Antifa. Porträt einer linksradikalen Bewegung
Kurze Geschichte des italienischen Faschismus
M. Der Mann der Vorsehung
Anatomie eines Genozids
Gefährlicher Glaube
Antifa. Porträt einer linksradikalen Bewegung
2020, noch vor seinem Putschversuch, wollte Donald Trump in den USA „die“ Antifa als terroristische Organisation verbieten und fand begeisterte Nachahmer in der hiesigen FPÖ https://www.stopptdierechten.at/2020/06/09/hoch-die-antifa/ . Im deutschen Bundestag wollte ausgerechnet die rechtsextreme AfD über einen Antrag die Antifa ächten und bemühte dazu eine neue Spielart der bei Rechten sehr beliebten Hufeisentheorie (Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus). Richard Rohrmoser, Historiker und Protestforscher, liefert mit seinem Buch einen Abriss der 100-jährigen Geschichte antifaschistischer Bewegung und Praxis und stellt schon in der Einleitung fest, dass es „die“ eine Antifa nicht gibt, nie gegeben hat, sondern
aktuell ein (abstrakter) Sammel- und Kampfbegriff für viele verschiedene linke Strömungen, Initiativen, NGO s, Parteien, Gewerkschaften sowie Aktionsstrukturen und Politikansätze ist, die Faschismus – also eine auf dem Führerprinzip basierende, antidemokratische, nationalistische, rassistische und rechtsextreme Ideologie und Bewegung – konsequent ablehnen. Insofern richtet sich die Antifa-Bewegung vor allem gegen autoritäre und repressive Herrschaftsformen sowie gegen soziale Ausgrenzung.
Insofern ist der Untertitel des knappen Büchleins „Porträt einer linksradikalen Bewegung. Von den 1920er Jahren bis heute“ etwas irreführend, weil sich Antifaschismus nicht nur in unterschiedlichsten Protest- und Aktionsformen, Aufklärungs- und Bildungsarbeit ausdrücken kann, sondern auch in einer staatlichen Verpflichtung – wie in Österreich.
Richard Rohrmoser, Antifa. Porträt einer linksradikalen Bewegung. Von den 1920er Jahren bis heute. Verlag C.H. Beck, München, 2022
Kurze Geschichte des italienischen Faschismus
Womit wir schon bei der nächsten Empfehlung wären: einem Buch, das zwar nicht neu, aber immer noch ein Standardwerk zur Geschichte des Faschismus in Italien ist. Es beschreibt die 23 Jahre faschistischer Herrschaft (vom Oktober 1922 bis zum April 1945) ebenso wie die vergleichsweise kurze Periode faschistischer Bewegung von 1919 (Gründung der „Fasci di combattimento“) bis zum Oktober 1922, an dessen Ende Mussolini Regierungschef einer außerparlamentarisch installierten Koalitionsregierung wurde, in der die Faschisten zunächst nur wenige Mitglieder stellten.
Brunello Mantelli, Kurze Geschichte des italienischen Faschismus. Wagenbach Verlag, Berlin 2008 (4. Auflage)
Mantellis Werk ist auch als Komplementärlektüre zum Opus Magnum von Antonio Scurati nützlich. Scurati ist ein Literaturwissenschafter, der sich vorgenommen hat, die Ära des italienischen Faschismus, die untrennbar mit Benito Mussolini verbunden ist, in einem belletristischen Werk so aufzuarbeiten, dass einerseits historische Faktentreue gewährleistet bleibt, andererseits diese Geschichte aber so erzählt wird, dass sie nicht nur spannend zu lesen ist, sondern auch aktuelle Querbezüge ermöglicht. Auch im zweiten Band bleibt Scurati bei seiner Erzähltechnik, den kurzen Szenen Originalzitate voranzustellen – vermutlich, um so die Authentizität der Erzählung zu unterstreichen. Der zweite Band der Trilogie beginnt mit dem Jahr 1925, also dem Jahr, in dem Mussolini seine und die Herrschaft des Faschismus in Italien festigen konnte, und endet mit dem zehnten Jahr des Faschismus, 1932.
Antonio Scurati, M. Der Mann der Vorsehung. Klett-Cotta, Stuttgart, 2021
Es ist ein wirklich beeindruckendes Werk, das der Historiker Omer Bartov da als Studie über die Heimatstadt seiner Eltern, Buczacz, hat. Die Stadt, die heute im Westen der Ukraine liegt, hat im Verlauf der Jahrhunderte unterschiedliche Regime über sich ergehen lassen müssen: die polnisch- litauische Unionhttps://de.wikipedia.org/wiki/Polen-Litauen , die Osmanen, die österreichisch-ungarische Monarchie, die Sowjetunion, das Hitler-Regime. Den jeweiligen Machtstrukturen folgend, wurden die in der mehrsprachigen Kleinstadt zusammenlebenden Ethnien (hauptsächlich Polen, Russen, Ukrainer, Juden, Deutsche und Roma) entweder begünstigt oder verfolgt. Eine Gruppe war aber immer zwischen den Fronten: die Juden und Jüdinnen. Was Bartov in seiner differenzierten Studie nicht verschweigt: die Ermordung Tausender Juden und Jüdinnen aus Buczacz durch die Nazis fand unter Beteiligung ukrainischer Nationalisten statt.
Omer Bartov, Anatomie eines Genozids. Vom Leben und Sterben einer Stadt namens Buczacz. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag Berlin 2021
Die beiden Autorinnen, Pia Lamberty und Katharina Nocun, haben sich schon mit ihrem Bestseller „Fake Facts – Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ als Expertinnen für Verschwörungserzählungen profiliert. Da war es schon fast naheliegend, dass sie sich auch eines Bereichs annehmen, in dem rechtsextreme Deutungen in den letzten Jahren einen immer größer werdenden Stellenwert bekommen haben: der Esoterik. Von der Wurzelrassentheorie der Helena Blavatsky über die exterminatorische Rassenideologie der Nazis bis hin zur anthroposophischen Rassenlehre https://www.psiram.com/de/index.php/Anthroposophische_Rassenlehre ziehen sich Vorstellungen über Gesellschaft und Individuen, die in verschiedenen Bereichen der Esoterik ihre praktische Anwendung finden. Davon handelt dieses Buch.
Pia Lamberty/Katharina Nocun, Gefährlicher Glaube. Die radikale Gedankenwelt der Esoterik. Bastei Lübbe (Quadriga Verlag). Köln 2022