Kellergeschichte mit rechter Schlagseite

Öster­re­ichis­che Keller haben bere­its mehrfach für inter­na­tionale Schlagzeilen gesorgt, immer für neg­a­tive. Nun hat sich eine weit­ere hinzuge­sellt: Ein Staatsver­weiger­er hat­te sich in einem his­torischen Presshaus inklu­sive angeschlossen­er Keller­röhre ver­schanzt – mit Part­ner­in und sechs Kleinkindern. Gefun­den wur­den bei ihm auch Waf­fen. Und Nazi-Gedankengut scheint dem in Medi­en beschöni­gend als „Sys­temkri­tik­er“ beze­ich­neten Mann eben­falls nicht fremd zu sein.

Als am 26. Jän­ner zwei Mitar­beit­er der Bezirk­shaupt­mannschaft und der Gemeinde in der Kel­ler­gasse von Obritz (Hadres) auf­taucht­en, um auf­grund von Hin­weisen aus der Bevölkerung Nach­schau wegen der dort leben­den Kinder zu hal­ten, ging Thomas „Tom“ Lan­don gle­ich in die Offen­sive. Er soll die beim Haus wartenden Beamten mit Pfef­fer­spray attack­iert und ver­let­zt haben.

Nach dem Pfef­fer­spray-Angriff ver­ständigten die bei­den Mitar­beit­er die Polizei. Der 54-Jährige soll sich daraufhin mit den Kindern in dem Weinkeller ver­bar­rikadiert haben. Auf Anord­nung der Staat­san­waltschaft Korneuburg wurde die Keller­trift geöffnet und durch­sucht. Dort befan­den sich die 40-jährige Lebens­ge­fährtin des Mannes und sechs Kinder. (…) Auch mehrere Schuss­waf­fen wur­den ent­deckt. Der Mann wurde zunächst festgenom­men. Am Don­ner­stagabend wurde er wieder auf freien Fuß geset­zt. (APA via derstandard.at, 27.1.23)

Angaben in den Medi­en zu den Fam­i­lien­mit­gliedern, die in den nicht als Wohn­raum gewid­me­ten Baut­en gelebt haben, dif­ferieren. Fest ste­ht, dass Tom Lan­don zur Gruppe der Prep­per gehört, er hat in den Keller­räum­lichkeit­en massen­haft Vor­räte gebunkert, was Videos, der er selb­st auf Tik­Tok gestellt hat, bele­gen. Dass er auch Staatsver­weiger­er (möglicher­weise den Reichs­bürg­ern zuzuord­nen) ist, bestre­it­et er. Aber Lan­don weist viel von sich. Seine sechs Kinder mit ange­blich­er britis­ch­er Staats­bürg­er­schaft (Lan­don behauptet in einem Video, seine Kinder seien „Öster­re­ich­er”) im Alter zwis­chen weni­gen Monat­en bis fünf oder sieben Jahren (auch hier gehen die Berichte auseinan­der) sind nicht in Öster­re­ich gemeldet, Geburt­surkun­den seien eben­falls nicht vorhan­den. Kinder­garten- oder Schulbe­such find­et für sie nicht statt, nur ein völ­lig abgeschot­tetes Leben in ungeeigneten Räum­lichkeit­en. Lan­don hat an seinem Presshaus Videokam­eras instal­liert, wom­it er, bericht­en Anrainer*innen, die gesamte Kel­ler­gasse überwachen kon­nte. In seinem Dom­izil fan­den sich Waf­fen: Arm­brüste, ein Gewehr aus dem zweit­en Weltkrieg und Luft­druck­pis­tolen. Damit habe er zum Spaß im Keller geschossen, erk­lärt Lan­don den „NÖN” (31.1.22), er habe sie nicht benutzt, sagt er einen Tag später in einem Video. Pfef­fer­sprays scheinen eben­falls zu sein­er Bevor­ratung zu gehören.

Dass es in Öster­re­ich eine große Szene gibt, die den Staat ablehnt bzw. dessen Exis­tenz leugnet, ist nicht neu. Und hat auch nicht darin geen­det, als der „Staaten­bund“ der Moni­ka Unger 2017 zer­schla­gen und zahlre­iche Akteur*innen vor dem Kadi lan­de­ten. Die „Direk­tion Staatss­chutz und Nachrich­t­en­di­enst“ (DSN) gibt mit Ende 2021 fast 4.000 namentlich Bekan­nte aus der Staatsver­weiger­erszene an, die tat­säch­liche Zahl dürfte ein Vielfach­es betragen.

Auch Lan­don soll dem Staatss­chutz bere­its vor sechs Jahren ein­schlägig aufge­fall­en sein. Das ver­wun­dert nicht, denn schon alleine die Details, die über ihn und von ihm im Netz zu find­en sind, ver­stören. Er selb­st behauptet, sein Groß­vater sei der Cousin des 1946 hin­gerichteten NS-Ver­brech­ers Ernst Kaltenbrun­ner gewe­sen. Deshalb habe er sich einen anderen Namen zugelegt – also ob es hierzu­lande nicht unzäh­lige Kaltenbrun­ners ohne jeglichen Bezug zum Nation­al­sozial­is­mus gäbe. Lan­don strickt daraus eine Opfer­erzäh­lung, er könne nichts für die Hand­lun­gen sein­er Vor­fahren. Nichts ist jedoch zu find­en, wo ihm irgend­je­mand für NS-Tat­en eine Ver­ant­wor­tung zugeschoben hätte.

Der St. Pöl­tener Bal­lettchef Michael Ficht­en­baum hat­te vor etwa zehn Jahren öffentlich einen Stre­it mit Lan­don aus­ge­tra­gen und ihn u.a. bezichtigt, ein Anti­semit zu sein und den Holo­caust zu leug­nen, was Lan­don eben­falls heftig bestritt. Auch zuvor soll es bere­its eine Anzeige wegen des Ver­dachts auf Wieder­betä­ti­gung gegeben haben. In sozialen Medi­en und Foren­beiträ­gen strotzt es vor wilden, vielfach strafrechtlich rel­e­van­ten Anwür­fen gegen Lan­don, auf die er teil­weise mit wirren Anspielun­gen und Opfer­darstel­lun­gen kon­terte – Ver­schwörungserzäh­lun­gen inklusive.

Lan­don ist Ver­fass­er einiger im Eigen­ver­lag pub­liziert­er Büch­er. Ein kurz­er Blick auf manche Titel und Cov­er-Texte genügt, um seine poli­tis­che Schla­grich­tung festzu­machen. Da geht’s etwa in einem 2014 pub­lizierten Pam­phlet um eine fan­tasierte Ver­schwörung, der Wern­er Königshofer, aus der FPÖ aus­geschlossen­er Ex-Nation­al­rat mit Nahev­er­hält­nis zum organ­isierten Neon­azis­mus – er wurde mit der Neon­azi-Web­site alpen-donau in Verbindung gebracht – zum Opfer gefall­en sein soll. In Lan­dons Dik­tion fir­miert Königshofers unfrei­williger Abgang aus der Poli­tik unter ein­er „kon­spir­a­tiv­en Ver­nich­tung des Patri­oten DDr. Wern­er Königshofer“.

Landon-Buch zu Königshofer

Lan­don-Buch zu Königshofer

Auch bei dem Buch Zion­swerk. Über die satanis­che Loge der Zion­is­ten“ reicht schon der Titel, um den anti­semi­tis­chen Gehalt zu erah­nen. Den Rest liefert die Kurzbeschrei­bung: Wie die satanis­che Loge der Zion­is­ten den Bestand der Welt­pop­u­la­tion auf den Bestand der eige­nen Rasse reduzieren will.“ Die Leseprobe startet mit ein­er Verge­wal­ti­gungs­beschrei­bung, und auch andere Texte sind mit Gewalt- und Sex­u­al­fan­tasien getränkt. Aber unab­hängig von psy­chis­chen Dis­po­si­tio­nen: Die poli­tis­che Veror­tung von Lan­don ist dort, wo auch viele Staatsver­weiger­er zu find­en sind – „Jeden­falls sei er der ‚recht­en Szene‘ zuzuord­nen“, wird ein Polizeis­prech­er zitiert. Es ist stark anzunehmen, dass damit die recht­sex­treme Szene gemeint ist.

Landon-Buch "Zionswerk"

Lan­don-Buch „Zion­swerk”