Es war nicht das erste Verbotsgesetzverfahren des derzeit beschäftigungslosen Wieners D.E.: Bereits im Jahr 2009 gab es einen Vorfall am Geburtstag von Rudolf Hess, bei dem E. dabei gewesen sein soll. Aber, so E., das sei nur Zufall gewesen.
Nazi-Tattoo und SS-Uniformen dargeboten
E. soll einen Zeugen, den er über ein Onlinespiel kennengelernt hatte, im Herbst 2020 zu sich eingeladen haben, um ihm mehrere NS-Uniformen bzw. Teile davon, darunter eine SS-Uniform sowie ein Maschinengewehr und eine Granate, zu zeigen. Zusätzlich habe er ihm sein Nazi-Tattoo am Handgelenk – in Armbandform tätowierte Hakenkreuze und Zeichen der SS-Totenkopfverbände, die für die Bewachung von KZ zuständig waren – gezeigt in dem Wissen, dass es strafbar ist. Ein zweiter Zeuge, der Stiefbruder des ersten, berichtete, dass E. auch ihm einmal das makabre Tattoo (das laut Angeklagten beim Bundesheer kein Problem dargestellt hätte) sowie eine neu erstandene SS-Kappe gezeigt habe. E. soll außerdem immer wieder mit rassistischen und NS-verherrlichenden Aussagen aufgefallen sein.
Die Version des Angeklagten, der sich in der Reenactment-Szene bewegt, klang dagegen deutlich anders: Es handle sich bei den Uniformen lediglich um seine Kostüme für die Nachstellung historischer Schlachten, bei denen er eben manchmal auch einen SS-Soldaten spiele. Vom Staatsanwalt befragt, wie man darauf kommt, einen SS-Soldaten zu spielen, antwortete E.: „Wie kommt man dazu Ritter zu spielen? Auch das ist böse, muss man aber darstellen.“
Ein Maschinengewehr habe er außerdem nie besessen, und das Nazi-Tattoo sei eine Jugendsünde, die er sich bereits weglasern lasse. Hinter den Anschuldigungen der Zeugen sah der Angeklagte in erster Linie den Versuch, ihm etwas in böswilliger Absicht anzuhängen. Der angebliche Grund: Der erste Zeuge soll versucht haben, dem Angeklagten die Lebensgefährtin auszuspannen, was nicht funktioniert haben soll. Daraufhin soll es zum Konflikt und den Drohungen gegenüber den beiden Zeugen gekommen sein, die der E. allerdings konsequent abstritt. Die Geschworenen schenkten E. Glauben und sprachen ihn in allen Anklagepunkten frei. Es ist nicht bekannt, ob das Urteil rechtskräftig ist.
Braune Rollenspieler
Nicht so viel Glück wie E. hatten andere aus der Reenactment-Szene: Erwin J. wurde im Juli 2022 wegen Wiederbetätigung verurteilt, Patrick S. im September 2022. Auf dem Facebook-Profil von E. ist ein Bild zu finden, das ihn mit J. und S. zusammen in Deutschmeisteruniformen zeigt. Im Prozess waren E.s braune Rollenspiel-Bekanntschaften allerdings kein Thema. Aber vielleicht war auch das nur ein Zufall.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!