Donald Trump will als Konsequenz aus den Protesten gegen den rassistischen Mord an George Floyd die Antifa in den USA als terroristische Organisation verbieten, weil er ganz scharf beobachtet hatte, dass die Proteste von der Antifa zentral gesteuert worden seien. Dabei entkam ihm auch der folgende Satz: „Die vor allem von der Antifa angeführten Anarchisten sind schnell gestoppt worden.“ (berliner-zeitung.de, 1.6.20)
Diesen Satz darf man sich ruhig auf der Zunge zergehen lassen! Die Antifa hat nach Trumps Ansicht die gegenüber Herrschaft und Autorität besonders sensiblen Anarchisten angeführt und die landesweiten Protestaktionen damit gesteuert. Eine gewaltige Leistung!?
Die unabhängigen Faktenchecker von factcheck.org haben die Aussage von Trump überprüft und dabei nicht nur festgestellt, dass es weder eine einzige Antifa gibt und daher auch keine zentrale Planung der Proteste, sondern auch keine Möglichkeit, eine oder Dutzende Antifa-Organisationen als terroristische Organisationen zu verbieten, weil es keine gesetzliche Grundlage für das Verbot von inländischem Terrorismus gibt. Was seit wenigen Tagen allerdings feststeht: Rechtsextreme haben sich in den USA als Antifa-Gruppen ausgegeben, um sie zu diskreditieren, woraufhin Twitter und auch Facebook einige Konten dieser Gruppen sperrten.
Auch wenn heimische Rechtsextreme gerne darauf verweisen, dass der US-Bundesstaat New Jersey schon vor Jahren „die Antifa“ verboten hätte, ist auch diese Meldung genauso falsch wie die meisten anderen Mythen über die Antifa.
Weder in den USA noch in Europa gibt es „die Antifa“. In Österreich sind uns beispielsweise eine sozialdemokratische, eine kommunistische, eine christliche, eine grüne, eine rosarote, eine autonome, ja sogar eine überparteiliche Antifa und viele antifaschistische Individuen bekannt (sollten wir jemanden in der Aufzählung vergessen haben, bitten wir um Entschuldigung!). Was es sicher nicht gibt, ist eine blaue Antifa!
Als 2009 über den antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik bzw. über den rechtsextremen Dritten Präsidenten des Nationalrats, Martin Graf, diskutiert wurde, verstieg sich der FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky zu der Behauptung, der antifaschistische Grundkonsens sei nichts anderes als ein ideologischer Kampfbegriff des SED-Staates, also der ehemaligen DDR, gegenüber Westdeutschland „und nichts anderes“.
Antifaschismus denunziert als kommunistische Ideologie – da hat Harald Vilimsky voll in den braunen Gatsch gegriffen. Fakt ist nämlich, dass schon im ersten staatlichen Akt der Republik Österreich nach 1945, in der österreichischen Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945, festgehalten wurde, dass unter Teilnahme aller „antifaschistischen Parteirichtungen“ eine provisorische Staatsregierung eingesetzt wird.
Auch wenn der Antifaschismus der ersten Stunden dieser Republik einen sehr flüchtigen Charakter hatte, mit dem Staatsvertrag von 1955 wurde er der Republik vor allem durch den Artikel 9 geradezu in die Verfassung eingemeißelt:
Artikel 9, Auflösung nazistischer Organisationen
1. Österreich wird die bereits durch die Erlassung entsprechender und von der Alliierten Kommission für Österreich genehmigter Gesetze begonnenen Maßnahmen zur Auflösung der nationalsozialistischen Partei und der ihr angegliederten und von ihr kontrollierten Organisationen einschließlich der politischen, militärischen und paramilitärischen auf österreichischem Gebiet vollenden. Österreich wird auch die Bemühungen fortsetzen, aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß die obgenannten Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden, und um alle nazistische odermilitaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern.
2. Österreich verpflichtet sich, alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf seinem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind.
3. Österreich verpflichtet sich, unter der Androhung von Strafsanktionen, die umgehend in Übereinstimmung mit den österreichischen Rechtsvorschriften festzulegen sind, das Bestehen und die Tätigkeit der obgenannten Organisationen auf österreichischem Gebiete zu untersagen.
Und wenn wir schon dabei sind: Ohne die antifaschistischen Kampfverbände aus der damaligen Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und den USA wäre der Nationalsozialismus wohl nicht besiegt worden. Darum: Hoch die Antifa!