Ried/OÖ-Berlin/D: Feignazi?
Wien: Freispruch für Gaskammer-Kommentar
Graz: Diversion für ehemaligen FPÖ-Mitarbeiter
Wien: Anwältin wegen Verhetzung angezeigt
SS-Sager: Kickl vor Krah
Ried/OÖ-Berlin/D: Feignazi?
Der Angeklagte (57) aus Berlin, der es vor drei Jahren mit seinem Hitler-Kranz bei Hitlers Geburtshaus zu dessen Geburtstag nicht nur zu einem Auftritt in Günter Schwaigers Doku „Wer hat Angst vor Braunau“, sondern auch zu einer Anklage wegen NS-Wiederbetätigung geschafft hat, war zu seiner Verhandlung vor einem Rieder Geschworenengericht am 21. Mai nicht erschienen. „Aus beruflichen Gründen“, erklärte sein Verteidiger und warb um Verständnis, weil er ja nicht um die Ecke wohne, worauf der Staatsanwalt konterte: „Na ja, am 20. April 2021 hat er es offenbar auch geschafft, für eine Kranzniederlegung bis nach Braunau zu fahren.“ (nachrichten.at, 21.5.24)
Der Verteidiger behauptete, dass sich sein Mandant dem Verfahren stellen wolle. Wir haben da unsere Zweifel …
Wien: Freispruch für Gaskammer-Kommentar
Wie soll man das verstehen? Obwohl er zu einem Beitrag von oe24 auf Facebook über die Hamas postete „Wird Zeit, dass man wieder anfängt, vermehrt ein paar Duschräume zu bauen #FreePalestine“, wurde der Angeklagte, Christopher M. (36), vom Vorwurf der NS-Wiederbetätigung von Geschworenen am Landesgericht Wien freigesprochen. In der Verhandlung am 22. Mai wurde klar, dass sich das inkriminierte Posting nicht auf den Beitrag von oe24 selbst, sondern auf das Posting eines Michael B. bezog, in dem dieser den Einsatz von Phosphorbomben gegen Kinder behauptete, worauf der Angeklagte mit seinem Kommentar reagierte. Der „vermehrte“ Bau von „Duschräumen“, womit wohl eindeutig Gaskammern gemeint waren, sollte also nicht der Hamas, sondern den Israelis gelten. Ein codiertes antisemitisches Vernichtungsposting also?
Der Angeklagte und seine Verteidigung bestritten den Vorwurf. Es sei „nur“ um die israelische Regierung gegangen, für die der „vermehrte“ Bau von ein paar Duschräumen gefordert worden sei und außerdem sei das Posting im Zustand höchster Erregung und weil er vorher etwas getrunken habe, geschrieben worden. Sogar die krebskranke Mutter und seine Frau aus Thailand wurden in Stellung gebracht, um den Kommentar zu erklären. Der Angeklagte selbst bezeichnete sich als unpolitisch, lehne aber den NS ab. Das Posting sei ihm sehr peinlich, er entschuldige sich für sein dummes Handeln: Freispruch. Die Reaktion der Staatsanwaltschaft darauf ist uns nicht bekannt.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Graz: Diversion für ehemaligen FPÖ-Mitarbeiter
Der Angeklagte Siegfried W., über den am 22.5. wegen des Verdachts des schweren Diebstahls am Landesgericht Graz von einem Einzelrichter verhandelt wurde, ist uns bestens bekannt: als Freund der Identitären und auch deren Förderer, als ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter des FPÖ-Abgeordneten Axel Kassegger und auch ehemaliger Mitarbeiter des ehemaligen FPÖ-Klubs im Grazer Gemeinderat. Weil es diesen FPÖ-Klub wegen Korruption zerrissen hat, wurde er auch dort ein „Ehemaliger“. Das Delikt des schweren Diebstahls setzte der Angeklagte, weil er seine Teilzeitbeschäftigung bei diesem Klub gegenüber dem AMS verschwiegen, aber Arbeitslosengeld bezogen hatte. Insgesamt sei eine Schadenssumme von 6.000 Euro entstanden, also im Vergleich mit den heimlichen Gagen, die sich die Grazer FPÖ-Spitzen geräuschlos eingesackt haben, sehr wenig.
Siegfried W. war nicht nur vor Gericht geständig, sondern hatte schon vorher zur Aufklärung beigetragen, mittlerweile mit dem AMS eine Ratenzahlung vereinbart und einen Teilbetrag bereits zurückbezahlt. Der Richter steuerte deshalb sehr schnell auf eine diversionelle Erledigung zu, wobei er die mit dem Höchstmaß an gemeinnützigen Tätigkeiten (240 Stunden) und natürlich der erfolgreichen Schadenswiedergutmachung bestimmte. Damit wäre der Fall ohne Strafe nach sechs Monaten abgeschlossen, andernfalls würde das Verfahren wieder aufgenommen.
Wir danken „VON UNTEN – Das Nachrichtenmagazin auf Radio Helsinki“ für die Prozessbeobachtung!
Wien: Anwältin wegen Verhetzung angezeigt
Die Anwältin Astrid Wagner ist Medienberichten zufolge von der Polizei zwecks Identitätsfeststellung nach ihrer Rede bei einer Pro-Palästina-Demo zunächst angehalten und dann wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt worden. Die Juristin hat nach eigenen Angaben in ihrer Rede über den Spruch „From the River to the Sea, Palestine will be free“ („Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein“) eine juristische Erörterung betrieben und ihn dabei als nicht grundsätzlich illegal bezeichnet.
Die Anwältin, die zunächst eine Entschuldigung gefordert, aber nicht erhalten hat, will nun mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegen die Polizei vorgehen.
SS-Sager: Kickl vor Krah
Der SS-Sager von AFD-Mann Maximilian Krah ist von FPÖ-EP-Spitzenkandidat Harald Vilimsky zwar als „indiskutabel“ verurteilt worden – in der gemeinsamen Fraktion ID (Identität und Demokratie) im Europäischen Parlament hat er aber dann doch mit seinen beiden FPÖ-Kameraden gegen den Ausschluss der AfD gestimmt.
Was für Vilimsky bei Krah scheinbar „indiskutabel“ und „absolut zu verurteilen und nicht nachzuvollziehen“ (puls24.at, 22.5.24) war, war ihm bei Kickl nicht einmal eine Silbe wert. Der hat schon lange vor Krah, nämlich im Jahr 2010, einen Spruch getätigt, der dem von Krah nicht nachsteht: „Da werden wir uns nicht darauf verständigen können, dass ein Verein als solcher [gemeint war die Waffen-SS-Veteranen-Organisation „Kameradschaft IV“; Anmk. SdR] oder eine Einheit wie die Waffen SS kollektiv schuldig zu sprechen ist.”
Damals war Herbert Kickl noch nicht Parteichef der FPÖ, sondern ihr Generalsekretär – so wie Harald Vilimsky, dem zu dem Spruch seines Co damals gar nichts einfiel, nicht einmal eine müde Formulierung wie „indiskutabel“.
Die österreichischen Medien und Parteien haben den Kickl-Spruch von damals am 24. Mai wieder „entdeckt“. „Stoppt die Rechten“ dürfte bei der Entdeckung die Vorleistung erbracht haben: Wir haben daran bereits am 22. Mai auf Twitter erinnert.
Mit #Krah|s SS-Sager kann FPÖ-Parteichef Herbert #Kickl locker mithalten: „Da werden wir uns nicht darauf verständigen können, dass ein Verein als solcher oder eine Einheit wie die Waffen SS kollektiv schuldig zu sprechen ist.” (2010) pic.twitter.com/jwh4yIRRT4
— stopptdierechten.at (@stopptrechte) May 22, 2024