Wochenrückblick KW 9/23 (Teil 1): Prozesse

In Inns­bruck standen zwei Ex-Beruf­s­sol­dat­en vor Gericht und fassten Schuld­sprüche nach dem Ver­bots­ge­setz aus. Das hat­te ein Bauar­beit­er bere­its hin­ter sich, nun musste er erk­lären, warum er trotz eines Waf­fen­ver­bots ein ganzes Arse­nal zu Hause gelagert hat­te. Spoil­er: Samm­ler­lei­den­schaft! Die anderen Fälle bewe­gen sich zwis­chen vol­lkommen­em Schwachsinn und ange­blich­er Bildungsferne.

Deutsch-Wagram – Korneuburg/NÖ: „Vol­lkommen­er Schwachsinn“
Lan­deck – Inns­bruck: Uropas Andenken und „Ski Heil“
Bruck an der Lei­tha – Korneuburg/NÖ: 14 Delik­te an einem Tag
Imst – Inns­bruck: „Ver­rück­te Sam­mellei­den­schaft“ mit braunem Untergrund
Salzburg: Ver­trieb­s­man­ag­er vor Gericht
Apro­pos Waf­fen: Kleindiex/K.

Deutsch-Wagram – Korneuburg/NÖ: „Vol­lkommen­er Schwachsinn“

Warum jene NS-ver­her­rlichen­den Post­ings, die der 29-jährige Deutsch-Wagramer bere­its innen Jahren 2015/16 in ein­er mit Gle­ich­gesin­nten beset­zten What­sApp-Gruppe ver­schickt hat­te, erst jet­zt ver­han­delt wur­den, geht aus dem Bericht der NÖN (1.3.23) nicht her­vor – die Chats kön­nten ein Zufalls­fund sein, auf den die Polizei im Rah­men von Ermit­tlun­gen zu anderen Straftat­en gestoßen sind. Dafür wird betont, dass sich der Angeklagte inzwis­chen vom braunen Fre­un­deskreis und Gedankengut dis­tanziert habe.

Der Angeklagte, der in der Ver­gan­gen­heit bere­its wegen ver­sucht­en Ein­bruchs­dieb­stahls, Nöti­gung sowie ein­er falschen Beweisaus­sage nach einem Verge­hen im Sinne des Waf­fenge­set­zes vor Gericht stand, machte rel­a­tiv rasch reinen Tisch und zeigte sich geständig. Der ehe­ma­lige Nazi-Sym­pa­thisant begrün­dete seine dama­li­gen Hand­lun­gen durch „jugendlichen Leichtsinn“, rück­blick­end seien seine Tat­en „vol­lkommen­er Schwachsinn“ gewesen. (…)
In sämtlichen 21 Haupt­fra­gen wurde der Öster­re­ich­er ein­stim­mig von den acht Geschwore­nen als schuldig befun­den. (…) Zu ein­er bed­ingten Frei­heitsstrafe von einem Jahr aus ein­er anderen Ver­hand­lung von 2022 wurde ein weit­eres Jahr bed­ingte Frei­heitsstrafe addiert. (noen.at)

Lan­deck – Inns­bruck: Uropas Andenken und „Ski Heil“

Ein NS-affines Sit­ten­bild aus der Kaserne in Lan­deck zeich­nete nicht nur bere­its der Prozess Anfang Feb­ru­ar, in dem ein mit­tler­weile ehe­ma­liger Beruf­s­sol­dat wegen sein­er braunen Umtriebe einen (nicht recht­skräfti­gen) Schuld­spruch abkassiert hat­te, son­dern auch die Ver­hand­lung in der let­zten Woche, bei der sich zwei inzwis­chen eben­falls aus­geschiedene Beruf­s­sol­dat­en aus der­sel­ben Kaserne vor Gericht erk­lären mussten.

Da ging es gle­ich um eine ganze Rei­he an Vor­wür­fen: Hit­ler­grüßerei, Nazi-Marschmusik, die abge­spielt wor­den sei, NS-Devo­tion­alien und um „Sieg Heil“-Geschrei. Während der Erstangeklagte ein Teilgeständ­nis ablegte – er habe Nazi-Schrott in ein­er Vit­rine im Wohnz­im­mer aus­gestellt, allerd­ings nur „zum Andenken an meinen Urgroß­vater“ und NS-ver­her­rlichende Chat­nachricht­en in ein­er What­sApp-Gruppe ver­schickt, was eine „riesige Dummheit“ gewe­sen sei – bestritt der Zwei­tangeklagte alle Anklagepunk­te. 

Er habe wed­er in der Kaserne in Lan­deck den Hit­ler­gruß vorge­führt, noch habe er jemals, in welchem Kon­text auch immer, mit „Sieg Heil”, gegrüßt. Lediglich „Berg Heil” oder „Ski Heil” oder ein iro­nisch gemeintes „Guten Mor­gen mein Führer” habe er wohl zum Erstangeklagten oder zu Kam­er­aden gesagt. Das in seinem Besitz ste­hende Wehrma­cht-Sol­dbuch sei zudem von ihm auch niemals als „seine Dien­stvorschrift” beze­ich­net wor­den, wie ihm vorge­wor­fen wurde. (APA via diepresse.com, 3.3.23)

Debat­tiert wurde auch die ange­bliche Auf­forderung an andere Sol­dat­en, ein rotes Holzei mit Hak­enkreuz-Deko zu küssen – in dem Punkt gab’s jedoch einen Freis­pruch, nicht aber in anderen Anklagepunkten.

Der Erstangeklagte fasste 18 Monate bed­ingt und eine unbe­d­ingte Geld­strafe über 6.400 Euro aus, der Zwei­tangeklagte 14 Monate bed­ingt und eine Geld­strafe über 3.100 Euro – bei­de Urteile sind nicht rechtskräftig.

Bruck an der Lei­tha – Korneuburg/NÖ: 14 Delik­te an einem Tag

Ein vom Richter als gut­mütig beze­ich­netes Urteil hat ein 26-Jähriger aus Bruck an der Lei­tha am Lan­des­gericht Korneuburg aus­ge­fasst. Und zwar, weil er an einem Dezem­bertag 2021 ins­ge­samt 14 ein­schlägige Post­ings an zwei Per­so­n­en ver­sandt haben soll. Dazu kam, dass ihn zwei Vorstrafen ‚nicht beson­ders sym­pa­thisch ausse­hen‘ ließen, wie der vor­sitzende Richter Hel­mut Neu­mar anmerk­te.“ (noen.at, 4.3.23)

The­ma beim Prozess war die ange­bliche „Bil­dungs­ferne“ des Mannes, weil er auf Nach­frage Auschwitz in der Schweiz verortet hat­te, Mau­thausen gar nicht lokalisieren und auch nicht beant­worten kon­nte, was der Holo­caust ist. Ob es dem Angeklagten geholfen hat oder nicht, kön­nen wir nicht fest­stellen. Es set­zte jeden­falls einen Schuld­spruch sowie 15 Monate bed­ingt, die sich nun zusam­men mit ein­er vorherge­hen­den bed­ingten Haft­strafe über elf Monate auf ins­ge­samt 26 Monate summieren.

Imst – Inns­bruck: „Ver­rück­te Sam­mellei­den­schaft“ mit braunem Untergrund

Warum es den 1975 in deutschen Hoy­er­swer­da gebore­nen und dort aufgewach­se­nen Bauar­beit­er ins Tirol­er Imst ver­schla­gen hat, war im Prozess am Inns­bruck­er Lan­des­gericht kein The­ma. Dafür aber das Waf­fe­narse­nal, das bei ihm im Okto­ber 2022 aus­ge­hoben wurde – mit­samt einem skelet­tierten Schädel, was dem Fall auch inter­na­tionale Schlagzeilen beschert hatte.

Aus dem Mai 2022 brachte K.Sch. bere­its eine Vorstrafe nach dem Ver­bots­ge­setz mit – brauner Unter­grund also. Mit der Zustel­lung des Waf­fen­ver­bots­beschei­ds wurde dann auch eine Haus­durch­suchung kom­biniert, die „mehrere Lang- und Faust­feuer­waf­fen, zir­ka 1300 Stück Muni­tion, ver­schiedene Kriegs­ma­te­ri­al­teile, ein rus­sis­ches Panz­er-Nacht­sicht­gerät und panzer­brechende Muni­tion, ein Schla­gring, Mag­a­zine, eine Machete, eine Arm­brust sowie Granat­en und Zün­der“ (krone.at, 3.10.22) zum Vorschein gebracht hat­te – und eben den skelet­tierten Schädel, der in der Ver­hand­lung der let­zten Woche jedoch nicht ange­sprochen wurde.

Es sei eine „ver­rück­te Sam­mellei­den­schaft“ gewe­sen, die ihn dazu getrieben habe, sich das Arse­nal zuzule­gen, aber nun sei er froh, „den Bal­last“ los zu sein. Nur das Panz­er­nacht­sicht­gerät hätte er gerne wieder, denn das sei ein Souvenir.

Wie üblich in Öster­re­ich bei Waf­fend­e­lik­ten gab’s für den Angeklagten ein fre­undlich­es Urteil: Mit dem Schuld­spruch ging eine Geld­strafe über 240 Tagessätze à 7 Euro, also 1.680€ plus die Begle­ichung der Ver­fahren­skosten von 150 Euro und die Einziehung der Waf­fen ein­her. Die Bewährung aus der Vorstrafe wurde nicht wider­rufen, die Probezeit aber auf fünf Jahre verlängert.

Wir danken unseren Inns­bruck­er Prozessbeobachter*innen!

Salzburg: Ver­trieb­s­man­ag­er vor Gericht

Nur kurz bericht­en die Salzburg­er Nachricht­en (1.3.23) über den Wieder­betä­ti­gung­sprozess gegen einen Akademiker.

Weil er zwis­chen Jän­ner 2019 und Ende 2021 rund 25 hitlerver­her­rlichende, die Ziele des Nation­al­sozial­is­mus pos­i­tiv darstel­lende Whats-App-Post­ings ver­schick­te, stand am Mittwoch ein 30-jähriger Ver­trieb­s­man­ag­er in Salzburg vor einem Geschworenensenat.
Der Angeklagte (Vertei­di­ger: RA Kurt Jelinek), der zwei Stu­di­engänge abgeschlossen hat, war reumütig geständig: „Das war der größte Scheiß, den ich in meinem Leben gemacht habe. Ich schäme mich, dass ich hier sitzen muss.”
Das Schwurg­ericht (Vor­sitz: Philipp Gross­er) verurteilte ihn wegen ver­brechen nach dem Ver­bots­ge­setz zu zwölf Monat­en bed­ingter Haft (recht­skräftig).

Apro­pos Waf­fen: Kleindiex/K.

Noch ist kein Prozess in Sicht, dafür wer­den wohl noch jede Menge Ermit­tlun­gen im Fall des in der let­zten Woche im Kärnt­ner Kleindiex (Ruden) sichergestell­ten Waf­fen- und Sprengstof­farse­nals anfall­en. Details siehe hier.