1 Schwurbelinstitut, zig Vereine und braune Umtriebe

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Für Schlag­zei­len hat das Pitz­ta­ler Bus­un­ter­neh­men bereits im Früh­jahr 2021 gesorgt. Damals wur­den Tiro­ler Corona-Maßnahmengegner*innen nach Wien zu jener Demo am 6. März chauf­fiert, für die auch die FPÖ mobi­li­siert hat­te. Kurz danach ist die Inzi­denz im Pitz­tal sprung­haft ange­stie­gen. Am 2. Juni gab’s beim Unter­neh­mer T., der nun kei­ner mehr sein will, eine Raz­zia, bereits die zwei­te. Und die Jus­tiz klopft auch mit einer (noch nicht rechts­kräf­ti­gen) Ankla­ge wegen Wie­der­be­tä­ti­gung an die Tür. Einer, mit dem T. brau­ne Nach­rich­ten aus­ge­tauscht haben soll, stand bereits am 31. Mai vor Gericht.

Tiroler bei der Demo am 6.3.21 im Wiener Prater (© SdR)

Tiro­ler bei der Demo am 6.3.21 im Wie­ner Pra­ter (© SdR)

Das Insti­tut und zig Ver­ei­ne für alles

Andre­as T., selbst­er­nann­ter „Pre­si­dent“ des T‑Instituts (Name abge­kürzt), gibt sich als „rebel­li­scher Tiro­ler“ – Andre­as Hofer-Bart inklu­si­ve. In einem 80-minü­ti­gen Video erzählt T. über sein Bus­un­ter­neh­men und sei­ne KFZ-Werk­stät­te, die er inzwi­schen weit­ge­hend in Ver­eins­kon­struk­tio­nen ein­ge­glie­dert habe. Jetzt sei er nur mehr gemein­nüt­zig unter­wegs. Zum Bei­spiel in der For­schung: „Ein Ver­ein, wo ma frü­her Omni­bus gfohra sein, san ma auf die For­schung hin­gangn.“ Erforscht wer­de, wie etwa Bus­fahr­ten zu orga­ni­sie­ren sei­en. Damit stößt T. ver­mut­lich in eine weit klaf­fen­de For­schungs­lü­cke! Im Insti­tut sei­en vie­le ver­schie­de­ne Ver­ei­ne, die Hil­fe zur Selbst­hil­fe anbö­ten, bei­spiels­wei­se beim Repa­rie­ren von KFZ oder mit einem 26-tägi­gen Lehr­gang zum Ver­eins­recht, denn „ein Ver­ein gründa, is ein Auf­woch­pro­zess“. Es gäbe für den Lehr­gang kei­ne Vor­ga­ben, die Inhal­te müss­ten „aus dir aussekomma“.

"President" und "Vize President" des T-Instituts (Screenshot Website T-Institut)

„Pre­si­dent” und „Vize Pre­si­dent” des T‑Instituts (Screen­shot Web­site T‑Institut)

Was genau im „For­schungs­pro­jekt Impf­frei Vital & Gesund“, gemacht wird, das nicht auch in Hun­der­ten ande­ren Schwur­bel­grup­pen pas­siert, geht aus der Beschrei­bung nicht her­vor. Nur, dass im Rah­men der koope­ra­ti­ven Zweck­aus­rich­tun­gen der teil­neh­men­den Ver­ei­ne und Unter­stüt­zer die Mög­lich­kei­ten eines opti­mier­ten, glück­li­chen und gesun­den Lebens“ erforscht würden.

T-Institut: "Forschungsprojekt impffrei, vital und gesund" (Screenshot Website T-Institut)

T‑Institut: „For­schungs­pro­jekt impf­frei, vital und gesund” (Screen­shot Web­site T‑Institut)

Ver­eins­mit­glie­der, führt der „Pre­si­dent“ aus, sei­en zuerst auf der Suche nach ihrem Talent. Dage­gen wäre nichts ein­zu­wen­den. Ande­re müs­sen aber offen­bar gar nicht mehr suchen und wol­len ihr „Talent“ auf der Insti­tuts­web­site ein­tra­gen, was jedoch mit Kos­ten ein­her­geht: 125 Euro För­der­bei­trag sind dafür hin­zu­blät­tern. Das wird andern­orts sim­pel als Inse­rat oder Bewer­bung für irgend­ei­ne Geschäfts­tä­tig­keit bezeich­net. Knapp 1.000 Mit­glie­der zählt laut Web­site das Insti­tut, T. redet im Video von meh­re­ren Tau­send Mit­glie­dern. Dabei sum­mie­ren sich schon allei­ne die 25 Euro Mit­glieds­bei­trag pro Jahr ins­ge­samt auf einen beacht­li­chen Betrag, hin­zu kom­men wohl noch eini­ge ande­re „För­der­bei­trä­ge“.

T-Institut Talente eintragen: "Förderbeitrag 125 Euro" (Screenshot Website T-Institut)

T‑Institut Talen­te ein­tra­gen: „För­der­bei­trag 125 Euro” (Screen­shot Web­site T‑Institut)

Ver­schwö­rungs­ge­fa­sel mit reichs­bür­ger­li­chem Touch

Wer sich nun fragt, ob der Ver­eins­be­trieb nicht bloß eine ande­re Rechts­form ist, um Geschäf­te mit weni­ger Richt­li­ni­en zu betrei­ben, wird damit ver­mut­lich nicht allei­ne sein. So erzählt T. auch offen­her­zig, dass die Beför­de­rung von „Ver­eins­mit­glie­dern“ im Bus – etwa zu den Coro­na-Demos – nicht durch die Coro­na-Ver­ord­nun­gen betrof­fen gewe­sen sein sollen.

Corona-Demo 6.3.21 in Wien mit Bus von T. aus Imst: "alle ohne Maske" (Screenshot Twitter)

Coro­na-Demo 6.3.21 in Wien mit Bus von T. aus Imst: „alle ohne Mas­ke” (Screen­shot Twitter)

Auch über vom Insti­tut aus­ge­stell­te Mas­ken­be­frei­ungs­at­tes­te erzählt T., was qua­si eine Ein­la­dung für die Behör­den dar­stellt, um bei ihm nach­zu­schau­en. Ins­ge­samt klin­gen T.s Aus­füh­run­gen über sei­ne Tätig­kei­ten nach Umge­hungs­kon­struk­tio­nen, gar­niert mit reichs­bür­ger­li­chen Ver­satz­stü­cken, die er ver­sucht, mit holp­ri­gem Gefa­sel dar­zu­le­gen. Etwa so: „Die Per­son, da ist die Repu­blik Öster­reich der Her­aus­ge­ber … und die­se Per­son ist ver­si­chert. Do ist im Hin­ter­grund die­ses Kol­la­te­ral­kon­to.“ Selbst der an sich wohl­ge­sonn­ne­ne Inter­view­er und wohl sonst auch nie­mand ver­steht, was nun die­ses „Kol­la­te­ral­kon­to“ sein soll. Jeden­falls etwas Gehei­mes, soviel scheint klar zu sein. „Wias do genau funk­tio­niert, will i gor net amol so ganz genau wis­sen“, fügt T. bedeu­tungs­schwan­ger an. Irgend­wer lege „Strohmann“-Identitäten an, die sich durch die Schreib­wei­se des Namens unter­schei­den wür­den: in Block­schrift oder nur mit Klein­buch­sta­ben oder gemischt. Alles klar, gro­ße Verschwörung!

Andreas T. schwurbelt über "Kollateralkonto"

Andre­as T. schwur­belt über „Kol­la­te­ral­kon­to” (Screen­shot „Welt­TV”, Inter­view mit T.)

Raz­zi­en und beson­de­rer Vor­trag wegen „Poli­zei­über­fall“

Es ist nicht ver­wun­der­lich, dass bei T. inzwi­schen die Poli­zei vor­bei­ge­schaut hat – zwei Mal bereits. Das ers­te Mal wur­den im Juni 2021 Haus­durch­su­chun­gen mit Betei­li­gung der Finanz­po­li­zei durch­ge­führt und neben einem hohen Bar­geld­be­trag von weit über 100.000 Euro auch vier Lang­waf­fen, zwei Faust­feu­er­waf­fen und Muni­ti­on sicher­ge­stellt, berich­te­te die  Ober­län­der Rund­schau. Ermit­telt wur­de nicht nur, weil T. im Ver­dacht stand, ille­gal Mas­ken­be­frei­ungs­at­tes­te aus­ge­stellt zu haben, son­dern auch noch wegen des Ver­dachts auf Steuerhinterziehung.

In der letz­ten Woche gab’s die nächs­te Razzia.

Die Vor­wür­fe dürf­ten ins­ge­samt in ver­schie­de­ne Rich­tun­gen gehen. So sei­en vom Unter­neh­mer über sei­nen Ver­ein „diver­se Doku­men­te“ in Umlauf gebracht wor­den. Bei der Durch­su­chung zwei­er Gebäu­de war es aller­dings auch noch um wei­te­re Ver­dachts­mo­men­te gegan­gen, wie Staats­an­walt Hans­jörg Mayr ges­tern auf Anfra­ge der TT prä­zi­sier­te. Dem­nach wer­de gegen den Unter­neh­mer auch wegen Urkun­den-und Beweis­mit­tel­fäl­schung ermit­telt. Staats­an­walt Mayr: „Es besteht der Ver­dacht, dass gefälsch­te Attes­te zur Mas­ken­be­frei­ung sowie der­ar­ti­ge Impf­be­frei­un­gen wei­ter­ge­ge­ben wur­den.“ (Tiro­ler Tages­zei­tung, 3.6.22, S. 5)

Eigent­lich war für die­sen Abend eine Ver­an­stal­tung zum „For­schungs­pro­jekt Impf­frei Vital & Gesund“ vor­ge­se­hen. Da scheint dann spon­tan umge­plant wor­den zu sein, wie User Wer­ner im Insti­tuts-Forum ver­laut­bar­te: „bit­te heu­te 02.06.soviele mitglieder,wie mög­lich zum t… insti­tut imst um 19:00 h kom­men. BESONDERER VORTRAG wegen poli­zei-Über­fall vom .02.06.22 (bit­te schon aus soli­da­ri­tät zum andi kommen“

Razzia bei T: "BESONDERER VORTRAG wegen polizei-Überfall" (Screenshot T-Institut)

Raz­zia bei T: „BESONDERER VORTRAG wegen poli­zei-Über­fall” (Screen­shot T‑Institut)

Brau­ne Chats und Hit­ler im Regal

Nichts erklärt T. in sei­nem lang­at­mi­gen Inter­view zu den Ermitt­lun­gen nach dem Ver­bots­ge­setz, die gegen ihn lau­fen. Laut Tiro­ler Tages­zei­tung (3.6.22, S. 5) läge bereits eine noch nicht rechts­kräf­ti­ge Ankla­ge gegen ihn vor. Dabei soll er nicht nur Adolf Hit­lers Werk ‚Mein Kampf‘ öffent­lich im Regal ste­hen gehabt, son­dern in einer Web-Nach­rich­ten­grup­pe auch noch NS-Bil­der geteilt haben.“ (TT)

Der eben­falls bei Imst wohn­haf­te Mar­kus S., mit dem T. Nach­rich­ten aus­ge­tauscht haben soll, muss­te sich bereits am 31. Mai vor dem Lan­des­ge­richt Inns­bruck erklä­ren. Auf die ein­schlä­gi­gen Chats sei man über ein bei T. beschlag­nahm­tes Han­dy gekom­men. S. habe, so die Staats­an­walt­schaft, zwi­schen Okto­ber 2016 und Okto­ber 2020 über Whats­App Bil­der und Vide­os, dar­un­ter Haken­kreu­ze, eine Bild­mon­ta­ge zu einer Bus­fahrt für Asyl­wer­ber nach Aus­schwitz, am 20.4. Hit­ler-Geburts­tags­grü­ße, an Andre­as T. ver­schickt. Das alles habe S. wit­zig gefun­den. Nazi sei er jedoch kei­ner, war beim Pro­zess zu hören. Zusätz­lich habe S. noch unzäh­li­ge Nach­rich­ten mit ras­sis­ti­schen Inhal­ten ver­schickt, die jedoch nicht ange­klagt waren. S. bekann­te sich schul­dig und gab an, sich „irr­sin­nig“ zu schä­men. Das Urteil: ein Schuld­spruch, zwölf Mona­te beding­ter Haft und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe über 6.000 Euro. S. nahm das Urteil an, die Staats­an­walt­schaft äußer­te sich nicht, daher ist es noch nicht rechtkräftig.

Man­che der mit T. geteil­ten Nazi-Sujets waren die­sel­ben, für die der Ims­ter Ex-FPÖ-Poli­ti­ker Wolf­gang Neururer bereits 2018 ver­ur­teilt wur­de. Ein Zufall?