Linz: Ein guter Wahrspruch der Geschworenen
Feldkirch: Einweisung in Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Wien: „Sieg Heil“ mit Puten
Linz: Ein guter Wahrspruch der Geschworenen
Es war kein klassischer Wiederbetätigungsfall, der da am 6.12. beim Landesgericht Linz abgehandelt wurde. Angeklagt war Robert W. (58), weil er am 20.4. 2021, also an Hitlers Geburtstag, auf einem Spielplatz nicht bloß Alkohol getrunken, sondern in Selbstgesprächen, die immer lauter wurden, auf diesen Geburtstag Bezug genommen und „Heil Hitler“, „Sieg Heil“ gebrüllt hat. Das hörten einige Menschen aus der Umgebung und brachten den Vorfall zur Anzeige, vielleicht auch, weil der Angeklagte dann noch ordentlich zu randalieren begann.
W. – das war schnell klar – hat ein heftiges Alkohol- und Drogenproblem. Nicht bloß zu Hitlers Geburtstag 2021. Seit seiner Jugend ist er schwer abhängig, hat bereits mehrere Therapien und Entzüge hinter sich und nach 13 Monaten Abstinenz einen schweren Rückfall an diesem Tag. Die Staatsanwaltschaft ging deshalb von der Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten aus und plädierte für die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Ziemlich heftig!
Insgesamt sechs Zeugen waren aufgeboten worden, um über den Vorfall bzw. die Person des Angeklagten zu berichten. Übereinstimmend bestätigten die zur Persönlichkeit des Angeklagten Einvernommenen, dass W. nie als Sympathisant der Nazis aufgefallen sei, „eher das Gegenteil“. Mit zwei Fragen wurden die Geschworenen nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung in ihre Beratungen geschickt: Erstens sollten sie beurteilen, ob W. im Sinne des § 3g Verbotsgesetz schuldig ist und zweitens, ob er zurechnungsfähig war.
Die Geschworenen lieferten einen reifen „Wahrspruch“ ab: nicht schuldig bei Frage 1, bei Frage 2 entschieden sie auf Zurechnungsfähigkeit. W. kommt also nicht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, sondern wird nach einer weiteren Langzeit-Therapie einen Platz in betreutem Wohnen erhalten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das detaillierte Protokoll zu dieser Verhandlung verdanken wir einer Prozessbeobachterin. Danke!
Feldkirch: Einweisung in Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Einen gänzlich anderen Verlauf nahm die Verhandlung vor einem Geschworenensenat beim Landesgericht Feldkirch. Ein 44-jähriger britischer Staatsbürger hatte am 6. April 22 vor dem Gebäude der Feldkircher Stadtpolizei den Hitlergruß gezeigt, sich selbst als Nazi bezeichnet, „Heil Hitler“ und dass alle Juden ermordet werden sollten, gebrüllt, und das sogar nach seiner Festnahme noch einmal wiederholt. Ganz klar ein Fall nach § 3g Verbotsgesetz.
Der Psychiater Reinhard Haller stellte in seinem Gutachten allerdings die Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tat mit der Diagnose paranoide Schizophrenie fest. Der Brite hatte zwar, so die „Neue Vorarlberger Tageszeitung“ vom 6.12.22, vor der Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher noch bekämpft, war dann aber vor Gericht damit einverstanden. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Nach den Ausführungen von Haller dürfte aber ein Deal hinter dieser überraschenden Einigkeit stehen:
Gutachter Haller sagte, der Betroffene sollte noch zumindest sechs Monate lang in der psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses Rankweil stationär behandelt werden. Es wäre von Vorteil, wenn der Brite bald in seiner Heimat in Großbritannien psychiatrisch versorgt werden würde. Zumal dort öffentliche NS-Parolen nicht strafbar seien. Der Brite befindet sich seit April auf richterliche Anordnung unter vorläufiger Anhaltung zwangsweise in der Valduna. (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 6.12.22)
Einen ziemlich skurrilen Fall hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) zu beurteilen. Via WhatsApp hatte der nicht näher beschriebene, wegen NS-Wiederbetätigung Angeklagte „eine Fülle von NS-verherrlichendem Material versandt“ (diepresse.com, 11.12.22) und war deshalb auch bereits schuldig gesprochen worden.
Als kurios stach eine Aufnahme hervor, die mutmaßlich in einer Aufzuchtshalle für Puten erstellt worden war. Eine Stimme ruft darauf dreimal „Sieg“ und die Laute der Puten sollten den Eindruck erwecken, als würde im Ergebnis „Sieg Heil“ geschrien werden.
Auch zu Schuhmarken hatte der Mann einen eigentümlichen Zugang. Er verschickte Fotomontagen, in denen Schuhe den Schriftzug „adidas Reich“ oder „Reichmann“ statt „Deichmann“ trugen. Selbst Alkoholika wurden umbenannt: Ein Bild zeigte eine Glasflasche mit der Aufschrift „Reichsradler“ neben einem Reichsadler. (diepresse.com)
Weil der bereits Verurteilte aber der Ansicht war, dass man den Geschworenen auch die Frage stellen hätte müssen, ob das Satire sei und deshalb einen Verfahrensfehler sah, zog er das Verfahren bis zum OGH, der aber keinen Fehler feststellen konnte und den Schuldspruch der Erstinstanz bestätigte.