen Kunden zählten, kamen in den Genuss von Z.s braunen Ausführungen.
NS-Devotionalien-Handel seit vielen Jahren
Für Z. war es nicht die erste Begegnung mit der Justiz, bereits 2014 und 2019 wurde gegen ihn wegen des Verkaufs von NS-Devotionalien ermittelt. Die Verfahren waren allerdings beide Male eingestellt worden, da kein Vorsatz zur Wiederbetätigung nachgewiesen werden konnte. Auch diesmal wollte Z. nichts mit der NS-Ideologie zu tun haben. Ihm gehe es nur um das lukrative Geschäft, womit er nach eigenen Angaben satte 150.000 Euro eingenommen hatte – unversteuert, was im Prozess aber nur angedeutet und nicht verhandelt wurde.
Ganz so billig wie bei den vorhergehenden Ermittlungen kam Marcel Z. diesmal nicht davon: Sechs Monate bedingter Haft sowie eine Geldstrafe über 1.800 Euro verhängte das Geschworenengericht. Außerdem muss Z. innerhalb eines Jahres die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besuchen. Das bemerkenswert milde Urteil ist nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!